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       # taz.de -- Krieg in Videospielen: Stell dir vor, es ist Krieg und niemand spielt mit
       
       > Die Bundeswehr versucht, Gamer:innen anzulocken. Das liegt auch daran,
       > dass sich Videospiele zu selten mit der brutalen Realität von Krieg
       > befassen.
       
   IMG Bild: Stand der Bundeswehr auf der weltgrößten Computerspielmesse Gamescom im Jahr 2018
       
       Wir werfen so, mit einem Bein nach vorne, die Granate hier unten am Bein,
       dann die Hand nach vorne, wo man treffen will. Und dann …“, sagt der Soldat
       und schmeißt die Granatenattrappe lässig über den Übungsplatz. Neben ihm
       im Schützengraben machen es ihm Leute nach. „Huiii!“, sagt eine junge Frau.
       Eine [1][Reportage von Spiegel-TV] zeigt diese Szene vom Tag der offenen
       Tür beim Gefechtsübungszentrum Heer in Schnöggersburg Mitte Mai.
       
       Hahaha, lustig, Granaten werfen, welch ein Spaß. In den Panzer klettern
       darf man auch. „Ich mache das nicht, weil ich das, was vor mir liegt,
       hasse, sondern weil ich das, was hinter mir liegt, liebe“, erklärt später
       ein anderer Soldat. Er, der Granatenwerfer und die meisten Videospiele, die
       sich um Krieg drehen, haben eines gemeinsam: Sie zeigen das Leid nicht.
       
       Wen würde die Granate treffen? Wer ist es, den ich zwar nicht hasse, aber
       auch nicht so liebe wie das hinter mir? Welchen Schaden würden die Armeen
       anrichten, die ich im Videospiel übers Schlachtfeld jage? Wer würde die
       Feinde betrauern, die ich im Ego-Shooter-Modus abknalle?
       
       Krieg spielen ist nicht per se verwerflich. Die Menschheit spielt schon
       ewig Krieg: mit Schachfiguren oder Zinnsoldaten – und heutzutage mit
       digitaler Knarre im virtuellen Schlachtfeld. Kriegsstrategiespiele oder
       Ego-Shooter sind eine logische digitale Fortsetzung der analogen Spiele.
       Sie sind – genau wie Rennspiele – [2][eine Art von Wettkampf], bei dem es
       um Taktik und Schnelligkeit geht. Worum es dabei nicht geht: zu erfahren,
       wie sich echter Krieg anfühlt.
       
       ## Bundeswehr nimmt Gamer:innen ins Visier
       
       Das hat die Bundeswehr aber wohl noch nicht kapiert. Sie sieht in
       Gamer:innen [3][ein gefundenes Marketingfressen]. Bundeswehreinsätze im
       Katastrophen- oder Kriegsgebiet haben zwar nichts mit Spiel und Spaß zu
       tun. Trotzdem hat die Armee jedes Jahr auf der größten Spielemesse
       Deutschlands – der Gamescom – einen eigenen Stand. Nachhaltig negativ
       beeindruckt hat auch eine Kampagne von 2018, als die Bundeswehr mit den
       Slogans „Multiplayer at its best!“ und „Mehr Open World geht nicht!“
       geworben hat.
       
       Dieses Anbiedern traf auf Entsetzen und Spott. Im Krieg kann man nicht auf
       Stopp drücken, nicht neu starten, wenn man stirbt, und die Gegner:innen
       sind keine seelenlosen Bots, sondern Menschen. Dass die Bundeswehr diese
       Realität [4][als Spiel vermarktet], ist irreführend und lebensgefährlich.
       Krieg ist tödlich.
       
       Das thematisieren auch Videospiele viel zu selten. Eine der wenigen
       Ausnahmen: „This War of Mine“, in dem eine Gruppe von Menschen in einer
       zerbombten Stadt zu überleben hofft. Das Spiel ist ein gelungener Versuch,
       Strategie mit der Realität von Krieg zu vereinen: Wie setze ich die wenigen
       Ressourcen ein, die es gibt? Mit wem verbünde ich mich? Eine
       Fehlentscheidung kann den Tod eines Gruppenmitglieds bedeuten.
       
       Die Auseinandersetzung mit dem Leid, das durch Krieg entsteht, ist wichtig:
       um sich immer wieder zu erinnern, dass man alles daransetzen muss, ihn zu
       verhindern.
       
       15 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.youtube.com/watch?v=Q7RXSss9Cu8
   DIR [2] /Bundeswehr-Werbung-im-American-Football/!6088538
   DIR [3] /Bundeswehr-auf-Social-Media/!6083653
   DIR [4] /Preisverleihungen-in-der-Gamingbranche/!6085745
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Alexandra Hilpert
       
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