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       # taz.de -- Debatte um den 17. Juni: Es fehlt uns ein Feiertag
       
       > Immer wieder fordern Politiker*innen, den 17. Juni zum Feiertag zu
       > machen. Besser wäre es, die Mutigen von 1989 zu ehren.
       
   IMG Bild: Montagsdemo im Jahr 1989 in Leipzig
       
       Jahrzehntelang war in Westdeutschland der 17. Juni ein Feiertag: der Tag
       der deutschen Einheit. Erstmals 1954 gedachte die Bundesrepublik des
       Aufstands Hunderttausender in der DDR, die ein Jahr zuvor gegen noch
       längere Arbeitszeiten und später für freie Wahlen auf die Straße gegangen
       waren, bis die SED-Regierung zusammen mit sowjetischen Truppen die Proteste
       niederschlug.
       
       Seit der Wiedervereinigung ist der 3. Oktober der Tag der Deutschen
       Einheit. Seitdem werden immer wieder Stimmen laut, den 17. Juni wieder zum
       Feiertag zu machen, zum Beispiel [1][des Brandenburger CDU-Vorsitzenden Jan
       Redmann], [2][des Bestseller-Ossi-Verstehers Dirk Oschmann] und [3][der
       Bundestagsfraktion der AfD]. Doch bevor der niedergeschlagene Aufstand zum
       Feiertag gemacht wird, sollte viel dringender der erstaunlichen Leistung
       der friedlichen Revolution gedacht werden.
       
       Der 3. Oktober kann das nicht: Die Wiedervereinigung in diesem Tempo ist
       das zweifelhafte Verdienst von Helmut Kohl. Hier feiern wir die Elite der
       alten BRD dafür, wie fein sie Deutschland wieder ganz gemacht hat. Der 17.
       Juni wiederum würde feiern, wie die Ostdeutschen den Kampf um ihre
       demokratischen Rechte verloren haben. Hier lässt sich eine schöne
       Geschichte über das Martyrium der armen, unterdrückten Ostdeutschen
       erzählen.
       
       Was fehlt, ist ein Feiertag zu Ehren der Mutigen, die in den 1980ern die
       Grundlage für die friedliche Revolution legten und als Erste montags auf
       die Straße gingen. Viele von ihnen waren gegen die überstürzte
       Wiedervereinigung und fühlten sich immer unwohler, als die demokratischen
       „Wir sind das Volk“-Rufe zum nationalistischen „Wir sind ein Volk“
       mutierten.
       
       Der 20. September bietet sich an, an dem 1983 das erste Friedensgebet
       stattfand, oder der 9. Oktober, an dem 1989 erstmals montags Zehntausende
       demonstrierten. Damit würde nicht wie am 3. Oktober der Politiker oder am
       17. Juni einer ostdeutschen Niederlage gedacht werden, sondern eines der
       größten demokratischen Sternstunden der deutschen Geschichte: des
       friedlichen, von der ostdeutschen Zivilgesellschaft erwirkten Sturzes der
       SED-Diktatur.
       
       17 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.rbb24.de/politik/beitrag/2023/06/brandenburg-potsdam-cdu-redmann-feiertag-volksaufstand-ddr.html
   DIR [2] https://www.youtube.com/watch?v=2-cnT8eyLHo
   DIR [3] https://afdbundestag.de/goetz-froemming-marc-jongen-17-juni-muss-wieder-nationaler-feiertag-werden/
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
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