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       # taz.de -- Humanitäre Katastrophe in Nahost: Tote nahe Hilfszentren in Gaza
       
       > Israels Militär soll erneut Menschen auf dem Weg zu GHF-Hilszentren
       > getötet haben. Netanjahu nannte die Organisation erstmals eine Initiative
       > Israels.
       
   IMG Bild: Palästinenser holen Hilfsgüter von der Humanitarian Foundation (GHF) in Rafah im Gazastreifen ab
       
       Berlin taz | Es lag immer nahe, doch nun bestätigte Israels Premier
       Benjamin Netanjahu es jüngst in einem Interview mit dem US-Sender Fox News:
       Die Gaza Humanitarian Foundation (GHF), die seit Ende Mai Lebensmittel an
       die Menschen im Gazastreifen verteilt, ist eine von Israel ausgehende
       Initiative.
       
       Der Premier erklärte: „Wir haben mit Hilfe amerikanischer Firmen einen Plan
       ausgearbeitet, um die humanitäre Hilfe für die Bevölkerung von der
       Kontrolle der Hamas zu trennen“. Immer wieder gab es an der GHF Kritik: Es
       sei wenig über ihren Ursprung bekannt, und ihre Arbeitsweise verletze
       humanitäre Prinzipien.
       
       Außerdem reichten die verteilten Güter für den Bedarf der Menschen im
       Gazastreifen, in den Israel seit Anfang März abseits der GHF kaum
       Nahrungsmittel hineinlässt, nicht aus.
       
       [1][Immer wieder sterben Menschen auf dem Weg zu den Verteilzentren durch
       Schüsse.] Sie müssen zu den Zentren kilometerlang durch aktives Kampfgebiet
       laufen, zu dessen Evakuierung eigentlich aufgerufen ist. Recherchen, etwa
       des US-Senders CNN, [2][aber auch der taz selbst], legen nahe: Das
       israelische Militär ist wohl für die tödlichen Zwischenfälle
       verantwortlich.
       
       ## „Es wird jeden Tag schlimmer“
       
       Auch in den vergangenen Tagen starben so Palästinenser: Am Montag
       berichtete der katarische [3][Sender Al Jazeera von 38 Toten] nahe den
       GHF-Verteilungszentren in Rafah. Die Nachrichtenagentur ap erklärte mit
       Bezug auf Augenzeugen, das israelische Militär habe gegen vier Uhr morgens
       an einem Kreisverkehr, nur wenige Meter von dem GHF-Zentrum entfernt, das
       Feuer eröffnet. „Es wird jeden Tag schlimmer“, zitiert ap eine Augenzeugin.
       
       Auch am Dienstag fielen Schüsse: Laut der Nachrichtenagentur dpa wurden
       erneut Wartende in der Nähe eines Verteilzentrums getötet. Das
       Gesundheitsministerium im Gazastreifen berichtete von mehr als 50 Toten und
       rund 200 Verletzten im Süden des Küstenstreifens, Details nannte es nicht.
       
       Mit Bezug auf Augenzeugen berichtet dpa: Die Menschen seien teils zu Fuß,
       teils mit Fahrzeugen auf dem Weg zu einer Ausgabestelle gewesen, als die
       israelische Armee sie am Morgen zwischen den Städten Rafah und Chan Yunis
       mit Artillerie beschossen habe. Das israelische Militär gab an, den Vorfall
       zu prüfen.
       
       Laut der palästinensischen Nachrichtenagentur [4][Wafa könnten die
       Verletzten kaum behandelt werden]: Die Notaufnahmen seien überbelegt, auch
       an Medizin und lebensrettendem medizinischen Gerät mangele es. Nach Angaben
       der Weltgesundheitsorganisation WHO stehen die meisten Spitale in Gaza vor
       dem Kollaps. Insgesamt sollen laut Wafa bislang mehr als 300 Menschen bei
       dem Versuch, humanitäre Güter an Ausgabestellen zu erhalten, getötet worden
       sein.
       
       Derweil halten auch die Luftangriffe im Gazastreifen an: Am Dienstag
       starben fünf Menschen bei Luftangriffen in Süd- wie Zentral-Gaza. [5][Laut
       Wafa wurden vier von ihnen bei einem Angriff auf ein Zelt, in dem
       Vertriebene hausten, im Gebiet Mawasi getötet.]
       
       ## Festnahmen im Westjordanland
       
       Die Zivilistinnen und Zivilisten im Gazastreifen sind eigentlich
       aufgerufen, dorthin zu flüchten. Auch mit Bodentruppen ist das israelische
       Militär weiterhin im Gazastreifen aktiv. Nach Angaben der Times of Israel
       haben diese am Dienstag den Tunnel, in dem laut dem israelischen Militär
       Hamas-Chef Muhammad Sinwar bei einem Luftangriff getötet wurde, versiegelt.
       Man habe 250 Kubikmeter Beton in den Tunnel gepumpt.
       
       Auch im Westjordanland weitet das israelische Militär seine Aktivitäten
       aus: Am Dienstag stürmte es Teile der nördlichen Stadt Nablus und ein nahes
       Dorf, mindestens eine Person wurde wohl festgenommen. Auch nahe Jenin
       führte es eine Razzia durch.
       
       Nach Berichten von Wafa wurden zwischen Montagabend und Dienstagmorgen
       mindestens 30 Palästinenser im Westjordanland festgenommen. Seit Beginn des
       Krieges zwischen der Islamischen Republik Iran und Israel haben laut der
       palästinensischen Kommission für Gefangene und Ex-Gefangene die Festnahmen
       zugenommen.
       
       17 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /-Nachrichten-im-Nahost-Krieg-/!6094939
   DIR [2] /Umstrittenes-Hilfswerk-in-Gaza/!6092687
   DIR [3] https://www.aljazeera.com/gallery/2025/6/17/the-deadliest-day-at-gazas-food-distribution-centres
   DIR [4] https://english.wafa.ps/Pages/Details/158451
   DIR [5] https://english.wafa.ps/Pages/Details/158460
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Lisa Schneider
       
       ## TAGS
       
   DIR Benjamin Netanjahu
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       Zentren.