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       # taz.de -- Förderung von NS-Gedenkstätten: Zu kurz bedacht
       
       > Für Gedenkorte zur Aufarbeitung von NS-Diktatur und SED-Regime fehlt
       > Sachsen das Geld im Haushalt. Der KZ-Gedenkstätte Sachsenburg droht ein
       > Baustopp.
       
   IMG Bild: Schönes Haus mit NS-Vergangenheit: Markus Streb (l.) einer der MItinitiatoren der „Initiative Riebeckstraße“ in Leipzig
       
       Riebeckstraße 63 im Leipziger Osten: Lediglich ein Schild und eine Collage
       aus Zeitungsausschnitten weisen darauf hin, dass hier im Jahr 1892 eine so
       genannte Arbeitsanstalt errichtet wurde. Verarmte, Obdachlose und
       vermeintlich „Arbeitsscheue“ sollten hier „umerzogen“ werden. Heute gehört
       das Gelände mit Pförtnerhaus und vier weiteren Gebäuden zum städtischen
       Eigenbetrieb Behindertenhilfe. Im repräsentativen früheren
       Verwaltungsgebäude an der Frontseite sind jetzt Geflüchtete untergebracht.
       Dass man sich hier zugleich an einem historischen Gedenkort befindet, ist
       kaum ersichtlich.
       
       Die 2019 gegründete „Initiative Riebeckstraße“ will das ändern. Sie stieß
       auf gute Resonanz. Mit großer Mehrheit stimmte der Leipziger Stadtrat für
       einen Antrag der Grünen, an diesem Ort eine Erinnerungsstätte einzurichten.
       „Wir wollten es nicht bei einer Plakette am Gebäude bewenden lassen“,
       erinnert sich Mitgründer Markus Streb.
       
       Die öffentliche Hand zog mit. Der städtische Eigenbetrieb stellte das
       Pförtnerhaus mit knapp 50 Quadratmetern mietfrei zur Verfügung. Die
       Landtagsfraktion der sächsischen Grünen erreichte, dass der Freistaat
       100.000 Euro aus Restgeldern der Parteien und Massenorganisationen der DDR
       abzweigte. 2024 finanzierte die sächsische Gedenkstättenstiftung zwei halbe
       Stellen zur Erarbeitung eines Gedenkstättenkonzeptes. Das Leipziger
       Kulturamt übernahm die Kosten für die Dauerausstellung, die im größeren der
       beiden Räume zu sehen und per Audioguide auch zu hören ist.
       
       Markus Streb spricht von der Darstellung einer „mehr als hundertjährigen
       Gewaltgeschichte“. Sie frage nach Sinn und Definition von Arbeit und
       danach, wer „ein brauchbares Mitglied der menschlichen Gesellschaft“ sei.
       Von der Kaiserzeit bis zur heutigen Bundesrepublik umfasst sie fünf
       Epochen, bezieht also beispielsweise die aktuelle Hetze gegen
       Bürgergeldempfänger ein. Während der Nazizeit diente die Arbeitsanstalt als
       Verteilungszentrum für Zwangsarbeiter und Sammelstelle für zu deportierende
       Juden. Die DDR richtete hier 1952 eine geschlossene venerologische Station
       für vermeintlich geschlechtskranke Frauen ein.
       
       Ende Februar dieses Jahres konnte der Gedenkort im Pförtnerhaus tatsächlich
       eröffnet werden. Die engagierten Ehrenamtler konnten sogar hoffen, in den
       Kreis der von der sächsischen Gedenkstättenstiftung institutionell
       geförderten Einrichtungen aufgenommen zu werden.
       
       Doch Sachsen konnte nach [1][der späten Bildung einer Minderheitsregierung
       von CDU und SPD im vorigen Dezember] den Entwurf des Landeshaushalts
       2025/26 erst Anfang April in den Landtag einbringen. Wegen sinkender
       Steuereinnahmen und steigender Tarif- und Sachkosten weist der eine
       Deckungslücke von zehn Prozent auf, das sind etwa 2,4 Milliarden Euro. Um
       diesen Anteil soll auch der bisherige Fünf-Millionen-Etat der
       Gedenkstättenstiftung gekürzt werden. Erst im kommenden Jahr könnte die
       Förderung wieder nominell auf das Niveau von 2024 steigen – womit
       Kostensteigerungen aber nicht ausgeglichen würden. Für das laufende erste
       Halbjahr wurden der Stiftung im Rahmen der vorläufigen Haushaltsführung nur
       30 Prozent der Vorjahressumme zugebilligt. Sie musste daraufhin sämtliche
       Projektförderung streichen.
       
       Die [2][Finanzierung der Erinnerungskultur in Sachsen steht damit insgesamt
       vor Einschnitten]. Im Aufbau befindliche oder eben erst eröffnete Orte wie
       die Riebeckstraße trifft es besonders hart. Die engagierten Leipziger sind
       wieder auf ehrenamtlichen Einsatz angewiesen. Wer übernimmt die Rundgänge,
       wo können wir Spenden akquirieren? „Denn wir werden als Gedenkstätte
       wahrgenommen, mehr, als wir selber leisten können“, erklärt Initiator Streb
       und fügt nachdenklich hinzu: „Auf der einen Seite stehen Kürzungen im Raum,
       auf der anderen habe ich die Bilder von 18-jährigen Jungfaschos vor Augen.“
       
       Ähnlich empfindet das Francesca Weil, promovierte Historikerin am Dresdner
       Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung. Sie ist entsetzt, dass
       nach einer Umfrage der Wochenzeitung Die Zeit erstmals eine Mehrheit der
       Deutschen einen Schlussstrich unter die NS-Vergangenheit ziehen will.
       „Statt Kürzungen müsste gerade jetzt in Gedenkstätten und Erinnerungskultur
       investiert werden“, fordert Weil und steht damit nicht allein.
       
       ## „Die Stiftung steckt seit Jahren in einer Finanzierungskrise“
       
       Bei der sächsischen Gedenkstättenstiftung wächst ebenfalls die Sorge, es
       könne immer weniger erfahrbar werden, welche Bedeutung „die Abschaffung von
       Rechtsstaat, Demokratie, Presse-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ habe.
       So formuliert es Markus Pieper, seit April 2021 Geschäftsführer der
       Stiftung. Die personell minimal ausgestattete Geschäftsstelle sitzt in
       einer kleinen Villa neben dem Rektorat auf dem Dresdner Campus der
       Technischen Universität. „In einer extrem polarisierten Gesellschaft mit
       rechtsextremen Parteien muss man fragen, ob das der richtige Zeitpunkt ist,
       die kritische Auseinandersetzung mit Diktaturen des 20. Jahrhunderts
       finanziell einzuschränken.“ Die Stiftung versucht, die Gedenkstätten in
       eigener Trägerschaft mit eigenen Rücklagen im Notbetrieb zu halten und
       Entlassungen zu vermeiden.
       
       Pieper hat noch einen weiteren Grund, erbost wegen der eingeschränkten
       Arbeitsmöglichkeiten zu sein. Gemeinsam mit Stellvertreter Sven Riesel hat
       er in den vergangenen vier Jahren die Stiftung wieder aus den Schlagzeilen
       gebracht, konsolidiert, „alle Baustellen erledigt“, die Vorgänger
       hinterlassen haben, Vertrauen bei Politik, Wissenschaft und Opferverbänden
       wiedererlangt, Gedenkstätten eröffnet und im Vorjahr eine Konzeption
       vorgelegt. Die beabsichtigten Kürzungen werden in der Stiftung auch als
       Missachtung der geleisteten Arbeit empfunden.
       
       „Dabei steckt die Stiftung seit Jahren schon in einer Finanzierungskrise“,
       blickt Geschäftsführer Pieper zurück. Für wachsende Aufgaben gibt es kein
       Personal. Dringend benötigte Stellen für Vernetzung, internationale
       Programme und vor allem Bildung müssen, soweit überhaupt vorhanden, in
       Verwaltungsstellen umgewandelt werden, um den Apparat am Laufen zu halten.
       „Keine einzige sächsische Gedenkstätte verfügt über eine volle
       Bildungsstelle“, berichtet der mit Bautzen besonders vertraute
       Stellvertreter Sven Riesel. Dort muss ein Mitarbeiter auf weniger als einer
       halben Stelle 85.000 Besucher im Jahr bewältigen. Bis zu 200.000 Besucher
       sind es in ganz Sachsen. „Wir finden digital kaum statt“, verweist Riesel
       auf ein besonderes Manko, wenn man Jugendliche erreichen will.
       
       Sachsen weist eine besondere Breite und Dichte an Mahn- und
       Erinnerungsorten auf. Das Konstrukt der Gedenkstättenstiftung trägt dem
       Rechnung. Sechs Orte werden direkt von ihr getragen, darunter der
       wahrscheinlich bekannteste Stasi-Knast der DDR in Bautzen. Außerdem
       Pirna-Sonnenstein als Stätte von Euthanasieverbrechen der Nazis. Weitere
       zwölf, keineswegs nur peripher zu nennende, Orte in freier Trägerschaft
       werden von der Stiftung institutionell gefördert. Sie leistet das mit einem
       Gesamtetat von nur knapp fünf Millionen Euro Landesmitteln. Zum Vergleich:
       Die gemeinsam vom Bund und dem Land Thüringen getragene Stiftung KZ
       Buchenwald und Mittelbau-Dora, zu der jetzt noch eine
       Zwangsarbeitsgedenkstätte im Weimarer Gauforum gehört, verfügt über neun
       Millionen Euro, allerdings bei größeren Liegenschaften.
       
       Die aktuellen Probleme in Sachsen resultieren nicht nur aus den überall
       schwindenden Steuereinnahmen und wachsenden Kostenbelastungen. Sie sind
       auch eine Folge leidenschaftslos betriebener Erinnerungskultur.
       
       In Chemnitz hatte es Jahrzehnte gedauert, bis im Oktober 2023 nach
       hartnäckigen Bemühungen vor allem aus der Zivilgesellschaft das alte
       Gefängnis am Kaßberg zum „Lernort“ umfunktioniert wurde.
       
       ## Für die Union steht der Hauptfeind meist links
       
       Das ehemalige Gefängnis wäre als solches zwischen Wohngebäuden kaum noch
       erkennbar, wären da nicht ein Mauersegment, ein Wachturm und vor allem der
       Hafttrakt B erhalten geblieben. Die Nazis inhaftierten hier am Kaßberg
       Regimegegner. Bekannt ist das Gefängnis aber vor allem als letzter
       Aufenthaltsort für politische DDR-Häftlinge, bevor sie von der
       Bundesrepublik freigekauft wurden.
       
       Dass es so lange zur Einrichtung einer Gedenkstätte in dem Viertel mit den
       Gründerstil- und Jugendzeitvillen brauchte, überrascht angesichts der
       Tendenzen vor allem in der CDU, nach der Wiedervereinigung die
       faschistische und die kommunistische Diktatur auf eine Stufe zu stellen.
       Für die Union steht der Hauptfeind im Zweifel meist links. Der umstrittene
       Diktaturenvergleich spaltete in den 1990er Jahren die
       Gedenkstättenstiftung. Eine überwundene Phase, konstatiert Markus Pieper
       für die Stiftung. Etwa 33.000 DDR-Häftlinge verbrachten am Kaßberg die
       letzten Wochen, bevor sie in einen der legendären Busse Richtung Westen
       steigen durften. Diese Form des Menschenhandels, mit dem die DDR dringend
       benötigte Devisen beschaffen konnte, wird ebenso dokumentiert, wie in
       Zellen Einzelschicksale geschildert werden.
       
       Im ersten Halbjahr 2025 nun sanken die Landeszuschüsse zum Betrieb der
       Gedenkstätte von 280.000 Euro auf weniger als ein Drittel. Die
       Kulturhauptstadt Chemnitz kürzte ihre kommunalen Mittel um ein Zehntel. Nur
       eineinhalb Jahre nach seiner Eröffnung muss der Lern- und Gedenkort Kaßberg
       seine Öffnungszeiten einschränken und kann den Wochenendbetrieb nur noch
       mit ehrenamtlichen Helfern bestreiten.
       
       Der Streit um den Diktaturenvergleich und die Priorisierung von
       Unrechtsepochen könnte allerdings neue Nahrung erhalten, wenn die Kürzung
       der Mittel für die Sächsische Landesarbeitsgemeinschaft Auseinandersetzung
       mit dem Nationalsozialismus „sLAG“ um gleich 30 Prozent beibehalten wird.
       Hier arbeiten viele NS-Gedenkstätten zusammen und betreiben eine
       Fachstelle. Das Geld kommt direkt über das Kulturministerium und nicht über
       die Stiftung. Referent Jonas Kühne weist darauf hin, dass von dieser
       überdurchschnittlichen Kürzung besonders die Bildungsarbeit in ländlichen
       Räumen betroffen sein wird.
       
       ## Gedenkstätte ohne Anschlussfinanzierung
       
       In einem dieser ländlichen Räume, nur 20 Kilometer von Chemnitz entfernt,
       wartet in der Idylle ein Ort der Mahnung seit 35 Jahren auf seinen Ausbau.
       Es ist ein Ort, der Priorität verdient hätte: Das KZ Sachsenburg bei
       Frankenberg war schon ab Mai 1933 so etwas wie ein Pilotprojekt für den Bau
       der späteren großen und heute bekannteren Konzentrationslager wie Dachau
       oder Buchenwald. Hier und in anderen frühen Lagern wurde auch das
       berüchtigte Wachpersonal herangebildet. 1937 wurde es wieder geschlossen.
       Heute wäre es die einzige KZ-Gedenkstätte auf sächsischem Boden.
       
       Ähnlich wie beim Chemnitzer Kaßberg versuchen aufmerksame Bürger und eine
       bis heute aktive „Geschichtswerkstatt“, die mahnende Erinnerung
       wachzuhalten. Als die Linke noch PDS hieß, tauchte Sachsenburg regelmäßig
       in Landtagsdebatten auf, lange Zeit vergeblich. Erst ab 2021 steckte die
       Gedenkstättenstiftung 600.000 Euro in Vorarbeiten, das Land Sachsen
       steuerte 400.000 Euro bei. Bauvorbereitungsmaßnahmen wie die Sicherung
       eines Schornsteins und wissenschaftliche Konzeptionsüberlegungen zählten
       dazu. Dann überreichte Sachsens Kultur- und Tourismusministerin Barbara
       Klepsch (CDU) im Oktober des Vorjahres der Stadt Frankenberg als Träger
       einen Fördermittelbescheid in Höhe von 1,5 Millionen Euro für den ersten
       Bauabschnitt.
       
       Auf fünf Millionen Euro wurden damals die Gesamtbaukosten veranschlagt. Der
       Bund und der Freistaat Sachsen sollten die Kosten jeweils hälftig tragen.
       Doch im künftigen sächsischen Landeshaushalt ist keine
       Anschlussfinanzierung vorgesehen. Ministerin Klepsch reiste Mitte Mai
       kurzfristigst nach Sachsenburg.
       
       Das liegt damals wie heute in einem Erholungsgebiet, inzwischen ein
       Naturschutzgebiet. Nichts deutet hier auf die menschenverachtende
       Vergangenheit dieses Ortes hin. Strenge Auflagen beim Gewässer- und
       Naturschutz wie die Umsiedlung einer Eidechsenfamilie erhöhen den
       Bauaufwand. Das optisch dominante, aber leere Fabrikgebäude, in dem die
       Häftlinge damals untergebracht waren, ist in privater Hand und wird nicht
       zur Gedenkstätte gehören. Von der kann man bislang nur Umrisse erahnen. Die
       ehemalige Kommandantenvilla ist trockengelegt worden und wird von den
       Grundmauern her wiederaufgebaut. Unweit entsteht der befestigte Parkplatz.
       An einer Brücke über den Mühlgraben fehlt nur noch das historische
       Geländer.
       
       Doch ohne das geplante Ausstellungszentrum in der ehemaligen Kommandantur
       würde dieser Ort als Gedenkstätte unfertig bleiben. In welchen desolaten
       Zustand eindringendes Wasser, Holzwürmer und der Hausschwamm dieses Haus
       aber gebracht haben, wird erst auf den zweiten Blick sichtbar. Architekt
       Ralph Steiner erklärt, dass zunächst für 200.000 Euro ein Notdach errichtet
       werden soll, unter dessen Schutz die auf 4,4 Millionen Euro veranschlagte
       Sanierung des Gebäudes und ein kleiner Funktionsanbau für die anvisierten
       10.000 Besucher jährlich vorangetrieben werden sollen. Für diesen zweiten
       Bauabschnitt aber fehlen 1,7 Millionen Euro Kofinanzierungsmittel des
       Landes Sachsen.
       
       Kulturministerin Klepsch, gutwillig, aber oft überfordert wirkend,
       dementierte beim Ortstermin jegliche Absicht, den Baufortschritt
       aufzuschieben. „Das war zu keinem Zeitpunkt auch nur im entferntesten eine
       Überlegung, ganz im Gegenteil!“ Sie wolle wegen der Sicherung des zweiten
       Bauabschnitts nochmals auf Finanzminister Christian Piwarz zugehen. Laut
       unbestätigten Medienberichten soll sie damit auch auf offene Ohren beim
       Finanzminister gestoßen sein. Dann könnte die Gedenkstätte tatsächlich ab
       2026 in den zweiten Bauabschnitt gehen.
       
       Frankenbergs Bürgermeister Oliver Gerstner wäre dann von einer Trägerschaft
       entlastet, die die Kommune freiwillig übernommen hat, wie er betont.
       Gerstner zeigt aber auch auf das umliegende Naherholungsgebiet, auf das
       Freibad und die Wanderer und spricht den bemerkenswerten Satz: „Sachsenburg
       zeigt, dass der Ursprung solcher Vernichtungslager nicht irgendwo anders,
       sondern mitten in der Gesellschaft, in Städten und Industrie lag.“
       
       Wie wenig Sensibilität da ist für einen solchen jederzeit wieder
       fruchtbaren Schoß, zeigte eine Landtagsdebatte zur Erinnerungskultur im
       Mai. Die CDU-Abgeordnete Sandra Gockel bezog sich ausschließlich auf die
       erforderliche Haushaltskonsolidierung und warnte mit Blick auf die DDR vor
       Folgen, wenn ein Staat über seine Verhältnisse lebe. AfD-Kulturpolitiker
       Thomas Kirste nannte Warnungen der Bündnisgrünen vor Demokratiegefährdung
       bei Vernachlässigung der Erinnerungsarbeit eine „typisch grüne
       Übertreibung“. Für den Koalitionspartner SPD hielt es Sprecher Gerald
       Eisenblätter hingegen für „folgerichtig, wenn dem wichtigen Bekenntnis zu
       unserer Geschichte auch das Bekenntnis zur Ausstattung dieser Gedenkorte
       folgt“.
       
       Im Nachbarland Thüringen hält der im April verabschiedete Landeshaushalt
       die Zuschüsse an die Buchenwald-Dora-Stiftung und weitere elf Museen und
       Gedenkorte stabil. Rikola-Gunnar Lüttgenau, der in der Stiftung
       Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit leitet, sieht auch auf Bundesebene
       keine Tendenzen zu einer Einschränkung der Zuwendungen. Auf die Forderung
       von Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) nach Pflichtbesuchen von
       Schülern in Konzentrationslagern entgegnet er aber, dass die finanzielle
       und personelle Ausstattung dafür nicht ausreiche. „Wir sind für Monate und
       Jahre ausgebucht!“
       
       ## Mehr rechtsextreme Übergriffe
       
       Lüttgenau bestätigt aber den seit Jahren anhaltenden und zuletzt
       beschleunigten Anstieg von rechtsextremen Übergriffen. Vom 9-Millionen-Etat
       muss die Stiftung 1,2 Millionen Euro für Security und Überwachung rund um
       die Uhr ausgeben, das entspricht einem Anteil von 13 Prozent: „Nazis sind
       feige und kommen halt in der Nacht.“ Seine Kollegen in der sächsischen
       Gedenkstättenstiftung kennen Vandalismus auch schon seit vielen Jahren,
       sind aber akut weniger alarmiert.
       
       In Sachsen-Anhalt, wo im kommenden Jahr ein neuer Landtag gewählt wird,
       nennt der kulturpolitische Sprecher der AfD, Hans-Thomas Tillschneider, die
       NS-Zeit eine „Belastung“ und plädiert dafür, „diese Vergangenheit vergehen
       zu lassen“. Das Land solle stattdessen zum „Sehnsuchtsort aller deutschen
       Patrioten werden“.
       
       Das verlangt nicht einmal sein sächsischer AfD-Kollege Kirste. Der Druck
       auf die CDU-SPD-Minderheitsregierung für eine gesellschaftlich dringend
       nötige Ausfinanzierung der Erinnerungskultur aber wird bis zur
       Verabschiedung des Landeshaushalts Ende Juni vor allem von den
       Oppositionsparteien BSW, Grüne und Linke kommen müssen. Hinter den
       halbfertigen Kulissen der sächsischen Gedenkstätten dürfte gerade viel
       Lobbyarbeit betrieben werden.
       
       18 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Michael-Kretschmer-in-Sachsen-gewaehlt/!6052153
   DIR [2] /Kuerzungen-im-Haushaltsentwurf/!6081108
       
       ## AUTOREN
       
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