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       # taz.de -- Werbung bei Meta: Dein Currywurst-Angebot im Whatsapp-Status
       
       > Bei Whatsapp gibt es bald personalisierte Werbung. Das bietet viel
       > Potential – zum Entdecken versteckter Gadgets. Oder man verlässt die App
       > direkt.
       
   IMG Bild: Bald wird's wohl Werbung für die Werbung geben
       
       Ping! Oder: Wrrrmm! Stellen Sie sich einen Smartphoneton oder eine
       Vibration Ihrer Wahl vor und werfen Sie rasch einen Blick auf Ihre
       Benachrichtigungen bei Whatsapp. Nein, es ist nicht der neuste Beitrag in
       der Grundschulelterngruppe, in dem diese Carina, die ohnehin unter schwerem
       Querulantenverdacht kurz vor dem Ghosting steht, fordert, dass die Kinder
       statt Roggenmisch- zukünftig ausschließlich Sonnenblumenkernvollkornbrot in
       der Frühstücksbox mit in den Klassenraum nehmen dürfen.
       
       Es ist auch nicht die Gruppe „Der Pate IV“, die der mal wieder besonders
       lustige kleine Bruder unlängst eingerichtet hat, um die Feierlichkeiten zum
       Siebzigsten von Vaddern zu organisieren. Stattdessen lässt der
       Antalya-Döner um die Ecke wissen, dass es Dürüm heute als Mittagsmenü mit
       einem „Kleinen Feigling“ gratis dazu gibt. Das klingt natürlich
       interessant! Wo Sie doch eh gerade in der Gegend sind und nach dem
       vormittäglichen Studium von drei Dutzend Nachrichten der Grundschuleltern
       und Verwandtschaft das dringende Bedürfnis nach einer milden Alkoholgabe
       verspüren.
       
       Angesichts dessen, was uns von Chatgruppen geplagten Menschen täglich aufs
       Display gespült wird, erscheint die Ankündigung von Meta, demnächst
       personalisierte, ortsbezogene Werbung auf seiner Whatsapp auszuspielen,
       eigentlich ziemlich verlockend und eher als Beitrag zum Qualitätsmanagement
       denn als bedrohliches Zeichen eines heraufziehenden Überwachungsstaates.
       
       Meta will also zukünftig in der Statusanzeige bezahlte Werbeanzeigen
       schalten. Nun ist es natürlich so, dass die Mehrheit der Whatsapp-Nutzenden
       davon nie erfahren wird, denn die wenigsten von ihnen wissen
       erfahrungsgemäß überhaupt auch nur von der Existenz dieser ominösen
       Statusanzeigen, auf denen mitteilungsbedürftige Kontakte irgendwelches Zeug
       für 24 Stunden aufploppen lassen können, bis es dann dankenswerterweise
       wieder für immer im digitalen Nirwana verschwindet.
       
       ## Erkundungstour auf Whatsapp
       
       Vielleicht führt die Diskussion um die Anzeigen ja dazu, dass die eine oder
       der andere jetzt überhaupt erst mal auf diesen lustigen Extra-Tab tippt,
       der sich unter dem unverdächtigen Titel „Aktuelles“ neben den eigentlichen
       Chat-Nachrichten verbirgt.
       
       Falls Sie ihn nicht finden: Fragen Sie doch einfach die Meta-KI in der
       gleichen App. Das ist dieser seltsame blaue Kreis, den wohl auch schon
       viele verständnislos angestarrt und achselzuckend ignoriert haben dürften
       seit seiner Einführung vor einigen Monaten. So gesehen dürfte sich die
       reale Aufregung in Grenzen halten, wenn die Änderung bald Realität wird.
       
       Die üblichen Spaßbremsen wie Netzpolitik.org oder die Datenschützer von
       noyb maulen natürlich gleich wieder wegen allerlei Bedenken, nur weil Meta
       damit gegen EU-Gesetze verstoße oder für seine freundlichen
       s[1][erviceorientierten Hinweise an Informationen verarbeitet, was es
       kriegen kann]: Aufenthaltsorte, Kontaktlisten, parallel auch noch die
       ebenfalls bei Meta eingespeisten Facebook- oder Instagram-Postings und
       -Freunde, Nutzungsverhalten und vermutlich auch die jüngsten
       Shazam-Recherchen, das Tagesergebnis des Schrittezählers oder den aktuellen
       Aszendenten der AstroApp.
       
       Und das alles, damit der Algorithmus einem dann die ultimative
       Hotel-Dracula-Virtual-Reality-Experience, Fuze-
       Schwarztee-Pfirsich-Hibiskus-Limonade oder neue Stützstrümpfe anbietet.
       
       ## Tippfehler in Werbung umwandeln
       
       Vielleicht ist die Neuerung ja auch nur der Anfang, und bald schon werden
       die Unternehmen Ihres potenziellen Interesses sich gleich direkt per
       Chat-Nachricht melden, um Ihnen einen noch viel besseren Mobilfunkvertrag
       anzubieten. Oder noch besser: Die Autokorrektur spielt zukünftig statt
       absurder Wortveränderungen attraktive Produktvorschläge an die
       Empfängerinnen Ihrer eigenen Nachrichten aus. Das gibt dann ein Hallo – und
       ganz viel neuen Stoff für [2][die notleidende Comedybranche] inklusive der
       nächsten Generation von Niveau-Nivea-Witzen!
       
       Und während die Konsumpuristen sich noch darüber empören, dass ein
       privates, globales, kommerzielles Aktienunternehmen jetzt ruchloserweise
       etwas einführt, mit dem es noch viel mehr Geld verdienen kann, statt sich
       einfach wie bisher nur mit Daten bezahlen zu lassen oder, wie vermutlich
       auch viele denken, aus blanker Nächstenliebe ihre hübschen Anwendungen in
       die Welt entsendet, treffen wir anderen uns einfach auf Signal wieder. Das
       ist gemeinnützig und spendenfinanziert. Und vor allem: Da sind die
       Grundschuleltern und die Sippschaft garantiert noch nicht. Also: danke,
       Meta!
       
       Und jetzt die Werbung.
       
       17 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
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