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       # taz.de -- Religiöse Konflikte an Hamburgs Schulen: Religionsgemeinschaften und Schulbehörde zeigen Haltung
       
       > Nach Klagen über das Verhalten von Muslimen an Hamburger Schulen machen
       > sich Politiker und Religionsvertreter für ein respektvolles Miteinander
       > stark.
       
   IMG Bild: Gang zum Klassenzimmer in einer Hamburger Stadtteilschule
       
       Hamburg taz | Die großen Hamburger Religionsgemeinschaften und die
       Schulbehörde haben am Mittwoch eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, in
       der sie sich zu einem „respektvollen dialogischen Miteinander“ bekennen.
       Anlass war eine Artikelserie im Hamburger Abendblatt, in der übergriffiges
       Verhalten muslimischer Schüler und Eltern thematisiert wurde.
       
       Mit der Erklärung wollen die Religionsgemeinschaften zum einen deutlich
       machen, dass sie Versuche missbilligen, anderen den eigenen Glauben oder
       bestimmte Verhaltensweisen aufzuzwingen. Andererseits wollen sie damit eine
       „ungute Dynamik“ verhindern, wie Özlem Nas vom Rat der islamischen
       Gemeinschaften Hamburgs (Schura) es ausdrückte. Sie sieht darin die Gefahr,
       [1][dass antimuslimischer Rassismus verstärkt werden könnte].
       
       Den Anstoß dazu gab der CDU-Bürgerschaftsabgeordete Sandro Kappe aus
       Steilshoop, der entsprechende Hinweise aus dem Stadtteil in einer
       parlamentarischen Anfrage an den Senat thematisierte: Mehrere Mütter hätten
       ihm berichtet, dass sie sich bei Elternversammlungen von männlichen
       Teilnehmern unter Druck gesetzt fühlten. Teilweise sei ihnen das Wort
       verboten worden, mit der Begründung, dass Frauen sich nur äußern dürften,
       wenn Männer es ihnen erlauben.
       
       An Steilshooper Schulen würden Mädchen ohne Kopftuch oder mit westlicher
       Kleidung beschimpft. Immer mehr Kinder fasteten während der Schulzeit, oft
       unter Gruppendruck. Manche hätten sich geweigert, während des Ramadan am
       Musikunterricht teilzunehmen. „Viele Eltern äußern die ernsthafte Sorge,
       dass ihre Kinder in einem Klima aufwachsen, das von Intoleranz, sozialem
       Druck und religiöser Abgrenzung geprägt ist“, schrieb Kappe.
       
       Das Hamburger Abendblatt als bedeutendste Lokalzeitung forderte Leser auf,
       ähnliche Vorfälle zu melden – auch anonym. Die Zeitung gab zunächst eine
       Reihe von Leser-Stellungnahmen wieder, die sich mit den Vorfällen
       auseinandersetzten, ohne weitere Fakten zu nennen. In weiteren Texten ging
       es dann um konkrete Erfahrungen.
       
       So soll ein Achtjähriger in der Grundschule eine Israelflagge zertrampelt
       haben. Eine Mutter schilderte, ihr Sohn sei beim Fußball als Rassist
       beschimpft worden, nachdem er ein Foul kritisiert habe. Eine
       Schulmitarbeiterin berichtete von respektlosem Verhalten gegenüber
       weiblichem Personal und Männern, die Drohkulissen aufbauten. Zu Wort kamen
       aber auch Lehrer, die von „normalem Jugendverhalten“ sprechen und von
       gelingenden Gesprächen zum Thema Toleranz.
       
       Auf Kappes’ Hinweise hin hatte der Senat einige Schulen gebeten, ihre
       Erfahrungen mitzuteilen. Grundsätzlich werde dort, so die
       Selbsteinschätzung der Schulen, „ein respektvoller und toleranter Umgang
       gepflegt“. Allerdings beschrieben einzelne Schulen auch eine zunehmende
       Relevanz religiöser Themen sowie ein wachsendes Bedürfnis einiger
       Schülerinnen und Schüler, religiöse Praktiken auszuüben.
       
       Dies werde zum Teil durch eine kleinere Gruppe geprägt, die ihre religiösen
       Überzeugungen lautstark vertrete. In einzelnen Fällen habe es verbale
       [2][Abwertungen] gegeben. „Offene religiöse Konflikte oder systematische
       Einflussnahmen im schulischen Alltag werden an den Schulen mehrheitlich
       nicht festgestellt“, resümiert der Senat.
       
       ## Kritik an Aufruf des Hamburger Abendblatts
       
       Özlem Nas von der Schura kritisierte den Aufruf, anonym Vorfälle zu
       schildern. „Das erzeugt eine Stimmung, die wir in unserer Stadt nicht
       wollen.“ Die islamischen Gemeinden seien bereit, die Behörde auch in
       konkreten Fällen zu unterstützen. Die Schule müsse aber strukturell besser
       auf problematisches Verhalten vorbereitet werden. „Bei den Jugendlichen
       muss man sofort einschreiten“, sagt sie.
       
       Mit Blick auf die gemeinsame Erklärung der Schulbehörde sowie von
       Vertretern der beiden großen Kirchen, des Judentums und des Islams sagte
       die Staatsrätin der Schulbehörde, Katharina von Fintzel, Versuche
       religiöser Überwältigung gelängen dann besonders gut, wenn die Akteure
       glaubten, sie hätten die Rückendeckung ihrer Glaubensgemeinschaften. Dem
       solle die Erklärung einen Riegel vorschieben.
       
       Darin wird Hamburg als Stadt der kulturellen und religiösen Vielfalt
       beschrieben. Dort sei kein Platz für Übergriffe [3][und Diskriminierung].
       Die Religionsgemeinschaften stünden für ein respektvolles Miteinander ein,
       „mit einer Haltung, die klare Grenzen zieht“. Um dieses Miteinander
       einzuüben, gibt es in Hamburg den [4][Religionsunterricht für alle]. Seit
       2019 gibt es laut der Schulbehörde das Konzept dafür, seit 2022 läuft die
       Umsetzung.
       
       19 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Antimuslimischer-Rassismus-in-Deutschlan/!6091513
   DIR [2] /Identitaetskonflikt-auf-Tiktok/!6086243
   DIR [3] /Pride-Monat-/!6090050
   DIR [4] https://www.hamburg.de/politik-und-verwaltung/behoerden/schulbehoerde/schulen/religionsunterricht-fuer-alle-589192
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Gernot Knödler
       
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