URI: 
       # taz.de -- Proteste gegen Polizeigewalt: Jagdszenen in Kenia
       
       > Nach dem Tod des Aktivisten Albert Ojwang im Polizeigewahrsam gibt es
       > Proteste in Nairobi. Kenias Staat reagiert mit Schlägertrupps und
       > Schüssen.
       
   IMG Bild: Demonstranten in Nairobi am 17. Juni. Eine Zeitung fordert den Rücktritt des Vize-Polizeichefs von Kenia
       
       Kampala taz | Zwei Polizisten in Kampfuniform und Helm schlagen mit ihren
       Gewehrläufen auf einen Demonstranten ein. Der eine knüppelt ihn zu Boden,
       der andere schießt ihm in den Rücken. [1][Das Video] dieser brutalen Tat
       geht seit Dienstag in Kenia viral.
       
       Knapp ein Jahr nach den landesweiten [2][Massendemonstrationen der
       „Generation Z“] in Kenia geht die Jugend nun erneut auf die Straßen. Dieses
       Mal demonstrieren sie nicht gegen das neue Finanzgesetz und die daraus
       folgenden Steuererhöhungen, das derzeit erneut im Parlament debattiert
       wird, sondern gegen die zunehmende Polizeigewalt.
       
       Denn auf Grundlage des sogenannten Computermissbrauch-
       und-Cybercrime-Gesetzes aus dem Jahr 2018 wurden im vergangenen Jahr
       zahlreiche Onlineaktivisten, Blogger und IT-Spezialisten, die vor einem
       Jahr die Proteste online befeuert hatten, verhaftet – oder sind gar spurlos
       verschwunden.
       
       Der jüngste Vorfall: Vor mehr als einer Woche [3][kam Albert Omondi Ojwang
       im Polizeigewahrsam ums Leben]. Der 31-jährige Lehrer war verhaftet worden,
       weil er online auf X Kritik an Vizepolizeichef Eliud Lagat geübt haben
       soll. Er überlebte seine Verhaftung nicht. In den anschließenden internen
       Ermittlungen gab der Vizepolizeichef letztlich zu, dass er seine Beamten
       mit Alkohol bezahlt habe, um Ojwang in der Zelle zu Tode zu prügeln. Lagat
       trat daraufhin freiwillig von seinem Job zurück.
       
       ## Der Präsident entschuldigte sich persönlich
       
       Kenias Präsident William Ruto entschuldigte sich höchstpersönlich
       telefonisch bei Ojwangs Familie, sprach ihnen sein Beileid aus und
       spendierte umgerechnet 20.000 Euro als Kompensation und zur Begleichung der
       Beerdigungskosten.
       
       Doch damit war das Thema für die Generation Z nicht vom Tisch. Am Dienstag
       starteten die Jugendlichen erneut in Kenias großen Städten mit
       organisierten Protesten, unterstützt und befeuert von einer breit
       gestreuten Medienkampagne auf den sozialen Netzwerken. Dafür haben sie auch
       Videos produziert. „Keiner von uns wird mehr in Stille sterben!“, heißt es
       [4][in einer Videobotschaft]: „Wenn sie einen von uns töten – dann müssen
       sie uns alle umbringen – doch wir sind Millionen!“
       
       Nairobis Gouverneur, Johnson Sakaja, kündigte seinerseits Maßnahmen an, um
       Demonstranten von den Straßen fernzuhalten. „Dieses Land muss ein
       Rechtsstaat sein. Lasst sie es nicht noch einmal versuchen – sie werden
       mich in der Stadt finden!“, erklärte Sakaja.
       
       Als die Proteste dann am Dienstag Früh losgingen, stürmten zunächst
       Hunderte [5][Gangmitglieder auf Motorrädern] mit Schlagstöcken Nairobis
       Innenstadt, offenbar mit dem Ziel, die Demonstranten von den Straßen zu
       jagen. Sie brüllten „No Protests!“
       
       Die Straßengangs, die sonst Nairobis Armenviertel regieren, waren offenbar
       von der Polizei bezahlt worden, um die Proteste der Generation Z zu
       verhindern. Die Polizei war zunächst nirgendwo zu sehen. Demonstranten
       zerrten die Männer von ihren Motorrädern und zündeten diese an.
       
       ## Polizei in Erklärungsnot
       
       Als die Polizeieinheiten letztlich eintrafen, feuerten sie Tränengas und
       Gummigeschosse auf die Demonstranten. Dabei wurde auch der Mann
       niedergeprügelt und in den Rücken geschossen, dessen Video viral ging – es
       stellte sich heraus, dass er gar nicht zu den Demonstranten gehörte, er war
       Straßenverkäufer.
       
       Polizeisprecher Muchiri Nyaga gab am Mittwoch bekannt, der Beamte, der
       geschossen hatte, sei festgenommen worden. „Nach diesem Vorfall ordnete der
       Generalinspekteur des nationalen Polizeidienstes die sofortige Festnahme
       und Anklage des beteiligten Beamten an“, so Nyaga in einer Erklärung. Der
       schwerverletzte Mann sei direkt ins Krankenhaus gebracht worden, wo er
       starb.
       
       Die staatlich finanzierte Kommission für Menschenrechte erklärte, sie habe
       21 weitere verletzte Demonstranten registriert. „Genug ist genug“ – so
       lautet die Reaktion der Generation Z in ihren Videos.
       
       18 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://x.com/_nairobi_juice/status/1935334342471074158
   DIR [2] /Massenproteste-in-Kenia/!6019071
   DIR [3] /Protest-gegen-Polizeigewalt-in-Kenia/!6090124
   DIR [4] https://x.com/FerdyOmondi/status/1932897321429434729?t=KyJggCWo9MKS6UBK9eO0Pg&s=03
   DIR [5] https://www.youtube.com/watch?v=gYo-qlVlSa0
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Simone Schlindwein
       
       ## TAGS
       
   DIR Kenia
   DIR Nairobi
   DIR Polizeigewalt
   DIR Aktivismus
   DIR Social-Auswahl
   DIR Kenia
   DIR Kenia
   DIR Kenia
   DIR Kenia
   DIR Tansania
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Unruhen in Kenia: Tote und Verletzte nach Protesten
       
       In Kenia sind die Demonstrationen zum Jahrestag der Massenproteste
       eskaliert. Mindestens 16 Menschen starben, die meisten durch Polizeigewalt.
       
   DIR Massenproteste in Kenia: Tränengas und Geschosse gegen Vuvuzelas und Trillerpfeifen
       
       Ein Jahr nach den blutig niedergeschlagenen Protesten in Kenia geht die
       Polizei erneut gewaltsam gegen Protestmärsche vor. Am Abend eskaliert die
       Gewalt.
       
   DIR Protest gegen Polizeigewalt in Kenia: Die Regierung online kritisieren ist lebensgefährlich
       
       Wieder ist in Kenia ein Online-Aktivist in Polizeigewahrsam ums Leben
       gekommen. Ein Jahr nach blutigen Unruhen nimmt die staatliche Härte erneut
       zu.
       
   DIR Tod von Schriftsteller Ngugi wa Thiong’o: Der Säer von Worten
       
       Der kenianische Schriftsteller Ngugi wa Thiong’o ist tot. Er stand und
       schrieb für eine „Dekolonisierung des Denkens“ und legte sich mit
       Diktatoren an.
       
   DIR Martha Karua aus Kenia: Diese „Eiserne Lady“ kämpft für Menschenrechte in Ostafrika
       
       Am Wochenende wurde Martha Karua in Daressalam festgenommen. Die
       Rechtsanwältin verteidigt zwei Oppositionsführer aus Tansania und Uganda.