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       # taz.de -- Anriffe auf Irans Regime: Der siebte Tag
       
       > Nicht nur Nuklearanlagen und Militärbasen werden getroffen. Israelische
       > Raketen treffen auch die Grundpfeiler der iranischen Unterdrückung.
       
   IMG Bild: Teheran, 16. Juni: Blick über die Stadt, Rauch steigt dort auf, wo israelische Raketen eingeschlagen sind
       
       Teheran taz | Mitten in Teheran steht eine Betonfestung – das Hauptgebäude
       des Geheimdienstes der [1][Revolutionsgarden (IRGC)]. Die meisten
       Iranerinnen und Iraner erinnert es an nächtliche Verhaftungen,
       Isolationshaft und Geständnisse im Staatsfernsehen. Denn der Dienst spielt
       seit Jahren eine zentrale Rolle bei der Repression im In- und Ausland.
       
       Am Sonntag wurden ihr Chef Mohammad Kasemi und sein Stellvertreter durch
       israelische Raketenangriffe auf das Gebäude getötet. Die israelische Armee
       erklärte ihren Tod, kurz darauf bestätigte ihn auch die iranische
       Nachrichtenagentur Tasnim. Schrittweise war die ehemalige [2][Abteilung der
       Revolutionsgarden nach den Protesten von 2009 zu einer eigenen Organisation
       ausgebaut worden].
       
       Heute dient sie der Überwachung, sie verbreitet Angst und erstickt jede
       Opposition. Sie ist die am meisten gefürchtete Sicherheitsbehörde im Iran.
       Auch der Hauptsitz des Geheimdienstministeriums in Teheran wurde getroffen.
       Als älteste Sicherheitsbehörde der Islamischen Republik ist sie für die
       Spionageabwehr und die Unterdrückung zuständig. Zwischen dem Ministerium
       und dem Geheimdienst der IRGC hat sich im Laufe der Jahre eine Rivalität
       entwickelt. Beide ringen um die Vorherrschaft bei der Inlandsüberwachung
       und übertreffen sich gegenseitig.
       
       ## Die Kommandozentrale der iranischen Polizei
       
       Auch [3][im Hauptquartier der iranischen Polizeikräfte in Teheran schlugen
       israelische Raketen ein]. Am vierten Tag des Konflikts berichteten Medien
       von der Zerstörung des Gebäudes. Die Kommandozentrale, darin insbesondere
       ihre Anti-Aufruhr-Einheiten, spielten in den letzten Jahren eine führende
       Rolle bei der Unterdrückung von Straßenprotesten.
       
       War die Behörde lange nur für normale Polizeiarbeit zuständig,
       konzentrierte sie sich zunehmend auf [4][die Verfolgung politischer
       Dissidenten und Frauen]. Mahsa Amini, die junge Frau, deren Verhaftung und
       anschließender Tod in Haft 2022 landesweite Proteste auslöste, war von
       Beamten einer dieser Abteilungen festgenommen worden. Die [5][berüchtigte
       Sittenpolizei, die für die Verhaftung unverschleierter Frauen zuständig
       ist], ist Teil der Behörde.
       
       ## Krieg gegen das Regime und seine Behörden
       
       Israel schwört immer wieder, dass der Krieg dem iranischen Regime gilt,
       nicht seiner Bevölkerung. In einer Fernsehansprache erklärte
       Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu Beginn der israelischen
       Angriffswelle auf den Iran: „Unser Krieg gilt dem Regime – nicht dem
       iranischen Volk“, und fügte hinzu: „Ihre Befreiung ist näher als je zuvor.“
       
       Viele iranische Oppositionelle glauben, dass Israel mit den Angriffen etwa
       auf das Polizeikommando und die staatlichen Medien eine konkrete Botschaft
       vermitteln möchte: Nicht nur das Regime sei das Ziel, sondern die Säulen
       der Unterdrückung.
       
       Nader, 32, aus Teheran, sagte der taz: „Es war erschreckend zu sehen, wie
       ein ausländischer Feind auf Persisch zur Evakuierung aufrief. Es hieß:
       ‚Verlassen Sie das Gebiet – unsere Ziele sind Einrichtungen des Regimes.‘
       Unsere Regierung hingegen sagte uns, wir sollten an Ort und Stelle
       bleiben.“ Tatsächlich flohen vor allem zu Beginn der Angriffswelle Tausende
       Iranerinnen und Iranern aus Teheran. Auf den Straßen herrschte Chaos,
       Fliehende verstopften die Straßen aus der Stadt.
       
       ## Angst und Hilflosigkeit
       
       Setareh, 24, Angestellter eines Teheraner Start-up-Unternehmens, sagte der
       taz am Telefon: „Ehrlich gesagt, im Moment des Einschlags habe ich nur
       Angst und Hilflosigkeit gespürt. Vielleicht hilft die Schwächung des
       Regimes unserer Freiheitsbewegung auf lange Sicht – aber im Moment wollen
       wir einfach nur am Leben bleiben.“
       
       Das Regime versucht derweil, die Grenzen zwischen sich und dem Volk zu
       verwischen. Staatliche Medien bezeichnen die Angriffe als Angriffe auf das
       Vaterland. Auf einmal berufen sie sich auf nationalistische Symbole, die
       das Regime zuvor lange unterdrückte.
       
       ## Befreiung oder Chaos?
       
       Diejenigen, die in Teheran geblieben sind, stellen sich nun Fragen: [6][Was
       bringen die Raketen? Helfen sie uns?] Sie befürchten, dass der Krieg nicht
       die Befreiung, sondern das Chaos bringen könnte.
       
       Am siebten Tag liegt über Teheran ein Gefühl der Fassungslosigkeit – als ob
       hier Geschichte geschrieben, etwas Symbolisches passieren würde. Es
       herrscht eine seltsame emotionale Spannung: Die Menschen empfinden
       Genugtuung, wenn sie sehen, wie Symbole der Unterdrückung fallen, fürchten
       aber auch den Krieg, die Unruhen und auch die nationale Demütigung, die sie
       jetzt ertragen müssen. Neben dieser Angst bleibt kaum Raum für Freude oder
       Hoffnung.
       
       Die Autorin war 2024 Stipendiatin des [7][Refugium-Programms], das die taz
       Panter Stiftung mit Reporter ohne Grenzen ausrichtet.
       
       19 Jun 2025
       
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