URI: 
       # taz.de -- Angriff auf SPD-Mitglieder in Berlin: Vier Neonazis zu Jugendstrafen verurteilt
       
       > Nach einem Angriff auf SPD-Wahlhelfer in Berlin sind vier Männer zu
       > Jugendstrafen verurteilt worden. Das Gericht betonte die rechte Gesinnung
       > der Täter.
       
   IMG Bild: Die vier Angeklagten mit ihren Anwälten im Gerichtssaal in Berlin-Moabit
       
       Berlin taz | Sie waren aus Sachsen-Anhalt nach Berlin gekommen, um an einem
       Neonazi-Aufmarsch teilzunehmen. Doch bevor die vier jungen Männer an jenem
       Dezembersamstag dort eintrafen, [1][verprügelten sie auf offener Straße
       zwei SPD-Wahlhelfer*innen und attackierten Polizist*innen]. Am
       Donnerstag hat das Amtsgericht Tiergarten in Berlin sie nun unter anderem
       wegen gefährlicher Körperverletzung, des tätlichen Angriffs auf
       Vollstreckungsbeamte und Beleidigung zu Jugendstrafen verurteilt.
       
       Das Gericht sah es als erwiesen an, dass alle vier Angeklagten – zum
       Tatzeitpunkt zwischen 16 und 19 Jahre alt – an dem [2][Angriff nahe dem
       Bahnhof Lichterfelde Ost] im Berliner Süden beteiligt waren. „Es bestehen
       keine Zweifel, dass sie gemeinschaftlich gehandelt haben“, sagte der
       Vorsitzende Richter. Er sprach von einer „ganz erheblichen Tat“, die sich
       eindeutig gegen politisch Andersdenkende gerichtet habe.
       
       Von den vier Angeklagten muss der 19-jährige Florian K. am längsten ins
       Jugendgefängnis: zwei Jahre und acht Monate ohne Bewährung. Er habe
       „eindeutig nachweisbar“ Springerstiefel getragen und mit diesen auf den
       bereits am Boden liegenden SPD-Mann eingetreten. Der ebenfalls 19-jährige
       Elias U. wurde zu zwei Jahren und sechs Monaten ohne Bewährung verurteilt;
       er soll den Angriff eingeleitet haben, indem er dem Betroffenen die rote
       SPD-Mütze vom Kopf gerissen hat.
       
       Die beiden weiteren Angeklagten, Phillipp B., 20 Jahre alt, und Pascal K. –
       der 17-jährige Bruder von Florian K. –, erhielten Jugendstrafen von zwei
       Jahren beziehungsweise einem Jahr und neun Monaten. Sie kommen vorerst
       unter Auflagen frei. In einem halben Jahr will das Gericht entscheiden, ob
       die Strafen zur Bewährung ausgesetzt werden.
       
       ## Schwierige Lebensumstände
       
       Dass die drei volljährigen Angeklagten nach Jugendstrafrecht verurteilt
       wurden, hatte sich während der Verhandlung abgezeichnet. In einem Bericht
       hatte die Jugendgerichtshilfe ein düsteres Bild von der Vergangenheit und
       den Lebensumständen der Männer gezeichnet. Unter anderem hätten Pascal und
       Florian K. unter dem frühen Tod der Mutter gelitten, zudem sei der Vater
       Alkoholiker. Weiter war die Rede von häuslicher Gewalt, Drogen,
       Heimaufenthalten und Obdachlosigkeit.
       
       „Die Biografien sämtlicher Angeklagten sind durch große Brüche
       gekennzeichnet“, räumte die Staatsanwältin am Mittwoch in ihrem Plädoyer
       ein. Die Männer würden „eher Jugendlichen gleichstehen als Erwachsenen“.
       
       ## „Enthemmt und empathielos“
       
       Dennoch plädierte sie für „eine klare Strafe“, um „ein Umdenken zu
       erreichen“. Sie forderte Jugendstrafen zwischen zweieinhalb und drei Jahren
       und vier Monaten ohne Bewährung. Die vier hätten sich „völlig enthemmt und
       empathielos“ ihr unterlegenes Opfer ausgesucht. Darüber hinaus betonte die
       Staatsanwältin den [3][politischen Hintergrund] der Tat: „Das Auftreten vor
       Ort war offen rechtsradikal.“
       
       Die Anwälte der vier Angeklagten hatten hingegen deren Gesinnung in Zweifel
       gezogen und den Angriff teils als „spontane“ und „jugendtypische Tat“
       bezeichnet. Sie hatten Bewährungsstrafen für Florian K. und Elias U.
       gefordert sowie eine Verwarnung für Phillipp B. und einen Freispruch für
       Pascal K.
       
       Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Ohnehin ist mit dem Schuldspruch
       vom Mittwoch die juristische Aufarbeitung des Angriffs nicht abgeschlossen.
       Derzeit läuft ein weiteres Ermittlungsverfahren gegen vier weitere junge,
       teils minderjährige Personen aus Sachsen-Anhalt, die auch in Lichterfelde
       dabei gewesen sein sollen.
       
       19 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Auftakt-zu-Neonazi-Prozess-in-Berlin/!6086708
   DIR [2] /Angriff-auf-SPD-Mitglieder-in-Berlin/!6057431
   DIR [3] /Gekommen-um-zu-pruegeln/!6089878
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Hanno Fleckenstein
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Neonazis
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Rechte Gewalt
   DIR Amtsgericht
   DIR Social-Auswahl
   DIR Rechtsextremismus
   DIR Schwerpunkt Stadtland
   DIR Schwerpunkt Neonazis
   DIR Rechtsextremismus
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Arte-Serie „World White Hate“: Weltweiter Hass im Netz
       
       Rechte Gewalt nimmt zu – schuld ist auch das Internet. Eine Doku-Serie
       zeigt, wie sich Neonazis weltweit im Netz radikalisieren und organisieren.
       
   DIR Gekommen, um zu prügeln: Jung, rechts, gewalttätig
       
       In Berlin stehen vier Neonazis aus Sachsen-Anhalt wegen Körperverletzung
       vor Gericht.
       
   DIR Auftakt zu Neonazi-Prozess in Berlin: Mutmaßliche Schläger auf der Anklagebank
       
       Nach der Prügelattacke auf SPD-Mitglieder im Dezember in
       Berlin-Lichterfelde stehen vier Jugendliche aus der ostdeutschen
       Neonazi-Szene vor Gericht.
       
   DIR Rechtsextreme Jugendszene: Brutal jung
       
       Vor den Augen der Sicherheitsbehörden hat sich eine Szene von jungen,
       gewaltbereiten Neonazis etabliert. Sind die Baseballschlägerjahre zurück?