URI: 
       # taz.de -- Klub-WM und Gold Cup in den USA: Fußballturnier mit Ausgangssperre
       
       > Gleich zwei große Fußballturniere beginnen jetzt in den USA: die Klub-WM
       > und der Gold Cup. Alles im Zeichen der Demonstrationen in Los Angeles.
       
   IMG Bild: Die Fans des Klub-WM-Teilnehmers Los Angeles FC protestieren gegen das Vorgehen der Trump-Regierung
       
       ## Los Angeles FC ist dabei
       
       Ausgangssperre und Fußballturnier vertragen sich in der Regel nicht. Doch
       in den USA findet sowohl die Klub-WM (ab 14. Juni), als auch der Concacaf
       Gold Cup (ab 15. Juni) statt. Zwei hochklassige Fußballturniere also, die
       beide zudem in Kalifornien Halt machen. Doch die Bürgermeisterin von Los
       Angeles, Karen Bass, verhängte eine Ausgangssperre von 20 Uhr bis 6 Uhr für
       ein Gebiet von einer Quadratmeile in der Innenstadt.
       
       Der Fußball ist mittendrin [1][in den Protesten, die derzeit nicht nur Los
       Angeles erschüttern]. Beim Heimspiel des Los Angeles FC, ein Klub der Major
       League Soccer und Teilnehmer der Klub-WM, hatten Fans am vergangenen
       Wochenende Transparente aufgehängt. „Abolish ICE!“ (Schafft die
       Einwanderungsbehörde ab!) Und: „Migranten sind der Herzschlag von Los
       Angeles“. Am Ende des Spiels skandierten viele Fans: „L. A., Black and
       Gold. Das ist Los Angeles, ah-woo, ah-woo, ah-woo.“
       
       Die Proteste sind keine alleinige Aktion der Fans, auch der Verein
       positioniert sich gegen die Einwanderungspolitik der Regierung von Donald
       Trump: „Der LAFC glaubt, dass die wahre Stärke unserer Gemeinschaft aus den
       Menschen und Kulturen kommt, die den Teppich dieser schönen und
       vielfältigen Stadt bilden.“ Der Verein stehe „an der Seite aller Mitglieder
       unserer Gemeinschaft“.
       
       Und zu seinen Spielern steht der Klub. Eddie Segura, Verteidiger aus
       Kolumbien, spielt seit 2019 für den LAFC: „Kleine Dinge wie der Gang in den
       Supermarkt verursachen ein anderes Gefühl“, sagt er zu den aktuellen
       Protesten und bedankt sich bei den Fans: „Ich denke, dass es ein Zeichen
       der Stärke und der Einheit ist.“ Sein Kollege Jeremy Ebobisse sagt: „Es ist
       wichtig, dass wir uns nicht einfach in eine Ecke zurückziehen und Angst
       haben, denn Solidarität ist der einzige Weg, das zu überstehen.“ Martin
       Krauss
       
       ## Unbesorgte Fifa
       
       Gianni Infantino, der Präsident der Superlative und des
       Fußballweltverbands, preist kurz vor dem Eröffnungsspiel am 14. Juni in
       Miami die von ihm geschaffene Klub-WM als „den Beginn einer neuen Ära“ oder
       auch [2][als „big bang“ des Fußballs.] Es sei das mit Abstand inklusivste
       Vereinsturnier aller Zeiten, das Spieler aus fast 90 Ländern vereine. Dass
       die Regierung des Gastgebers gerade mit großem Geltungsdrang demonstriert,
       wie wenig sie von Inklusion hält, darüber lächelt der Fifa-Chef schweigend
       hinweg. Auch über den Umstand, dass seit dem 9. Juni in den USA ein
       Einreiseverbot für 12 Länder gilt, das auch den iranischen Nationalspieler
       Mehdi Taremi von Inter Mailand ausschließen müsste. Der Frage, was das für
       die ebenfalls in den USA stattfindende Weltmeisterschaft der Nationalteams
       im kommenden Jahr bedeutet, bei der viele Iraner ihrem Nationalteam folgen
       wollen, geht Infantino ebenso aus dem Weg.
       
       Die Einwanderungs- und Grenzschutzbeamten von US-Präsident Donald Trump,
       die gerade in Los Angeles für Empörung sorgen, heißt Infantino bei der
       Klub-WM willkommen. Laut NBC sollen sie auch beim Turnier zum Einsatz
       kommen, und Infantino sagt, er habe deshalb „keine Bedenken“. Er erklärt:
       „Das Wichtigste für uns ist natürlich, die Sicherheit für alle Fans zu
       gewährleisten, die zu den Spielen kommen.“
       
       Vielleicht aber muss man sich um gar nicht um so viele Fans kümmern.
       [3][Die dürftige Ticketnachfrage] in den USA hat in den letzten Wochen
       verzweifelte Rabattangebote hervorgebracht. Die so inklusive Klub-WM mit 32
       Teilnehmern führt Teams in die Stadien, von deren Existenz nur eine
       Minderheit der dem Fußball zugewandten Menschen in den USA zuvor gehört
       haben dürfte. Und die sind bekanntlich schon eine Minderheit. Wer 20 Euro
       investiert, erhält zusätzlich vier Freikarten, um in geselliger Runde den
       ägyptischen Rekordmeister Al-Ahly beim Eröffnungsspiel gegen Inter Miami zu
       begutachten. Leere Ränge bei den TV-Übertragungen wären ein Desaster für
       das neue Event, das der Fifa als zusätzliche Geldquelle dienen soll.
       
       Dafür hat sich die Fifa auch in Stellung gegen die Concacaf, den
       Kontinentalverband für Nord- und Mittelamerika sowie die Karibik, gebracht,
       der sein mit der Europameisterschaft vergleichbares Turnier, den Gold Cup,
       zeitgleich in den USA austrägt. Während der Klub-WM, so die neue
       Fifa-Verordnung, müssen die Vereine ihre Nationalspieler nicht wie sonst
       üblich für den Gold Cup abstellen.
       
       Die Fifa bestimmt über die Rangordnung der Turniere. Und sie nimmt
       gewaltigen Einfluss auf den Klubfußball. In nur vier Wochen könnte ein
       europäischer Gewinner der Klub-WM mit fast 126 Millionen Euro mehr Geld
       einnehmen als in einer Champions-League-Saison. Johannes Kopp
       
       ## Stille bei deutschen Klubs
       
       Der FC Bayern München und Borussia Dortmund haben sich durchaus
       ausführliche Menschenrechtsbekenntnisse gegeben. „Für uns ist die Achtung
       der Menschenrechte ein integraler Bestandteil der unternehmerischen
       Verantwortung“, schreibt etwa der FC Bayern in seinem [4][Code of Conduct].
       Und weiter: „Wir erwarten deshalb auch von unseren Geschäftspartnern, dass
       sie (…) eine geschäftliche Umgebung schaffen, die frei von jeglichem
       verachtenden, belästigenden oder diskriminierenden Verhalten ist. Hierzu
       verpflichten wir unsere Geschäftspartner, verfassungs- und
       fremdenfeindlichen sowie antidemokratischen Bestrebungen und jeder weiteren
       Form von diskriminierenden oder menschenverachtenden Einstellungen (…)
       entschieden entgegenzutreten. Dies gilt ebenso für jede Form von Gewalt,
       unabhängig davon, ob sie körperlich oder seelischer Art ist.“
       
       Nun ist die US-Regierung kein direkter Geschäftspartner des FC Bayern, die
       Fifa als Organisatorin der Klub-WM aber sehr wohl. Die taz hat daher eine
       Anfrage an den FC Bayern gestellt, wie eine Reise in die USA in der
       aktuellen Situation mit seinem Code of Conduct vereinbar ist, wie sich der
       FC Bayern auf dieser Reise für Menschenrechte einsetzen wird und wie er die
       Sicherheit seiner Fans einschätzt.
       
       Dieselbe Anfrage ging an Borussia Dortmund, die in ihrem Grundwertekodex
       noch etwas vollmundiger verkündet: „Wir achten, schützen und fördern die
       weltweit geltenden Vorschriften zum Schutz der Menschen- und Kinderrechte
       als fundamentale und allgemeingültige Vorgaben. Wir treten der Verletzung
       von Menschenrechten, verfassungs- und fremdenfeindlichen Bestrebungen und
       jeder Form von diskriminierenden Verhaltensweisen entgegen. (…) Wir sehen
       uns mit diesem Selbstverständnis und dieser Strahlkraft auch in unseren
       sportlichen Wettkämpfen in einer Vorbildrolle.“
       
       Diese Vorbildrolle gilt offenbar nicht für die Klub-WM in den USA. Beide
       Klubs ließen die Anfrage bis zur erbetenen Frist unbeantwortet. Alina
       Schwermer
       
       ## Mexikos gebremste Begeisterung
       
       Selbst Claudia Sheinbaum dürfte es in diesen Tagen schwerfallen, die
       Contenance zu bewahren. Sie habe die Migrant*innen zu den gewaltsamen
       Protesten angestachelt, warf die US-Heimatschutzministerin Kristi Noem
       jüngst der mexikanischen Präsidentin vor. Der konservative US-Kommentator
       Charlie Kirk bezeichnete Sheinbaum auf Donald Trumps Plattform Truth Social
       gleich als größere Bedrohung für die USA als Wladimir Putin. Die
       Staatschefin reagierte diplomatisch. „Im Interesse der dort lebenden
       Mexikaner versuchen wir, Konfrontationen zu vermeiden“, sagte sie.
       
       Natürlich nimmt Sheinbaum mexikanische Migrant*innen gegen Washingtons
       Abschiebepolitik und das repressive Vorgehen der Militärs und anderer
       Sicherheitskräfte in Schutz. Eine Eskalation kann sie sich jedoch nicht
       leisten: 80 Prozent der mexikanischen Exporte gehen in die USA, 63
       Milliarden US-Dollar schickten die mexikanischen Arbeiter*innen allein
       vergangenes Jahr in ihre alte Heimat – 20 Prozent davon stammen aus
       Kalifornien, dem Hotspot der migrantischen Proteste.
       
       Doch unabhängig davon lassen die Ereignisse in Los Angeles so gut wie keine
       Mexikanerin und keinen Mexikaner kalt. Unzählige Angehörige leben „im
       Norden“, die kalifornische Großstadt ist ihr wichtigstes Ziel. Zwar stoßen
       brennende Autos und Plünderungen auch auf Kritik, aber in allen großen
       Medien steht die Ablehnung der Angriffe auf die ausgewanderten Landsleute,
       deren Ängste vor Abschiebung und Haft im Vordergrund. Es gehe um die
       Einforderung von Würde und kulturelle Identität und das Recht, dort zu
       leben, schreibt etwa der Menschenrechtsexperte Mario Patrón in der linken
       Zeitung La Jornada. Die Regierung des Bundesstaats Oaxaca spricht von
       „schikanösen und menschenrechtsverletzenden Polizeieinsätzen“ und bietet
       juristische Hilfe für Migrant*innen an.
       
       Und nun wird die mexikanische Nationalmannschaft das Eröffnungsspiel des
       Concacaf Gold Cup, der Fußballmeisterschaft von Nord-, Zentralamerika und
       der Karibik, ausgerechnet in Inglewood bei Los Angeles ausrichten. Viele
       richten ihren Blick auf die Partie, nicht zuletzt, weil Mexiko seit Beginn
       der Meisterschaften 1963 zwölfmal als Sieger hervorging. Doch schon im
       Vorfeld wechselte das Team aus Sicherheitsgründen das Hotel. Nicht
       auszuschließen ist, dass die Kicker zudem vor halb leeren Tribünen spielen
       müssen. La Jornada zufolge wollen einige Fangruppen nicht anreisen – aus
       Angst, ins Visier der US-Einwanderungsbehörde zu geraten. Beim Testspiel
       gegen die Türkei am Dienstag im US-Bundesstaat North Carolina wurden
       weniger als die Hälfte der Tickets verkauft. Große Umzüge mit Sombreros,
       Mariachis oder Mexikofahnen dürfte es kaum geben. Wolf-Dieter Vogel
       
       13 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Proteste-in-Los-Angeles/!6093469
   DIR [2] https://inside.fifa.com/de/organisation/president/news/gianni-infantino-klub-weltmeisterschaft-big-bang-moment-des-fussballs
   DIR [3] /Fifa-Klub-WM/!6089933
   DIR [4] https://fcbayern.com/binaries/content/assets/downloads/nachhaltigkeit/2023-08-31_code-of-conduct_fcb.pdf?v=1721287412981https%3A%2F%2Ffcbayern.com%2Fbinaries%2Fcontent%2Fassets%2Fdownloads%2Fnachhaltigkeit%2F2023-08-31_code-of-conduct_fcb.pdf%3Fv=1721287412981
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
   DIR Martin Krauss
   DIR Alina Schwermer
   DIR Wolf-Dieter Vogel
       
       ## TAGS
       
   DIR Klub-WM
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR Fifa
   DIR GNS
   DIR Fifa
   DIR Kolumne Press-Schlag
   DIR Klub-WM
   DIR Schwerpunkt USA unter Trump
   DIR USA
   DIR Kolumne Press-Schlag
   DIR Gianni Infantino
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Kein Kampf mehr gegen Rassismus: Fifa auf Trump-Kurs
       
       Bei der Klub-WM in den USA hält sich die Fifa mit den sonst üblichen
       Kampagnen gegen Diskriminierung zurück. Offenbar scheut man den Konflikt.
       
   DIR Verteilung bei der Klub-WM: Das Stück vom Brotlaib
       
       Die Klub-WM zahlt Teams aus dem Globalen Süden viel Geld. Das bedeutet
       Empowerment, einerseits. Aber die Ligen der Länder stärkt es nicht.
       
   DIR Sport und Politik in den USA: Kicks und Proteste
       
       In den USA mischen sich rund um die Demonstrationen viele Sportler:innen
       und Fans in die Debatte ein. Etwa der Angel City FC und mexikanische Fans.
       
   DIR Protestwelle und Sportevents in den USA: Normalisierung von Faschismus
       
       Klub-WM und Gold Cup starten parallel zu den massiven Protesten in Los
       Angeles gegen die US-Regierung. Wo aber bleibt aber die Kritik aus dem
       Sport?
       
   DIR Proteste in Los Angeles: Berufungsgericht erlaubt Trumps Übernahme der Nationalgarde​
       
       Der US-Präsident schickte gegen den Willen des kalifornischen Gouverneurs
       Soldaten nach L.A. Die Kontrolle über die knapp 4000 Truppen darf er
       behalten.
       
   DIR Fifa Klub-WM: Wenig Interesse am Milliardenspiel
       
       Das neueste Turnier aus dem Hause Infantino steht vor der Tür. Die Tickets
       für das Auftaktspiel werden immer billiger – trotz Messi.
       
   DIR Fifa-Chef Infantino und Donald Trump: Der Fanboy
       
       Fifa-Chef Gianni Infantino sucht immer wieder die Nähe zu US-Präsident
       Donald Trump. Wegen der vielen Termine mit ihm müssen andere warten.