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       # taz.de -- Fleisch im Supermarkt: Koalition will Tierhaltungs-Kennzeichnung verschieben
       
       > Die Regierungsfraktionen wollen das staatliche Tierhaltungslabel später
       > vorschreiben als derzeit geplant. Die Union will es komplett
       > überarbeiten.
       
   IMG Bild: Sollen die Verbraucher:innen wissen, wie das Tier, das sie essen, gelebt hat? Schweinestall in Baden-Württemberg
       
       Berlin taz | Verbraucher werden wohl doch nicht ab August durch eine
       verpflichtende [1][Kennzeichnung von „frischem“ Schweinefleisch] erfahren,
       wie das Tier gehalten worden ist. Denn die Regierungsfraktionen CDU/CSU und
       SPD haben am Freitag einen Gesetzentwurf in den Bundestag eingebracht,
       wonach die Pflicht zur Angabe der Haltungsform erst ab März 2026 gelten
       soll.
       
       Nach dem von der Ampelkoalition beschlossenen
       „[2][Tierhaltungskennzeichnungsgesetz]“ hätte das Fleisch ab 1. August 2025
       das neue Logo tragen müssen. Erklärtes Ziel des damaligen Agrarministers
       Cem Özdemir (Grüne) war es, dass die Konsumenten leichter tierfreundlichere
       Produkte auswählen können, dieses Fleisch deshalb öfter gekauft wird und am
       Ende mehr Tiere artgerechter gehalten werden. Das schwarz-weiße Label mit
       fünf Stufen von „Stall“ über „Auslauf/Weide“ bis „Bio“ sollte sich zunächst
       nur auf die Mast von Schweinen und unverarbeitetes „frisches“ Fleisch im
       Handel beziehen, später aber auch andere Lebensabschnitte, Tierarten,
       Produkte und die Gastronomie erfassen.
       
       Özdemirs Nachfolger, Alois Rainer (CSU), begründete die Verschiebung jetzt
       damit, dass die Länder um mehr Zeit gebeten hätten, das Gesetz umzusetzen.
       Ihre Behörden müssen die Höfe registrieren und überwachen. „Die Zeit wollen
       wir ihnen geben, damit es dann auch ordentlich vom ersten Tag an
       funktioniert“, sagte der Minister. Freiwillig könne das Fleisch aber schon
       vor März 2026 gekennzeichnet werden. Der SPD-Abgeordnete Jens Behrens
       führte an, die Verschiebung betrage nur 7 Monate.
       
       Die Grüne Zoe Mayer warf der Union und ihren Landesministerien vor, alles
       getan zu haben, „dass dieses Projekt sich verzögern muss“. Das würde gerade
       die Planungssicherheit konterkarieren, auf die sich CDU und CSU sonst gern
       beriefen. Ina Latendorf von der Linken bezeichnete die Verschiebung als
       „nachvollziehbar“, auch wenn sie schon lange auf die Probleme bei der
       Umsetzung hingewiesen habe. Der AfDler Julian Schmidt begrüßte die
       Verschiebung, weil das Vorhaben in seiner jetzigen Form nur mehr
       „Bürokratie und Kontrollen“ bringe.
       
       ## Privates Label ist schon weiter
       
       Nach der Verschiebung will die Union das Gesetz „vom Kopf auf die Füße
       stellen“, wie der CDU-Abgeordnete Benedikt Büdenbender sagte. „Zum Beispiel
       sollte das Verbot des Downgradings entfallen“. Es sollte erlaubt sein,
       Fleisch aus einer höheren Haltungsform in einer niedrigeren zu verkaufen.
       Büdenbender kritisierte zum Beispiel, dass Fleisch aus dem Ausland nach dem
       jetzigen Gesetz nicht gekennzeichnet werden müsse. Er wandte sich auch
       dagegen, dass Ferkel, die im Ausland ohne Betäubung kastriert und dann in
       Deutschland gehalten werden, am Ende in einer hohen Haltungsstufe
       vermarktet werden dürften. Der Christdemokrat ergänzte, es gebe schon
       private Initiativen wie die „Haltungsform“-Kennzeichnung. „Diese Systeme
       werden wir jetzt klug integrieren“, so Büdenbender.
       
       „Bei den teilnehmenden Lebensmitteleinzelhändlern deckt die
       privatwirtschaftliche ‚Haltungsform‘ über 90 Prozent der Ware bereits ab,
       die mit der staatlichen Kennzeichnung versehen werden soll“, teilte ein
       Sprecher der Initiative der taz mit. Diese Unternehmen hätten einen Anteil
       von ungefähr 80 bis 85 Prozent des Gesamtmarktes des
       Lebensmitteleinzelhandels. „Fazit: die allermeisten Produkte im
       Lebensmitteleinzelhandel werden durch das privatwirtschaftliche System
       bereits abgedeckt.“ Nicht dabei sei aber zum Beispiel das
       Fleischerhandwerk.
       
       6 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Gesetz-zur-Kennzeichnung-der-Tierhaltung/!5937724
   DIR [2] https://www.gesetze-im-internet.de/tierhaltkennzg/BJNR0DC0A0023.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Jost Maurin
       
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