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       # taz.de -- Nachtflüge in Hannover: Gutachter finden Fluglärm zumutbar
       
       > Das Wirtschaftsministerium hat ein neues Fluglärmgutachten vorgestellt.
       > Bürgerinitiativen, die für ein Nachtflugverbot kämpfen, überzeugt das
       > nicht.
       
   IMG Bild: Belastet die Anwohner: Flugverkehr in Hannover
       
       Hannover taz | Es ist der Versuch, die in Hannover und Umgebung seit Jahren
       schwelende Debatte um den nächtlichen Fluglärm auf eine solide Zahlenbasis
       zu stellen. Am Montag hat das Wirtschaftsministerium das erste Gutachten
       zum Nachtflugverkehr am Flughafen Hannover vorgestellt – in diesem Teil
       ging es vor allem um die Lärmbelastung.
       
       Zu der Präsentation eingeladen waren die Bürgerinitiativen gegen den
       Fluglärm aus der Umgebung, die betroffenen Umlandkommunen, die
       wirtschaftspolitischen Sprecher der Landtagsfraktionen und Vertreter der
       Betreibergesellschaft. Vor allem die Vertreter der Bürgerinitiativen waren
       mit den Ergebnissen des Gutachtens aber alles andere als glücklich. Das
       lautet in der Quintessenz nämlich schlicht: eigentlich alles im grünen
       Bereich.
       
       Ausführlich referierten die drei Gutachter – Ulrich Hösch als Fachanwalt
       für Verwaltungsrecht, Thomas Penzel als Wissenschaftlicher Leiter
       Schlafmedizin an der Charité und der Geophysiker Markus Petz – die
       rechtlichen und lärmmedizinischen Grundlagen für ihre Bewertung und die
       aktuellen Messergebnisse in der Region.
       
       Ihr Ergebnis: Mit der Einrichtung der Nachtschutzzone und den baulichen
       Schallschutzmaßnahmen, die in den vergangenen Jahrzehnten dort gefördert
       wurden, lässt sich die Belastung auf ein Maß drücken, das in naher Zukunft
       keine Gesundheitsgefährdung erwarten lässt.
       
       ## Die WHO ist strenger
       
       Weil der Flughafen über eine bestehende Betriebsgenehmigung verfügt, wäre
       eine solche erhebliche Grundrechtsgefährdung aber die Bedingung für eine
       Einschränkung oder Aufhebung der Genehmigung. Das sind andere rechtliche
       Bedingungen als sie etwa bei einer Erweiterung des Flughafens oder einem
       Neubau gelten würden.
       
       Die Fluglärm-geplagten Vertreter der Bürgerinitiativen haben natürlich vor
       allem Zweifel an den zu Grunde gelegten Grenzwerten. In ihren Augen hätte
       das Fluglärmschutzgesetz (FluLärmG) schon längst überarbeitet werden
       sollen.
       
       Sie berufen sich auf die erheblich strengeren Leitlinien der
       Weltgesundheitsorganisation (WHO) zum Umgebungslärm. Die berücksichtigen
       allerdings auch nicht, was viele Betroffene als besonders belastend
       empfinden: einzelne Überflugereignisse, die ein Aufschrecken aus dem Schlaf
       wahrscheinlich machen.
       
       Das gehört zu den grundsätzlichen Schwierigkeiten bei der Bemessung dieser
       Art von Lärmimmission: Man muss einerseits die Dauerbelastung
       einkalkulieren und andererseits die Schallspitzen, die sich dann auch noch
       sehr unterschiedlich auswirken – je nach Schlafphase und/oder individueller
       Empfindlichkeit.
       
       Bis zu 24-mal wacht jeder Mensch nachts auf, referiert der Schlafmediziner.
       Weil man meist gleich wieder einschläft, erinnert man sich am nächsten Tag
       aber nicht daran. Das sieht aber eben anders aus, wenn man aufwacht und
       sich über Fluglärm ärgert.
       
       Das Gutachten geht von 60 Dezibel (dB(A)) als Schwelle zur
       Gesundheitsgefährdung aus. Bei 55 dB (A) kombiniert mit sechs oder mehr
       Maximalpegeln von 72 dB(A) geht es von einer erheblichen Belästigung aus.
       Alles unter 45 dB(A) gilt als vertretbar. Die WHO empfiehlt 40 dB(A).
       
       Dass schon [1][ab dieser Schwelle gesundheitliche Beeinträchtigungen]
       auftreten, sei aber nicht erwiesen, argumentieren die Gutachter. Wenn man
       außerdem den passiven Schallschutz berücksichtigt, kämen bei 40 dB(A)
       nachts außen selbst bei einem gekippten Fenster im Inneren des
       Schlafzimmers nur noch 25 dB(A) an – das übertönt kaum die üblichen
       Lärmquellen wie Schlafgeräusche oder das Ticken des Weckers.
       
       Mit dem „Weiter so“, das sie aus diesem Gutachten lesen, sind also weder
       die Vertreter der Bürgerinitiativen noch der Grünen so richtig glücklich.
       Sie können nun noch Einwände und Ergänzungsfragen schriftlich formulieren,
       die dann in das Gutachten einfließen sollen.
       
       ## Ein wirtschaftliches Gutachten folgt
       
       Bald wird dann zudem das Gutachten Nummer zwei ausgeschrieben. Das soll
       sich mit der betriebswirtschaftlichen Bedeutung des Nachtflugverkehrs für
       das Geschäftsmodell des Flughafens Hannover befassen.
       
       Die Flughafenbetreiber argumentieren bisher nämlich stets, dass eine
       [2][Einschränkung des Nachtflugverkehrs] ruinös wäre – immerhin handelt es
       sich hierbei praktisch um das zentrale Alleinstellungsmerkmal des
       Flughafens Hannover. An allen anderen Flughäfen in Norddeutschland gelten
       [3][Nachtflugverbote].
       
       Wenn auch dieses Gutachten vorliegt, soll noch einmal ein Dialog zwischen
       der Flughafengesellschaft und dem Flughafenumfeld initiiert werden, erklärt
       das Wirtschaftsministerium. Ziel sei es, Verbesserungen [4][für die
       Fluglärmbetroffenen] zu schaffen, ohne die wirtschaftliche
       Leistungsfähigkeit des Flughafens zu gefährden.
       
       23 Jun 2025
       
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