URI: 
       # taz.de -- Volksentscheide in Berlin: Den Willen der Mehrheit kann man nicht ignorieren
       
       > Die schwarz-rote Koalition in Berlin handelt mit ihren Plänen für
       > Vergesellschaftungen und das Tempelhofer Feld gegen den Willen der
       > Berliner*innen.
       
   IMG Bild: Die Berliner*innen lieben das Tempelhofer Feld – und wollen sich ihre Freifläche nicht nehmen lassen
       
       Wer die Spielregeln selbst mitbestimmen kann, weiß das System insgesamt
       mehr wertzuschätzen, lautet ein gängiges Argument für direkte Demokratie.
       Wenn es danach geht, dürften die Berliner*innen nur noch wenig
       Wertschätzung für die derzeitige politische Ordnung übrig haben. Denn die
       sieht direkte Demokratie zwar vor – allerdings nur auf dem Papier.
       
       „Mit dem Volksentscheid besteht die Möglichkeit, neue Gesetze zu erlassen,
       bestehende Gesetze zu ändern oder ganz aufzuheben“, heißt es bei der
       [1][Landeszentrale für politische Bildung]. Und sie erwähnt dann auch
       gleich ein Beispiel: „Im Jahr 2014 verhinderte eine Volksabstimmung die vom
       Senat geplante Bebauung des Tempelhofer Feldes.“
       
       Nun, das war einmal. Denn der schwarz-rote Senat interessiert sich weniger
       für den Willen des Volkes als für den der Immobilienlobby. Und die hat ein
       großes Interesse daran, das Tempelhofer Feld in bester Innenstadtlage mit
       hochpreisigen Wohnungen zu bebauen. Und überhaupt kein Interesse daran,
       dass der [2][Volksentscheid zur Enteignung] großer Immobilienunternehmen
       umgesetzt wird.
       
       Also legen CDU und SPD die Axt an die direkte Demokratie: Der
       [3][Volksentscheid zur Nichtbebauung des Tempelhofer Feldes] wird ignoriert
       und der Ideenwettbewerb für eine Neugestaltung des Feldes einfach trotzdem
       durchgezogen. Die am Montag vorgestellten sechs Konzepte sollen als
       Grundlage für weitere Planungen dienen. Doch auch hier spricht sich, wie
       schon in den [4][Dialogwerkstätten zur Zukunft des Feldes] im vergangenen
       Jahr, eine Mehrheit explizit gegen eine Randbebauung aus.
       
       ## Die Quittung gibt's bei der nächsten Wahl
       
       Aber Mehrheiten interessieren CDU und SPD wenig, wenn es darum geht, ihren
       Freunden aus der Immobilienbranche lukrative Aufträge und stabile Renditen
       zu sichern. Obwohl sich vor vier Jahren mehr als eine Million vom
       Mietenwahnsinn geplagte Berliner*innen für die Vergesellschaftung von
       Deutsche Wohnen & Co entschieden haben, [5][verhindert Schwarz-Rot das
       Vorhaben], wo es nur geht. Die „Eckpunkte“ für das
       Vergesellschaftungsrahmengesetz, die am Sonntag als „was ganz Großes, was
       Historisches“, für das „kommende Generationen dankbar sein werden“,
       angepriesen wurden, sind nur ein weiterer Bluff in diesem Spiel auf Zeit.
       
       Doch egal wie despotisch CDU und SPD derzeit auch gegen den Willen der
       Berliner*innen agieren, über kurz oder lang werden sie von Mehrheiten
       eingeholt. 64,3 Prozent haben für das Tempelhofer Feld und 59,1 Prozent für
       Enteignungen votiert. Mehrheiten, von denen CDU und SPD nur träumen können.
       Laut aktuellen Umfragen kommen sie derzeit zusammen gerade einmal auf 39
       Prozent. In einem Jahr wird wieder gewählt. Und die Berliner*innen
       werden sich nicht länger ignorieren lassen.
       
       23 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.berlin.de/politische-bildung/politikportal/politik-in-berlin/wahlen-und-direkte-demokratie/direkte-demokratie/
   DIR [2] https://dwenteignen.de/
   DIR [3] /10-Jahre-Volksentscheid-Tempelhofer-Feld/!6012290
   DIR [4] /Dialogwerkstatt-zum-Tempelhofer-Feld/!6035425
   DIR [5] /Deutsche-Wohnen--Co-enteignen/!6080499
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Marie Frank
       
       ## TAGS
       
   DIR Schwerpunkt Volksentscheid Tempelhofer Feld
   DIR Volksentscheid
   DIR Mietenvolksentscheid
   DIR Deutsche Wohnen & Co enteignen
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin 
   DIR Social-Auswahl
   DIR Identitätspolitik
   DIR Schäfer
   DIR Deutsche Wohnen und Co. enteignen
   DIR Schwarz-rote Koalition in Berlin 
   DIR Wohnungswirtschaft
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Identitätspolitik-Debatte: Wie woke soll es sein?
       
       Ein Sommerspaziergang über das Tempelhofer Feld in Berlin. Mit dem
       aktuellen Backlash gegen emanzipative Identitätspolitik im Hinterkopf.
       
   DIR Schafe auf dem Tempelhofer Feld: Grasen, trampeln, kacken
       
       Hunderte Schafe weiden in Berlin – und sind als Landschaftspfleger nicht
       wegzudenken. Ein Besuch bei Frank Wasem und seiner Herde auf dem
       Tempelhofer Feld.
       
   DIR Deutsche Wohnen & Co enteignen: Rahmen ohne Inhalt
       
       Die schwarz-rote Koalition legt Eckpunkte für ein
       Vergesellschaftungs-Rahmengesetz vor. In Kraft treten soll es 2028. Von
       Anwendung ist nicht die Rede.
       
   DIR Zukunft des Tempelhofer Felds in Berlin: Unverbindliche Ideensammlung
       
       Von Baumpflanzungen bis Randbebauung: Die Siegerentwürfe des Wettbewerbs
       zur Zukunft des Tempelhofer Felds stehen fest. Was daraus folgt, ist
       unklar.
       
   DIR Neues Enteignen-Volksbegehren in Berlin: Alles muss man selber machen
       
       Die Berliner:innen stimmten 2021 für die Enteignung großer
       Wohnkonzerne. Der Senat setzt das nicht um. Nun planen Aktivist:innen
       einen Gesetzentscheid.