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       # taz.de -- Jahresbericht der Meldestelle: „Antiziganismus ist in Deutschland Alltag“
       
       > Die Meldestelle für Antiziganismus hat einen Höchstwert Sinti und
       > Roma-feindlicher Vorfälle registriert. Der Zentralrat vermisst einen
       > Bewusstseinswechsel.
       
   IMG Bild: MIA-Chef Guillermo Ruiz bei der Vorstellung des 3. Jahresberichts zu antiziganistischen Vorfällen in Deutschland
       
       Berlin taz | Ein Junge wird an eine Bank fixiert, geschlagen und dabei
       gefilmt. Eine Frau wird im Hausflur rassistisch beleidigt. In einer
       Großstadt werden Stolpersteine entfernt, die an Opfer des Holocaust
       erinnern. Was diese Fälle eint: Die Betroffenen sind Sinti und Roma. Es
       sind drei von insgesamt 1.678 antiziganistischen Vorfällen, die die
       [1][Melde- und Informationsstelle Mia] für 2024 dokumentiert hat.
       
       „Antiziganismus ist in Deutschland Alltag“, sagte Geschäftsführer Guillermo
       Ruiz bei der Vorstellung [2][des dritten Mia-Jahresberichts] am Montag in
       Berlin. Im [3][Vergleich zum Vorjahr] verzeichnete Mia einen Anstieg von 36
       Prozent, damals wurden 1.233 Vorfälle registriert.
       
       Dies führt Mia nur zum Teil auf die steigende Bekanntheit der 2022
       eingerichteten Stelle zurück. Es gebe immer wieder Hinweise darauf, dass
       das Ausmaß von Antiziganismus im vergangenen Jahr zugenommen habe. Außerdem
       geht Ruiz davon aus, dass es ein „enormes Dunkelfeld“ gebe.
       
       Betroffene sehen sich besonders mit verbaler Stereotypisierung
       konfrontiert, die knapp die Hälfte die Fälle (856) ausmacht. Vorfälle von
       Diskriminierung, also antiziganistisch motivierter Benachteiligung, wurden
       666 Mal erfasst. Romani Rose vom Zentralrat Deutscher Sinti und Roma sieht
       sich bestätigt, „dass die jahrhundertealten Klischees des Antiziganismus in
       der Mitte unserer Gesellschaft bis heute virulent sind“. Ein
       Bewusstseinswechsel habe sich „nur in Ansätzen“ vollzogen.
       
       ## Bildung bildet den Schwerpunkt des diesjährigen Berichts
       
       Dies zeige sich unter anderem im Kontakt mit Behörden, wo jeder fünfte
       Vorfall erfasst wurde (369). Insbesondere bei der Polizei würden Betroffene
       immer wieder eine Täter-Opfer-Umkehr erfahren.
       
       Eine in Teilen feindselige Atmosphäre stellen die Expert*innen auch im
       Bildungsbereich fest, dem diesjährigen Schwerpunkt des Berichts. Hier
       wurden 313 Fälle registriert, in denen Kinder und Jugendliche von
       Mitschüler*innen, teils aber auch von Lehrkräften antiziganistisch
       diskriminiert wurden.
       
       Es gebe jedoch auch positive Entwicklungen. Am 1. April hat ein
       Rechtshilfenetzwerk seine Arbeit aufgenommen, das unter anderem eine
       kostenlose juristische Erstberatung für Betroffene bietet. Zudem habe der
       Presserat in mehreren Fällen antiziganistische Berichterstattung
       missbilligt.
       
       Ruiz begrüßte ausdrücklich, dass mit Michael Brand (CDU) nun doch [4][ein
       neuer Antiziganismusbeauftragter benannt] wurde. Es [5][war zunächst unklar
       gewesen], ob das Amt wegfallen würde, nachdem die schwarz-rote
       Bundesregierung in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart hatte, die Zahl der
       Beauftragten zu halbieren.
       
       Zu den Forderungen, die Mia an die Politik stellt, gehört, die Zukunft der
       Meldestelle zu sichern. Bisher ist die Finanzierung über 2025 hinaus nicht
       geklärt – über den Entwurf des Bundeshaushalts entscheidet am Dienstag das
       Kabinett. Die Verantwortung liege jedoch auch bei den Bundesländern:
       Bislang konnten sechs regionale Meldestellen etabliert werden – [6][zuletzt
       in Schleswig-Holstein]. „Wir hoffen, dass die anderen Bundesländer diesem
       Beispiel folgen“, sagte Ruiz.
       
       23 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.antiziganismus-melden.de/
   DIR [2] https://www.antiziganismus-melden.de/wp-content/uploads/2025/06/MIA-JB-2024.pdf
   DIR [3] /Bericht-zu-antiziganistischen-Vorfaellen/!6014544
   DIR [4] /Antiziganismusbeauftragter-des-Bundes/!6095093
   DIR [5] /Schutz-von-Sinti-und-Roma/!6087369
   DIR [6] /Antiziganismus-in-Schleswig-Holstein/!6091586
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sönke Gorgos
       
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