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       # taz.de -- US-Sanktionen gegen Strafgerichtshof: Kampf um das Völkerstrafrecht
       
       > Die US-Regierung hat Sanktionen gegen vier Richter*innen des
       > Internationalen Strafgerichtshofs verhängt. Von den UN und der EU kommt
       > Kritik.
       
   IMG Bild: Die EU unterstützt den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag
       
       Brüssel afp | Nach der Verhängung von Sanktionen gegen vier Richterinnen
       des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) durch die USA hat der
       UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk deren Aufhebung gefordert. Er sei
       „zutiefst beunruhigt“ über die Entscheidung der US-Regierung, Richter des
       Internationalen Strafgerichtshofs mit Sanktionen zu belegen, erklärte Türk
       am Freitag. Türk forderte „die unverzügliche Überprüfung und Aufhebung
       dieser jüngsten Maßnahmen.“ Auch die EU-Spitzen stellten sich hinter das
       Gericht in Den Haag.
       
       „Angriffe auf Richter wegen der Ausübung ihrer richterlichen Funktionen auf
       nationaler oder internationaler Ebene stehen in direktem Widerspruch zur
       Achtung der Rechtsstaatlichkeit und zum gleichen Schutz aller vor dem
       Gesetz – Werte, für die die USA seit langem eintreten“, erklärte Türk
       weiter.
       
       Derartige Angriffe seien „äußerst schädlich für eine gute Regierungsführung
       und eine ordnungsgemäße Verwaltung des Rechts“, führte der
       Menschenrechtskommissar weiter aus.
       
       Die USA hatten am Donnerstag angekündigt, mögliche Vermögenswerte der vier
       Richterinnen in den USA einzufrieren. US-Außenminister Marco Rubio
       begründete dies mit dem Schutz der Souveränität der USA, Israels und „aller
       anderen Verbündeten“. U[1][S-Präsident Trump hatte bereits im Februar
       Sanktionen gegen den IStGH angeordnet.]
       
       ## Europäische Union stellt sich hinter den IStGH
       
       Zwei der Richterinnen – Beti Hohler aus Slowenien und Reine Alapini-Gansou
       aus Benin – waren an dem Verfahren beteiligt, das zur Ausstellung eines
       [2][Haftbefehls gegen den israelischen Regierungschef Benjamin Netanjahu]
       führte. Der IStGH hatte im November einen Haftbefehl gegen Netanjahu wegen
       Kriegsverbrechen im Gazastreifen erlassen, was beim engen
       Israel-Verbündeten USA auf heftige Kritik stieß. Weder die USA noch Israel
       gehören dem IStGH an.
       
       Die anderen beiden Richterinnen waren an den Verfahren beteiligt, die zur
       Genehmigung einer Untersuchung von Vorwürfen führten, wonach
       US-Streitkräfte während des Krieges in Afghanistan Kriegsverbrechen
       begangen hätten. Bei ihnen handelt es sich um Luz del Carmen Ibáñez
       Carranza aus Peru und Solomy Balungi Bossa aus Uganda.
       
       Die EU unterstütze den IStGH als „Eckpfeiler“ der internationalen Justiz
       „nachdrücklich“, erklärte EU-Ratspräsident António Costa nach der
       Verhängung der Sanktionen im Onlinedienst Bluesky. Costa schrieb, der IStGH
       wende sich „nicht gegen Nationen, sondern gegen Straflosigkeit“. „Wir
       müssen seine Unabhängigkeit und Integrität schützen“, forderte er.
       Rechtsstaatlichkeit müsse „über Machtherrschaft siegen“, mahnte er.
       
       ## Streitpunkt Netanjahu-Haftbefehl
       
       Auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Bluesky,
       die Kommission unterstütze das Gericht „und seine Beamten uneingeschränkt“.
       
       Der IStGH gebe „den Opfern eine Stimme“, erklärte von der Leyen. „Er muss
       frei und ohne Druck handeln können“, forderte sie. Eine Sprecherin
       ergänzte, die EU-Kommission bedauere die Entscheidung der USA „zutiefst“.
       Die Kommission werde den Schutz des Gerichts und seiner Mitarbeiter
       „uneingeschränkt“ unterstützen.
       
       Der IStGH verfolgt seit 2002 besonders schwerwiegende Vergehen wie
       Kriegsverbrechen. Er kann Haftbefehle erlassen, die in den mehr als 120
       Unterzeichnerstaaten des Römischen Statuts – der vertraglichen Grundlage
       des Strafgerichtshofs – gültig sind. Die Vertragsstaaten müssten also etwa
       Netanjahu festnehmen, sobald er ihr Territorium betritt. I[3][m April war
       Ungarn unter Ministerpräsident Viktor Orbán anlässlich eines Staatsbesuches
       von Netanjahu in Budapest aus dem Rom-Statut ausgetreten.]
       
       6 Jun 2025
       
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