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       # taz.de -- Russlands Rückkehr in den Weltsport: Schöne Worte
       
       > Die neue IOC-Chefin Kirsty Coventry wird von Russlands Sportminister
       > plötzlich umschmeichelt. Beliebt ist sie in seinem Land eigentlich nicht.
       
   IMG Bild: Russlands Sportminister Michail Degtjarjow wählt die diplomatische Sprache
       
       „Sie ist ein sehr mutiger Mensch, eine schöne und intelligente Frau.“ Mit
       diesen Worten reagierte der russische Sportminister Michail Degtjarjow auf
       die feierliche Amtseinführung [1][der neuen IOC-Präsidentin Kirsty
       Coventry.] In seinem Statement zum Wechsel an der Spitze des
       Internationalen Olympischen Komitees versuchte Degtjarow, die neue
       Oberolympierin mit allen Mitteln eines russischen Machos zu umschmeicheln.
       
       Schließlich liegt es auch in der Macht von Coventry, der Rückkehr von
       russischen Athletinnen und Athleten in die internationale Sportwelt den Weg
       zu bahnen. „Alle Athleten haben das Recht, an den Olympischen Spielen
       teilzunehmen“, [2][sagte Degtjarjow,] der auch Präsident des Russischen
       Olympischen Komitees ist. „Und wie Frau Coventry selbst einmal sagte: ‚Die
       Möglichkeit, an Olympischen Spielen teilzunehmen, ist kein Privileg,
       sondern das Recht eines Athleten.‘ Deshalb wünschen wir ihr viel Erfolg.“
       
       Ob seine Worte wohl gut ankommen bei Coventry, über die in der russischen
       Sportpresse ansonsten kaum ein gutes Wort zu finden ist, weil sie [3][als
       Wunschkandidatin von Thomas Bach] ins Präsidentinnenamt des IOC gekommen
       ist?
       
       Der Deutsche ist längst vom Liebling Wladimir Putins zu einer Hassfigur
       geworden. Er wird dafür verantwortlich gemacht, dass seit dem Überfall
       Russlands auf die Ukraine im Jahr 2022 keine russischen Staatsinsignien bei
       Olympischen Spielen mehr erlaubt sind, dass russische Athleten mit allzu
       großer Staatsnähe bei internationalen Wettkämpfen der großen Sportverbände
       nicht antreten dürfen.
       
       Dabei hat Bach alles dafür getan, dass die Russen im internationalen Sport
       auch dann noch mitmischen durften, nachdem bekannt geworden war, dass sie
       sich mit totaler Staatsmacht und geheimdienstlicher Unterstützung bei den
       Olympischen Winterspielen von Sotschi an die Spitze des Medaillenspiegels
       gedopt hatten. Es wird ihm nicht mehr gedankt.
       
       ## Norwegen überholt Russland
       
       Zudem steht seit einem Monat fest, dass Russland doch nicht die beste
       Wintersportnation bei dem Spielen von 2014 war. Der Biathlonstaffel der
       Männer wurde Ende Mai die Goldmedaille aberkannt, nachdem alle Einsprüche
       gegen die wegen Doping ausgesprochenen Disqualifikationen des Biathleten
       Jewgeni Ustjugow abgelehnt worden waren. Nun steht Norwegen auf Platz eins
       des Medaillenspiegels.
       
       Derweil macht man sich im russischen Biathlonteam wenig Hoffnung auf eine
       Zulassung für den Weltcup oder gar die Olympischen Winterspiele 2026 in
       Mailand und Cortina d’Ampezzo. Die Skijägerinnen und -jäger aus Russland
       durften nun schon drei Winter lang nicht am Weltcup teilnehmen und wissen
       nicht so recht, wie gut sie nach der erhofften Wiederzulassung wohl
       abschneiden würden.
       
       Viktoria Sliwko ist eine der wenigen im russischen Team, die noch
       Weltcup-Erfahrungen sammeln konnten. Allzu gut schnitt die heute 31-Jährige
       dabei nicht ab. Mehr als zwei Platzierungen in den Punkterängen schaffte
       sie nicht. Den Jüngeren fehlt jede Weltcuperfahrung – und wohl auch das
       richtige Material, um im modernen Biathlon-Sport mithalten zu können.
       
       Waffen und Skier sind weiterentwickelt worden. Und die Russen verwenden
       immer noch fluoridhaltiges Wachs für die Skier, das im Weltcup nicht mehr
       zugelassen ist. Es hat sich also viel verändert in der Zeit der
       Abwesenheit.
       
       Nun ist auch noch Norbert Starke gestorben, der Kölner Biathlon-Fan mit dem
       gezwirbelten Barthaar und den unzähligen Ansteckern auf seinem riesigen
       Hut. Sein Tod wurde auf allen russischen Sportportalen vermeldet.
       Schließlich war der Biathlongroundhopper, der in allen Weltcup-Arenen der
       Welt Wettkämpfe verfolgte, ein großer Freund Russlands. Als er während der
       WM 2011 in Chanty-Mansijsk interviewt wurde, sagte er: „Das sibirische
       Flair tut der deutschen Seele gut.“ [4][In den russischen Nachrufen] auf
       Starke wird das genüsslich zitiert.
       
       26 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Wahlsiegerin-Kirsty-Coventry/!6077145
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   DIR [4] https://www.championat.com/biathlon/article-6062098-skonchalsya-samyj-izvestnyj-biatlonnyj-fanat-norbert-shtarke-on-obezdil-ves-mir-v-shlyape-so-znachkami-i-ochen-lyubil-rossiyu.html
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Andreas Rüttenauer
       
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