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       # taz.de -- Patt bei der Justizministerkonferenz: Keine Mehrheit für die Herkunfts-Analyse von Tatortspuren
       
       > Aus DNA-Spuren von Tatorten die Herkunft der Vorfahren bestimmen? Für den
       > Wunsch aus Bayern und Baden-Württemberg gibt es keine Mehrheit.
       
   IMG Bild: DNA-SequenzAnalyse (genetischer Fingerabdruck) im DNA-Labor des Bayerischen Landeskriminalamtes
       
       Bad Schandau taz | Die Justizministerkonferenz fordert keine Einführung der
       biogeographischen DNA-Analyse von Tatortspuren. [1][Ein Antrag aus Bayern
       und Baden-Württemberg] führte am Freitag zu einem Patt der 16
       Landesjustizminister:innen. Auch die neue Bundesjustizministerin Stefanie
       Hubig (SPD) zeigte sich skeptisch.
       
       Früher durfte bei Tatortspuren nur der Bereich untersucht werden, der keine
       Erbinformationen erhält. Daraus wird bis heute ein DNA-Profil erstellt
       (genetischer Fingerabdruck), das mit den DNA-Profilen von Verdächtigen
       abgeglichen werden kann und extrem genau ist (wenn im Labor sauber
       gearbeitet wurde).
       
       Außerdem kann der genetische Fingerabdruck einer Tatortspur mit der
       DNA-Analyse-Datei des Bundeskriminalamts abgeglichen werden. Dort sind
       inzwischen 790.000 DNA-Profile von verurteilten Straftätern gespeichert.
       Allein im Jahr 2024 konnten auf diesem Wege 24.900 Spuren einer konkreten
       Person zugeordnet werden.
       
       Zunehmend darf aber auch der sogenannte codierende Bereich der DNA von
       Tatortspuren untersucht werden. Seit 2003 darf die Polizei erfahren, ob der
       Spurenleger (und mutmaßliche Täter) ein Mann oder eine Frau war.
       
       [2][Seit 2020 dürfen zusätzlich auch das ungefähre Alter und äußere
       Merkmale (Haut-, Augen- und Haarfarbe)] des Spurenlegers festgestellt
       werden. Diese erweiterte DNA-Analyse ist aber bei weitem nicht so präzise
       wie der Vergleich von zwei genetischen Fingerabdrücken. Sehr blasse Haut
       kann mit 74,4 Prozent Genauigkeit prognostiziert werden, dunkel-schwarze
       Haut mit 95,8 Prozent.
       
       ## Praktisch bedeutungslos
       
       Obwohl bei der Einführung mit tausenden Fällen der erweiterten DNA-Analyse
       pro Jahr gerechnet wurde, hat sich die Technik in der Praxis nicht richtig
       durchgesetzt. Das Bundeskriminalamt hat als Zentralstelle ganze 27
       erweiterte DNA-Analysen gezählt – bundesweit binnen vier Jahren.
       
       Dennoch wollen Bayern und Baden-Württemberg, dass Tatortspuren künftig auch
       auf die biogeografische Herkunft untersucht werden können. Dann könnte
       festgestellt werden, in welcher kontinentalen Region die Vorfahren des
       Spurenlegers gelebt haben. Derzeit können folgende Groß-Regionen
       unterschieden werden: Europa, Naher Osten, Afrika südlich der Sahara,
       Südasien, Ostasien, Ozeanien und Amerika. Als Amerikaner gelten danach aber
       nur die Ureinwohner, was den begrenzten Nutzen andeutet.
       
       ## Erhebliche Kritik aus der Zivilgesellschaft
       
       Im Vorfeld gab es erhebliche Kritik an dem Vorhaben aus der
       Zivilgesellschaft. So hält der linke Anwaltsverband RAV das Konzept für
       „rassistisch“, denn hilfreich sei die Herkunftsangabe nur, wenn sie ein
       seltenes Merkmal wie etwa afrikanische Herkunft betreffe. Europäische
       Herkunft sei dagegen für die Polizei uninteressant, weil sie der Normalfall
       ist.Bei der Justizministerkonferenz, die an diesem Freitag in Bad Schandau
       (Sachsen) endete, ergab sich ein Patt. Die Justizminister:innen von
       CDU und CSU waren für die Einführung der biogeografischen DNA-Analyse, die
       Minister:innen von SPD, Grünen, Linken und FDP waren dagegen. Auch
       Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) äußerte sich sehr
       zurückhaltend. Möglicherweise sei die Technik nur für Einzelfälle relevant.
       Hubig will auf eine Evaluierung aus der Schweiz warten, wo diese
       Ermittlungstechnik bereits zugelassen ist. Doch auch dort gab es bis zum
       Sommer 2024 nur ganze drei Anwendungsfälle.Da der Bund für die
       Strafprozessordnung zuständig ist, müsste der Bundestag die Änderung
       beschließen. Von der Justizministerkonferenz ging nun aber kein Rückenwind
       aus.
       
       6 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Noch-mehr-DNA-Analyse/!6085722
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       ## AUTOREN
       
   DIR Christian Rath
       
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