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       # taz.de -- Umgang mit Lese-Rechtsschreib-Störung: Wer bekommt wann Notenschutz?
       
       > In Hamburg kann eine eng definierte Schülergruppe erstmals Notenschutz
       > bei Klausuren beantragen. Die Elternkammer kritisiert das Verfahren.
       
   IMG Bild: Rechtschreibfehler führen zu Punktabzug. Muss das so sein?
       
       Hamburg taz | Wer bekommt „Notenschutz“? Darum streitet gerade Hamburgs
       Elternkammer mit der Schulbehörde. Denn in diesem Schuljahr gibt es in
       Hamburg erstmals die Möglichkeit, Schüler, die eine
       Lese-Rechtschreib-Störung (LRS) haben, bei den Noten zu schonen. Doch die
       Vorgaben dafür [1][hält die Elternkammer] für einen solchen „Rückschritt“,
       dass sie die „sofortige Aussetzung“ einer [2][neuen Handreichung] fordert.
       
       Im Kern geht es darum, dass es bei der Entscheidung um eine „pädagogische
       und damit schulische“ Sicht ginge und die medizinisch verankerten Begriffe
       wie „[3][Legasthenie]“ und „[4][Dyskalkulie]“ nicht verwendet werden.
       Ärztliche Diagnosen würden zwar, sofern vorhanden, mit einbezogen, doch sei
       die schulische Überprüfung „allein entscheidend für etwaige schulische
       Maßnahmen“.
       
       Ob nun Schüler Bedarf an erleichternden Bedingungen – wie etwa dem
       Schreiben mit Notebook – oder jenen Notenschutz haben, soll allein anhand
       des Hamburger „Schnabeltests“ festgestellt werden. Der Name setzt sich aus
       den Anfängen der Wörter „schreiben, nachdenken, anwenden, behalten,
       erfolgreich lernen“ zusammen. Schüler, die bei diesem Rechtschreibtest zu
       den unteren zehn Prozent gehören und die zuvor ein Jahr lang gefördert
       wurden, erhalten [5][auf Antrag] „Notenschutz“.
       
       „Das Problem ist, dass dieser Test nur bis Jahrgang 8 validiert ist“,
       erklärt Michael Meerstein aus dem Vorstand der Elternkammer. Für ältere
       Jahrgänge fehle der Vergleich. So könne es sein, dass ein Schüler knapp den
       Schutz verfehle, obwohl er eine diagnostizierte LRS hat. Schlechte
       Rechtschreibung führe bei Klausuren und im Abitur zu bis zu zwei Punkten
       Abzug, also fast einer Note.
       
       ## Schulbehörde spricht von Fortschritt
       
       Die Schulbehörde weist die Kritik zurück. „Die Regelungen sind kein
       Rückschritt, im Gegenteil“, sagt Sprecher Peter Albrecht. Denn bis Sommer
       2024 sei Schülern „in keinem Fall“ Notenschutz gewährt worden. Erst jetzt
       sei möglich, dass „Auswirkungen von Schwierigkeiten in den Basiskompetenzen
       Lesen und Rechtschreiben auf die Bewertung des fachlichen
       Leistungsstandards abgemildert werden“. Den Test gebe es seit 20 Jahren,
       der sei bewährt.
       
       Meerstein, Vater von zwei betroffenen Schülern, sagt hingegen: „Eine
       medizinische Diagnose ist immer umfangreicher als ein Schnabeltest. Es
       macht keinen Sinn, diese zu ignorieren.“ Hamburgs Lehrerkammer wiederum
       [6][kritisierte den Notenschutz], da dies keine aktive Hilfe sei. Zudem
       sollte die Beantragung von den Eltern gut überlegt sein, könnte doch der
       Eintrag ins Zeugnis [7][stigmatisierend sein.]
       
       Es sind berechtigte Einwände, doch leider wehrt die Behörde sie ab, wohl
       wegen der Sorge, dann würden allzu viele Erleichterungen zu Unrecht
       gewährt.
       
       Dabei wäre die Lösung doch, auf Punktabzug für Rechtschreibfehler bei allen
       Schülern ganz zu verzichten. Vorausgesetzt, sie korrigieren diese nach
       Rückgabe der Klausur. Das hätte pädagogischen Wert. Denn, wie heißt es so
       schön, aus Fehlern kann man auch wunderbar lernen.
       
       26 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.elternkammer-hamburg.de/2025/06/10/automatisch-gespeicherter-entwurfsofortige-aussetzung-der-handreichung-foerderung-und-unterstuetzung-von-schuelerinnen-und-schuelern-mit-schwierigkeiten-oder-besonderen-schwierigkeiten-im-lesen-recht/
   DIR [2] https://www.hamburg.de/resource/blob/1012052/4080705d3b9a6fd89fe28e94eb501a6a/handreichung-foerderung-und-unterstuetzung-von-schuelerinnen-und-schuelern-data.pdf
   DIR [3] /Legasthenie/!t5644924
   DIR [4] /Dyskalkulie-hat-fatale-Folgen/!5117379
   DIR [5] https://ker51.hamburg.de/2024/09/08/wichtige-information-zum-notenschutz/
   DIR [6] https://www.gew-hamburg.de/themen/schule/2024-07/lehrerinnenkammer-zur-gewaehrung-von-notenschutz
   DIR [7] /Urteil-des-Bundesverfassungsgerichts/!5974904
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Kaija Kutter
       
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