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       # taz.de -- Volksentscheid Berlin autofrei: Wie sinnvoll wäre das?
       
       > Der Gesetzentwurf zum Verbot privater Autofahrten in der Berliner
       > Innenstadt ist zulässig. Gleichzeitig lädt er zum kreativen
       > Regelmissbrauch ein.
       
   IMG Bild: Hier dürfte es keine Ausnahmegenehmigung brauchen: Einbuchtung in einem verkehrsberuhigten Kiez in Kreuzberg
       
       So viel steht fest: Das Volksbegehren der Initiative „Berlin autofrei“
       [1][ist von der Verfassung gedeckt]. Der Senat lag falsch mit der
       Einschätzung, der Gesetzentwurf verstoße gegen Grundsätze wie die
       allgemeine Handlungsfreiheit. Der Vollständigkeit halber: Es war [2][ein
       rot-grün-roter Senat, der das Gericht anrief].
       
       Offen bleibt die Frage, wie zielführend und fair es ist, den Autoverkehr
       mit Verboten aus der Innenstadt herauszuhalten. Hier fällt auf, dass auch
       viele AkteurInnen der Mobilitätswende, die das grundsätzliche Anliegen
       teilen, den gewählten Weg nicht freiheraus begrüßen. Da heißt es dann eher,
       das Urteil sei „gut für die Demokratie“ und man freue sich auf die
       politische Debatte.
       
       Der Verband Fuss e. V. warnt davor, den „Autozwang durch Anti-Auto-Zwang“
       zu ersetzen, Changing Cities findet, der „zentrale Hebel“ sei der Ausbau
       der Infrastruktur: Wenn es mit ÖPNV und Rad oder zu Fuß angenehm und sicher
       voranginge, „wären Berlins Straßen schon viel leerer“.
       
       Der Ansatz von Berlin autofrei folgt eben einer ganz anderen Logik – als
       verbesserte man nicht die Software, sondern tauschte das Betriebssystem
       aus. Mit dem Ansatz des stetigen Stadtumbaus, der dann auch die
       Fortbewegungsgewohnheiten verändert – das Prinzip des Mobilitätsgesetzes –,
       ist das Autoverbot schwer vereinbar.
       
       Dabei dürfte die Kritik der Linkspartei immer noch die wichtigste sein: Sie
       fremdelt mit dem „enormen bürokratischen Aufwand“. Mehr Bürokratie klingt
       irgendwie nebensächlich, aber [3][ein Blick in den Gesetzentwurf] lässt
       eine ganze Menge unguter Szenarien aufscheinen.
       
       ## Das große Feilschen um Ausnahmen
       
       So sollen neben Polizeiautos, Bussen, Taxis, Lastwagen oder Betonmischern
       auch viele Berufstätige weiterhin mit Pkw oder Moped auf den Straßen fahren
       dürfen, wenn das für ihren Handwerks- oder Dienstleistungsbetrieb
       unabdingbar ist, oder wenn sie nachts arbeiten. Hier dürfte das große
       Feilschen um Ausnahmen schon beginnen.
       
       Richtig interessant wird es aber bei den privaten Fahrten, von denen
       anfänglich 12 pro Jahr möglich sein sollen – pro NutzerIn, nicht pro
       Fahrzeug. Weil das den Personenkreis deutlich weitet, soll die Anwesenheit
       der NutzerInnen mit „elektronischen Nachweisstellen“ geprüft werden. Und
       das in Berlin! Dass es Ausnahmen für mobilitätseingeschränkte Menschen,
       aber auch für alle gibt, die im öffentlichen Raum Diskriminierung erleben,
       ist richtig, dürfte aber zum kreativen Umgang mit den Regeln einladen.
       
       Und auch das gehört zur Wahrheit: Für viele BerlinerInnen sind Autos immer
       noch eine sinnvolle Mobilitätsergänzung – auch wenn sie vielleicht gar kein
       eigenes haben. Autofahren zum Spaß, aus Statusgründen oder reiner
       Bequemlichkeit ist definitiv Mist, und das schränkt man effektiv durch
       Umbau der Straßen ein.
       
       25 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Verfassungsgericht-ueber-Volksbegehren/!6096567
   DIR [2] /Senat-lehnt-Klima-Volksbegehren-ab/!5855759
   DIR [3] https://volksentscheid-berlin-autofrei.de/gesetz.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Claudius Prößer
       
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