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       # taz.de -- Sachsens Grüne Ex-Ministerin zu CDU-Idee: „Die Rechnung geht so aber nicht auf“
       
       > Das sächsische CDU-Innenministerium findet Gleichstellungsbeauftragte
       > verzichtbar. Katja Meier, ehemalige grüne Ministerin für Gleichstellung,
       > hält davon nichts.
       
   IMG Bild: Vom Gleichstellungsgesetz profitieren Frauen und Männer gleichermaßen
       
       taz: Frau Meier, bis zum Ende letzten Jahres waren Sie noch
       Gleichstellungsministerin in Sachsen. Nun heißt es auf einer Liste aus dem
       CDU-geführten Innenministerium: [1][Ein Verzicht auf Gleichstellungspläne
       sei möglich.] Haben Sie so einen guten Job gemacht? 
       
       Katja Meier: Schön wär’s, wenn wir auf Gleichstellungspläne verzichten
       könnten. Leider sind sie noch immer nötig, weil Gleichstellung eben nicht
       von allein passiert.
       
       taz: Sie sehen das anders? 
       
       Meier: Wir haben vergangenes Jahr mit dem Gleichstellungsgesetz das
       Frauenfördergesetz von 1994 ins 21. Jahrhundert gebracht und die
       Gleichstellung im öffentlichen Dienst gestärkt. Zum Beispiel mit Regelungen
       zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie – [2][davon profitieren übrigens
       Frauen und Männer gleichermaßen]. Außerdem haben wir die
       Gleichstellungsbeauftragten gestärkt und die Gleichstellungspläne
       verbindlich gemacht. Und auch die Kommunen müssen nun schon ab einer
       geringeren Einwohner:innenzahl kommunale Gleichstellungsbeauftragte
       bestellen: früher lag die Grenze bei 20.000, jetzt liegt sie bei 17.000. In
       Sachsen gibt es jetzt 41 hauptamtliche Gleichstellungsbeauftragte.
       
       taz: In einem Papier des Innenministeriums führt es nun 66 „Vorschläge für
       Gesetzesänderungen“ aus, die die Kommunen entlasten sollen. Dort geht es
       auch um die Gleichstellungsbeauftragten. Was hat das Innenministerium denn
       vor? 
       
       Meier: Es geht um zweierlei: einerseits um die Gleichstellungsbeauftragten,
       die in die Verwaltung in den Kommunen hineinwirken. Sie sollen aus dem
       Geltungsbereich des Gleichstellungsgesetzes ausgenommen werden. Und
       andererseits geht es um die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten, die
       sich für die Gleichstellung vor Ort in den Kommunen oder Landkreisen
       einsetzen. Für sie hat das Innenministerium zwei Varianten skizziert:
       Entweder soll die Schwelle wieder angehoben werden, ab wann sie
       hauptamtlich eingesetzt werden, oder die Pflicht zur Bestellung einer
       Gleichstellungsbeauftragten soll gleich ganz abgeschafft werden.
       
       taz: Laut Innenministerium arbeiten in der kommunalen Verwaltung überall
       mehr Frauen als Männer. Warum braucht es dort Gleichstellungsbeauftragte? 
       
       Meier: Wenn man nur auf die nackten Zahlen schaut, stimmt das. Nur ist es
       halt wie überall im öffentlichen Dienst: Wir haben einen hohen Frauenanteil
       von mehr als 60 Prozent. Aber wenn wir uns die Leitungspositionen
       anschauen, da finden wir eben nicht im gleichen Maße Frauen.
       
       taz: Die Kommunen in Sachsen müssen sparen. Wenn sie keine
       Gleichstellungsbeauftragten stellen würden, wäre das doch eine gute
       Entlastung. 
       
       Meier: Die Rechnung geht so aber nicht auf. In den nächsten Jahren gehen
       viele Beschäftigte in Sachsen in den Ruhestand, die demographische
       Belastung ist hoch. Die Kommunen müssen deshalb schauen, dass sie attraktiv
       für Frauen und junge Familien sind. Und dafür sind natürlich die kommunalen
       Gleichstellungsbeauftragten gut, als Ansprechpartner:innen, wenn es etwa um
       die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, um Kita-Plätze, um häusliche
       Gewalt geht oder die Busanbindung für Frauen im Schichtdienst schlecht ist.
       
       taz: In den Vorschlägen auf dem Papier des Innenministeriums geht es ja
       auch um Bürokratieabbau, dagegen hat doch niemand etwas. 
       
       Meier: Nicht alle Vorschläge sind schlecht. Aber die zu den
       Gleichstellungsbeauftragten sind es. Sowohl das Grundgesetz als auch die
       sächsische Verfassung verpflichten den Staat, die Gleichstellung von Frauen
       und Männern aktiv zu unterstützen. Die Gleichstellungsbeauftragten sind
       eine konkrete Maßnahme dafür. Ihre Abschaffung wäre kein Bürokratieabbau,
       sondern würde wichtige Strukturen abbauen. Das ist ein fatales Signal. Ich
       bin froh, dass sich die Gleichstellungsbeauftragten sehr schnell
       zusammengetan haben, um der Landesregierung deutlich zu machen, was das
       bedeuten würde.
       
       taz: Sie haben ja selbst fünf Jahre Erfahrung als Koalitionspartnerin der
       CDU in der Regierung gesammelt. Wieso ist denn die Idee,
       Gleichstellungsbeauftragte zu reduzieren oder zu streichen, auf dieser
       Liste des Innenministeriums gelandet? 
       
       Meier: Ich habe den Eindruck, da hat jemand erstmal eine Liste mit allen
       möglichen Ideen zusammengestellt. Die wurde dann veröffentlicht, ohne dass
       jemand aus der Ministeriumsspitze noch einmal politisch draufgeschaut hat.
       Und dass diese Liste ohne Kenntnis der zuständigen Sozialministerin und
       stellvertretenden Ministerpräsidentin Petra Köpping von der SPD in die Welt
       geschickt wird, zeigt, wie [3][diese Koalition] arbeitet.
       
       11 Jun 2025
       
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