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       # taz.de -- Solidaritäts-Aktion gegen Hungersnot: Keine Ankunft in Gaza
       
       > Israel kapert das Hilfsschiff mit Greta Thunberg an Bord und verschleppt
       > die Besatzung an Land. Die Aktivisten sprechen von „Entführung“.
       
   IMG Bild: Greta-Unterstützer diskutieren am Montag am Hafen von Ashdod mit einem Greta-Gegner. Die Aktivisten sollen dort hingebracht werden
       
       Jerusalem taz | Die Reise des Hilfsschiffes, mit der die schwedischen
       Aktivistin Greta Thunberg und ihrer Mitstreiter*innen die Seeblockade
       um Gaza brechen wollte, ging am Montag zu Ende. „Wenn ihr dieses Video
       seht, sind wir von israelischen Streitkräften in internationalen Gewässern
       abgefangen und entführt worden“, sagte Thunberg in einer voraufgezeichneten
       Videobotschaft, die auf Facebook veröffentlicht wurde.
       
       Laut den letzten Videos der Aktivist*innen vor dem Kontaktabbruch soll
       das Schiff von Schnellbooten der israelischen Marine umgeben und mit einem
       chemischen Stoff besprüht worden sein, ehe die Militärs an Bord kamen. Das
       Schiff „Madleen“ war am 1. Juni vonSizilien aus in See gestochen, um
       Hilfsgüter in den Gazastreifen zu bringen und Aufmerksamkeit auf die
       katastrophale humanitäre Lage in Gaza zu lenken. Israels Außenministerium
       schrieb am frühen Morgen auf X, Thunberg sei derzeit sicher und frohgemut
       auf dem Weg nach Israel, und postete ein Bild der Aktivistin, auf dem ihr
       ein*e israelische*r Soldat*in ein Brötchen reicht. Später teilte es
       mit, die „Selfie-Jacht“ fahre gerade in Richtung Israel, die Passagiere
       würden so schnell wie möglich in ihre Heimatländer zurückgebracht. Die
       Hilfsgüter an Bord will die Regierung nach Gaza senden, behauptet sie.
       
       Die NGO Freedom Flotilla Coalition, die die Reise mitorganisiert hat, wirft
       Israel vor, das Schiff unrechtmäßig in internationalen Gewässern abgefangen
       und seine Besatzung entführt zu haben. „Israel hat keine legale Autorität,
       um die internationalen Ehrenamtlichen an Bord des Madleen festzunehmen“, so
       der Verein. Die israelische NGO Adalah schloss sich dem an und schrieb, das
       Schiff habe sich nicht in israelischen Gewässern befunden und sein Kurs
       steuerte auf eine Route, die unter palästinensischer Seehoheit steht. Die
       israelische Regierung ließ eine Presseanfrage diesbezüglich unbeantwortet.
       
       ## Unterstützer*innen protestieren in Aschdod
       
       Am frühen Montagnachmittag waren die Aktivist*innen noch nicht in der
       Hafenstadt Aschdod angekommen. Das teilte ein Sprecher von Adalah auf
       Nachfrage der taz mit. Dort hatte sich laut Medienberichten bereits ein
       kleiner Protest von Unterstützer*innen gebildet. Ein Sprecher des
       Premierministerbüros umging die Frage, ob Thunberg und ihre
       Mitstreiter*innen nun in Abschiebehaft genommen werden.
       
       Israels Verteidigungsminister Israel Katz hat angekündigt, dass die
       Aktivist*innen bei ihrer Ankunft in Israel gezwungen sein werden, ein
       Video des Massakers durch die Hamas am 7. Oktober zu schauen. Die
       „antisemitische Greta und ihre Hamas-Mitunterstützer*innen“ sollten sehen,
       wer die Hamas ist, „die sie unterstützen“, schrieb er auf X.
       
       Online hatte die Aktion vor allem kritische Kommentare unter israelischen
       Nutzer*innen hervorgerufen. So schrieb eine Nutzerin unter einem
       entsprechenden Artikel: „Diese Flotilla hat kein Recht, da hin zu fahren,
       nur um Probleme zu verursachen. Es gibt eine organisierte Essensausgabe für
       die Menschen in Gaza – es sei denn, die Hamas klaut es von seinem eigenen
       Volk.“ Ein junger Mann, der anonym bleiben möchte, sagte der taz: „Ich
       glaube, dass es mehr PR war, als eine echte, strategische Aktion von
       humanitärer Hilfe.“
       
       ## Der „hungrigste Ort der Welt“
       
       Im Gazastreifen herrscht nach UN-Angaben das hohe Risiko einer Hungersnot.
       „Gaza ist der hungrigste Ort der Welt“, sagte kürzlich der Sprecher des
       Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten Jens Laerke. Die
       Vereinten Nationen werfen Israel vor, humanitäre Hilfe nach Gaza zu
       behindern. Israel hat die Anschuldigungen bestritten und nach zweieinhalb
       Monaten Hilfsblockade ein neues Verteilungssystem mit einer umstrittenen
       Privatorganisation ins Leben gerufen. Bei der Essensausgabe kam es in den
       vergangenen Tagen mehrfach zu Schüssen, Verletzten und Toten.
       
       9 Jun 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Serena Bilanceri
       
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