# taz.de -- Tusk gewinnt Vertrauensfrage: Jetzt müssen die Demokraten zur Besinnung kommen
> Statt das Narrativ der Rechtspopulisten zu übernehmen, sollten die
> demokratischen Staaten der EU Polen dabei helfen, demokratisch zu
> bleiben.
IMG Bild: Der polnische Premier Donald Tusk gewann die Vertrauensfrage. Ausruhen kann er sich auf diesem Sieg allerdings nicht
Natürlich ist es begrüßenswert, dass der polnische Premier Donald Tusk und
seine proeuropäische Viererkoalition die [1][Vertrauensabstimmung im
Parlament gewonnen haben]. Doch der vor gut zehn Tagen frisch gewählte
Präsident [2][Karol Nawrocki] kündigte bereits an, dass er die
Boykottpolitik seines Vorgängers, des rechtspopulistischen Präsidenten
Andrzej Duda, fortsetzen werde. In einer solchen Situation wäre es gut,
wenn sich die demokratischen Staaten in der EU mit der Tusk-Koalition
solidarisierten. Andernfalls wird genau das passieren, was kein Demokrat
wollen kann: Im permanenten Wahlkampf, den Jarosław Kaczyński, der mächtige
Parteichef der nationalpopulistischen Recht und Gerechtigkeit (PiS),
bereits ausgerufen hat, wird Tusk das Narrativ der Demokratiezerstörer
aufgreifen und zumindest teilweise zu seiner eigenen Agenda machen.
Im Fall der Migration ist das bereits jetzt der Fall. In seiner
Regierungserklärung erläuterte Tusk zwar ausführlich, welche Ausländer die
deutsche Regierung unter Friedrich Merz nach Polen abschieben wolle, doch
er kündigte auch an, dass seine Regierung in wenigen Wochen die
deutsch-polnische Grenze zumindest teilweise schließen werde, sollte
Deutschland weiterhin die Schengen-Regeln missachten. Er habe dies bislang
nicht getan, weil im Grenzgebiet Hunderttausende Pendler lebten – Deutsche
wie Polen –, deren Alltag dadurch stark beeinträchtigt würde.
Um den „starken Mann“ zu markieren, den es laut PiS nur unter
PiS-Politikern gebe, und um die „Sicherheit des Landes“ zu gewährleisten,
setzte Tusk bereits das Menschenrecht auf Asyl an der
polnisch-belarussischen Grenze außer Kraft. Wenn die [3][demokratischen
Politiker Kanzler Merz und Premier Tusk] nicht rechtzeitig zur Besinnung
kommen, werden sie über kurz oder lang das Schengen-Recht auf Freizügigkeit
aushebeln. Die Reisefreiheit aller EU-Bürger könnte massiv eingeschränkt
werden, um diese vor angeblich „kriminellen“ und „illegalen“ Menschen aus
Afrika und Asien zu schützen.
Dahinter steht jedoch keine Überzeugung, sondern die Unfähigkeit, den
Argumenten der rechtsextremen Parteien AfD und PiS eine europäisch
abgestimmte Politik entgegenzusetzen. Dabei gibt es ein Mittel gegen die
permanente Lüge der Populisten. Es ist – ganz banal, aber auch unerbittlich
und hart: die Wahrheit.
12 Jun 2025
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## AUTOREN
DIR Gabriele Lesser
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