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       # taz.de -- Afrikanisches Jazzalbum über New Orleans: Vom Mischen der Zutaten
       
       > Der senegalesische Musiker Alune Wade denkt mit seinem Album „New African
       > Orleans“ von Westafrika aus laut über die US-Jazzmetropole New Orleans
       > nach.
       
   IMG Bild: Alune Wade auf einem Sammeltaxi in Dakar
       
       Duke Ellington, Taj Mahal, Beyoncé: Die Liste von US-Musiker*innen, die
       sich mit den vielfältigen Traditionen des afrikanischen Kontinents
       auseinandergesetzt haben, ist lang. Die umgekehrte Perspektive wirkt
       hingegen weniger präsent, obwohl seit Langem auf der anderen Seite des
       Ozeans auch eine intensive Beschäftigung mit den Sounds und Trends in den
       USA stattfindet.
       
       So entwickelte der Gitarrist King Sunny Adé die Juju-Musik seiner
       nigerianischen Heimat Anfang der 1980er Jahre weiter, i[1][ndem er ihre
       Signatur um die Sounds der Pedal-Steel-Gitarre anreicherte, einem
       Instrument also, das zum festen Bestand des US-Country] gehört.
       
       Die wechselseitigen Einflüsse über den Schwarzen Atlantik verfolgt auch
       Alune Wade. Auf seinem neuen Album „New African Orleans“ geht der in Dakar
       aufgewachsene und in Paris lebende senegalesische Bassist und Sänger zum
       Ursprungsort des Jazz und interpretierte seine Geschichte aus dem Geist des
       Afrobeat neu.
       
       ## Son, Rumba und Chaabi
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass der 47-Jährige den kulturellen Austausch
       zwischen musikalischen Metropolen zum Ausgangspunkt nimmt. Auf seinem Album
       „Havana –Paris– Dakar“ verband er 2015 kubanischen Son und [2][Rumba] (die
       es auch im Kongo gibt) mit der Chaabi-Musik Nordafrikas.
       
       Dafür versammelte er hochkarätige Kolleg*innen wie den kubanischen
       Pianisten Harold López-Nussa, den österreichischen Gitarristen Wolfgang
       Muthspiel und den Perkussionisten Aziz Sahmaoui aus Marokko sowie die
       portugiesische Gitarristin und Sängerin Sara Tavares.
       
       Auch auf seinem neuen Album bringt Aluna Wade Musiker*innen aus
       verschiedenen Kontexten miteinander in den Dialog. [3][Aus New Orleans
       stammt dabei etwa Schlagzeuger Herlin Riley,] der zum Umfeld von
       Jazztraditionalist Wynton Marsalis gehört, aus Nigeria kommt Olaore
       Muyiwa Ayandeji an der Sprechtrommel. Und ein Wandler zwischen den Welten
       wie der US-ghanaische Djembe-Spieler Weedie Braimah ist ebenfalls mit von
       der Partie.
       
       ## Bis der Groove Blasen wirft
       
       Die elf Stücke auf „New African Orleans“ enthalten eine Reihe von
       Coverversionen. [4][Ein Standard aus der Mythologie von New Orleans ist
       etwa „Gris-Gris Gumbo Ya Ya“, das der Pianist Dr. John sich 1968] auf den
       Leib geschrieben hat. Wade lässt es auf kleiner Flamme gemächlich vor sich
       hin köcheln, bis der Groove Blasen wirft.
       
       Auf die okkulte Seite der Stadt verweist „Voodoo Child“ von Jimi Hendrix
       mit mächtigen Bläsersätzen und Gesang in der westafrikanischen Sprache
       Wolof. Die Jazzgeschichte wiederum repräsentiert Herbie Hancocks Klassiker
       „Watermelon Man“.
       
       Wade kreuzt den modernen Standard mit der Breakbeatnummer „Soul Makossa“
       des Saxofonisten Manu Dibango aus Kamerun und haucht ihm damit neues Leben
       ein. Während diese Lieder dynamisiert werden, zerdehnt Wade [5][Fela Kutis
       „Water No Get Enemy“] und verwandelt das westafrikanische Stück in eine
       melancholische Hymne an die Menschlichkeit.
       
       ## Vom Kongoriver zum Mississippi-Strom
       
       Ergänzt werden diese programmatischen Setzungen durch Eigenkompositionen
       von Alune Wade wie „From Congo to Square“, einer Geschichtsstunde über die
       Entwicklung von Blasmusik vom Kongo-Fluss über den Atlantik bis zum
       Mississippi-Strom.
       
       Pulsierenden Afrobeat gibt es in „Same Fufu“, ein Loblied auf die
       verbindende Kraft des Essens, das sich als Gleichnis auf die Musik
       verstehen lässt. Denn bei beiden Kulturtechniken geht es nicht um eine
       vermeintliche Homogenität, sondern um ein ständiges Mischen von Zutaten,
       seien es Kräuter und Gewürze oder Klänge und Rhythmen: Hauptsache, es
       schmeckt – oder klingt gut!
       
       19 Jun 2025
       
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