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       # taz.de -- Nach Angriff auf den Iran: Was Israels Attacke für Öl, Gas und Inflation bedeutet
       
       > Börsen sacken ab, der Ölpreis schießt aus Furcht vor Engpässen in die
       > Höhe. Was heißt die Attacke Israels auf den Iran für die Weltwirtschaft?
       
   IMG Bild: Aus Furcht vor Versorgungsengpässen schoss der Ölpreis in die Höhe
       
       Berlin rtr | [1][Israels Angriff auf den Iran] hat auch erhebliche
       wirtschaftliche Folgen: Während die Aktienbörsen in Europa und Asien auf
       Talfahrt gingen, schoss der Ölpreis aus Furcht vor Versorgungsengpässen in
       die Höhe. Gefragt waren die als sichere Häfen angesteuerten Anlagen Gold,
       Anleihen und der Dollar. Gleichzeitig wertete der US-Dollar auf, Anleger
       flüchten in Staatsanleihen. Die heftigsten Reaktionen gibt es beim Ölpreis:
       Die Nordseesorte Brent verteuerte sich am Freitag zeitweise um neun Prozent
       auf 75,60 Dollar je Barrel – der Deutschen Bank zufolge der stärkste
       Anstieg seit der Corona-Krise im Mai 2020. US-Öl WTI verteuerte sich in der
       Spitze um 14,1 Prozent auf 77,62 Dollar je Fass, den höchsten Stand seit
       Ende Januar. Was hat das für Folgen für Inflation und den Zinskurs der
       Zentralbanken?
       
       Warum steigt der Ölpreis so stark an? 
       
       An den womöglich beeinträchtigten [2][iranischen Ölexporten] allein liegt
       es nicht. Sie belaufen sich dem Bankhaus Metzler zufolge lediglich auf 1,6
       Millionen Barrel pro Tag – wobei der größte Teil davon nach China geht.
       „Ein Ausfall könnte vom globalen Ölmarkt wohl zunächst verkraftet werden“,
       sagen deshalb die Metzler-Analysten Leon Ferdinand Bost und Uwe Hohmann.
       Allerdings: „Man muss nun auch befürchten, dass andere Ölförderanlagen der
       Region unter Beschuss geraten, sollte sich aus dem Angriff ein größerer
       Konflikt entwickeln“, betont der Chef-Marktanalyst des Finanzhauses CMC
       Markets, Jochen Stanzl.
       
       Was ist die größte Gefahr? 
       
       Eine Schließung der [3][Straße von Hormus] durch den Iran. Durch die
       Meerenge, die den Persischen Golf mit dem Golf von Oman verbindet, geht
       etwa ein Fünftel der weltweiten Öltransporte. Rund 21 Millionen Barrel
       Rohöl werden hier täglich transportiert, sagen Analysten. „Noch
       gravierender fällt die Abhängigkeit bei LNG aus“, warnen die
       Metzler-Experten. Etwa ein Viertel der weltweiten Lieferströme des
       verflüssigten Erdgases (LNG) geht durch die Meerenge. Der Iran hat im Falle
       eines Angriffs immer wieder mit der Blockade der Meerenge gedroht.
       
       Was wären die Folgen? 
       
       Der Ölpreis könnte massiv steigen. Das wiederum dürfte die weltweite
       Inflation befeuern. „Mit dem Angriff Israels auf den Iran steigt die
       Wahrscheinlichkeit einer globalen Stagflation“, warnt der Chefvolkswirt der
       Hamburg Commercial Bank, Cyrus de la Rubia vor einer Mischung aus
       stagnierender Weltwirtschaft bei hoher Inflation. Die Ölpreise könnten in
       einem derartigen Szenario vermutlich auf 100 US-Dollar steigen, sagen
       Händler.
       
       Können andere Länder einspringen? 
       
       Theoretisch schon. Ein Problem ist jedoch, dass mit Saudi-Arabien und den
       Vereinigten Arabischen Emiraten zwei wichtige Erdölproduzenten auf den
       Transport ihrer Rohstoffe durch die Straße von Hormus angewiesen sind. Wird
       sie vom Iran gesperrt, wären höhere Fördermengen nutzlos. Auch Russland
       kommt für viele westliche Länder wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine
       als Ersatzlieferant nicht in Frage. Die meisten großen Industriestaaten
       (G7) sind Insidern zufolge bereit, auch ohne die USA die Preisobergrenze
       für russisches Öl von 60 auf 45 Dollar pro Barrel zu senken. Dies soll
       Russlands Fähigkeit zur Kriegsfinanzierung einschränken. Die Staats- und
       Regierungschefs der G7-Staaten wollen ab Sonntag in Kanada über die
       erstmals Ende 2022 vereinbarte Preisobergrenze beraten.
       
       ## Was heißt das für die Inflation?
       
       „In jedem Fall bedeuten höhere Ölpreise, dass es wieder zu einem höheren
       Inflationsdruck kommt, nachdem die Inflation zuvor von den sinkenden
       Energiepreisen profitiert hat“, erklärt de la Rubia. So verharrte die
       deutsche Teuerungsrate im Mai bei 2,1 Prozent, obwohl sich Nahrungsmittel
       und Dienstleistungen deutlich verteuerten. Im Zaum gehalten wurde die
       Teuerung von Energiepreisen, die um 4,6 Prozent niedriger ausfielen als im
       Mai 2024. Kraftstoffe verbilligten sich sogar um 6,8 Prozent, Heizöl um 9,5
       Prozent.
       
       ## Warum haben die Ölpreise eine Bedeutung für die Inflation?
       
       Die Verbraucher spüren steigende Ölpreise fast in Echtzeit an der
       Tankstelle: Benzinpreise vollziehen die Entwicklung der Weltmarktpreise
       rasch nach. Aber auch indirekt dürften die Konsumenten zur Kasse gebeten
       werden. Sollten etwa Landwirte und Logistikunternehmen dauerhaft mehr für
       Benzin und Diesel bezahlen müssen, dürften sie die gestiegenen Kosten an
       ihre Kunden weiterreichen. „Der Ölpreis ist zwar nicht mehr so wichtig für
       die deutsche Wirtschaft wie noch vor ein oder zwei Jahrzehnten“, sagt
       Analyst Stanzl. Wenn der Preis aber in so kurzer Zeit so stark steige, dann
       könne dies auch der zuletzt festere Euro durch geringere Importpreise nicht
       mehr kompensieren. Viele Rohstoffe werden auf den Weltmärkten in Dollar
       abgerechnet. Durch die kräftige Aufwertung des Euro konnten sie günstiger
       importiert werden.
       
       ## Was heißt das für die Notenbanken?
       
       Zinssenkungen könnten bei steigender Inflation vom Tisch sein – dabei
       könnte billigeres Geld die maue Weltwirtschaft anschieben helfen. Die
       US-Notenbank Fed etwa hat schon vor Monaten ihren geldpolitischen
       Lockerungskurs unterbrochen. Eigentlich rechnen Experten damit, dass sie im
       September ihren Leitzins erstmals wieder senken wird. Das steht aber
       womöglich wieder infrage, „da höhere Energiepreise die inflationären
       Auswirkungen der Zölle verstärken würden“, sagt de la Rubia auch mit Blick
       auf die Handelspolitik von US-Präsident Donald Trump. Etwas einfacher ist
       die Sache für die Europäische Zentralbank (EZB). Diese hat schon achtmal
       binnen eines Jahres ihren Leitzins gesenkt und mit zwei Prozent ein Niveau
       erreicht, das Ökonomen als „neutral“ bezeichnen – die Wirtschaft also weder
       anschiebt noch bremst. Die EZB könnte erstmal eine Pause einlegen, die
       viele Fachleute ohnehin empfehlen.
       
       13 Jun 2025
       
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