# taz.de -- G7-Gipfel in Kanada: Wie ein Tanz auf rohen Eiern
> Das wichtigste Ziel der G7-Staatschefs in Kanada ist es, einen Eklat wie
> 2018 zu vermeiden. Eine Abschlusserklärung ist gar nicht erst geplant.
IMG Bild: Die Königlich-Kanadische-Polizei am Montag bei der Ankunft von Donald Trump auf dem Flughafen von Calgary
Berlin taz | Eigentlich müsste der G7-Gipfel, der am Sonntagabend Ortszeit
im westkanadischen Kananaskis begann, mit einer starken Abschlusserklärung
die Position des Westens zu den verschiedenen internationalen Krisen
dokumentieren und damit unmissverständliche Zeichen setzen an Akteure wie
Russland, aber auch China, [1][Israel und Iran].
Aber davon kann keine Rede sein. Eine gemeinsame Abschlusserklärung ist
erst gar nicht geplant – und sechs Staats- und Regierungschefs sehen ihre
Hauptaufgabe darin, einen Eklat mit dem siebten zu vermeiden. Eine
Wiederholung von [2][2018, als Trump den G7-Gipfel – auch damals in Kanada
– wütend verließ] und noch aus dem Flugzeug seine Unterschrift unter die
Abschlusserklärung zurückzog, soll es bitte nicht geben. Oder, wie es
Bundeskanzler Friedrich Merz vor dem Abflug verlauten ließ: „Das wichtigste
Ziel wird sein zu zeigen: Die G7-Staaten sind einig, und sie sind
handlungsfähig.“
So etwas müsste niemand sagen, wenn die G7-Staaten tatsächlich einig und
handlungsfähig wären. Themen wie Klimaschutz oder
Entwicklungszusammenarbeit, früher Kernbereiche der G7, sind mit Trump
ohnehin schon gestrichen. Die Europäer hoffen darauf, im direkten Gespräch
wenigstens bei den leidigen [3][Zollstreitigkeiten] mit der Trump-Regierung
einer Lösung näherzukommen – um dann vielleicht eine Chance zu haben, die
eigentlich anstehenden Kernthemen zu bearbeiten.
Im Zentrum steht eigentlich nach wie vor der russische Angriffskrieg auf
die Ukraine, bzw. konkret die Forderung der Europäer nach weiteren
stärkeren Sanktionen gegen Russland. Trump hat sich dazu bislang
indifferent und wankelmütig verhalten.
## Konkurrenz um die Rolle des Trumpflüsterers
Am Dienstag wird der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zum
Gipfeltreffen hinzustoßen – er äußerte schon zuvor, er erhoffe sich von den
G7 stärkeren Druck auf Russland. Es wäre das erste direkte Zusammentreffen
von Selenskyj und Trump seit jenem verhängnisvollen Tag in Washington
[4][Ende Februar, als Selenskyj schließlich aus dem Weißen Haus geworfen
wurde]. Auch so ein Eklat soll jetzt bitte nicht wieder passieren.
Auch Trumps Annexionsfantasien könnten eine Rolle spielen: Kanada selbst
würde der Präsident gern als 51. Bundesstaat der USA betrachten; [5][nur
dass der kanadische Gastgeber Mark Carney ihm bereits mehr als deutlich
gemacht hat, was Kanada davon hält].
Und Trumps Begehrlichkeiten gegenüber Grönland spielen in diesen Tagen auch
wieder eine Rolle: Demonstrativ machte Frankreichs Präsident Emmanuel
Macron auf dem Hinflug einen Abstecher nach Grönland und versicherte sowohl
Dänemark als auch Grönland seine Solidarität.
Unübersehbar war schon im Vorfeld des Gipfels eine gewisse Konkurrenz unter
den europäischen Regierungschefs. Wenn es denn so ist, dass für Trump
persönliche Beziehungen entscheidender sind als politische Grundsatzfragen:
Wer ist dann der beste „Trumpflüsterer“, wie es Politico formulierte? Der
Brite Keir Starmer, der aus den Einschleimereien gar nicht mehr
herauskommt? Italiens postfaschistische Georgia Meloni, deren Programm
Trumps MAGA-Agenda am nächsten kommt? Oder [6][Friedrich Merz, der sich bei
seinem ersten Besuch ebenfalls Trumps Gehör zu verschaffen schien]?
Für alle ist die Zusammenkunft mit Trump wie ein Tanz auf rohen Eiern – und
eine denkbar ungünstige Voraussetzung zur Lösung von Weltkrisen.
16 Jun 2025
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## AUTOREN
DIR Bernd Pickert
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