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       # taz.de -- momentaufnahmen: Wenn ein falscher Zug den Sonnenplatz verschafft
       
       Er trommelt nervös mit den Fingern auf den Tresen, der Mann, der am
       Schalter im Bahnhof Doberlug-Kirchhain wartet. Der etwa Fünfzigjährige
       trägt einen schwarzen Anzug, er hält einen Aktenkoffer in der Hand, um
       seinen Hals hängt ein Namensschild. „Ich habe in Berlin-Südkreuz den
       falschen Zug genommen, ich wollte zum Flughafen BER“, sagt er in einem
       Atemzug, sobald eine Bahnangestellte auftaucht. Sie erklärt ihm, dass er
       zurück nach Südkreuz fahren müsse. Der Zug komme erst in 40 Minuten, sagt
       sie dazu.
       
       Der Mann bedankt sich und entdeckt dann die historischen Postkarten in
       einer Ecke des Schalterraums, der auch als touristisches Infocenter dient.
       Er möchte eine davon und den Schlüssel zur Toilette haben. „Muss ich ihn
       zurückbringen?“, fragt er. „Wäre gut“, antwortet sie lächelnd.
       
       Einige Minuten später wirft der Mann Kleingeld in den Kaffeeautomaten und
       geht mit großen Schritten und einem Pappbecher hinaus zum Bahnsteig. Er
       setzt sich auf eine Fensterbank in der Sonne. „Den Flug verpasse ich
       sowieso“, murmelt er vor sich hin und lässt seinen Aktenkoffer fallen.
       Luciana Ferrando
       
       28 Jun 2025
       
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   DIR Luciana Ferrando
       
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