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       # taz.de -- Förder-Aus für Nextbike in Berlin: Radlos am Stadtrand
       
       > Berlin stellt die Förderung von Nextbike ein. Die Folge: Das Angebot wird
       > ausgedünnt und teurer. Für die VerfechterInnen der Mobilitätswende ein
       > Desaster.
       
   IMG Bild: Manche landen zwar in der Spree, insgesamt aber wird das Bike-Sharing-Angebot von Nextbike gut angenommen
       
       Berlin taz | Seit zehn Jahren rollen die silbernen Leihräder von Nextbike
       durch die Hauptstadt, nicht im Auftrag des Herrn, aber immerhin mit
       finanzieller Unterstützung des Landes Berlin. Für jährlich 1,5 Millionen
       Euro Zuschuss garantiert der private Anbieter mit Sitz in Leipzig moderate
       Mietpreise und ein stadtweites Angebot, auch außerhalb des S-Bahn-Rings.
       Genauer: Er garantierte es. Denn [1][ab Juli ist es vorbei mit der
       öffentlichen Förderung]. Die Folge: Das Angebot wird teurer und es wird
       schrumpfen.
       
       Dabei hatte sich in den vergangenen Jahren die politische Debatte eher um
       gegenteilige Überlegungen gedreht. Wobei die Forderung der Linken, den
       Bestand von rund 6.500 Rädern nicht nur aufzustocken, sondern auch gratis
       zur Verfügung zu stellen, [2][ins Leere gelaufen war]. Für die
       VerfechterInnen einer Mobilitätswende, in deren Rahmen ein Leihradsystem
       ein wichtiges Element ist, ist die jetzige Entwicklung ein Desaster.
       
       „Das Leihrad-Angebot wurde gut angenommen“, sagt Marlene Alber. Die
       politische Referentin des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) Berlin
       verweist dabei auf den jüngsten „Fahrradklima-Test“ ihres Verbands. Hier
       sei das Nextbike-System „der einzig positive Leuchtturm im Berliner
       Fahrradklima“. Das Ende der Förderung sei ein „bitteres Zeugnis der
       [3][aktuellen Verkehrspolitik]“, die an den Bedürfnissen der Menschen
       vorbeigehe.
       
       Christian Linow vom Fahrgastverband IGEB verweist darauf, dass [4][von
       Paris bis Helsinki] „jede Stadt, die in Sachen Mobilität in der Gegenwart
       angekommen und in die Zukunft unterwegs ist“, ein eigenes Bike-Sharing
       unterhalte. Der Senat katapultiere mit seiner Entscheidung „die deutsche
       Hauptstadt in die Provinz“.
       
       ## Kein Geld für neues Vergabeverfahren eingestellt
       
       Zusammen mit dem Verkehrsclub Deutschland Nordost (VCD) fordern die beiden
       Organisationen Schwarz-Rot auf, schleunigst zu einer „konsequenten
       Fahrrad-Sharing-Strategie“ zurückzukehren. Und gleichzeitig für einen
       besseren Zusammenschluss von Radverkehr und öffentlichen Verkehrsmitteln zu
       sorgen. Denn das habe Zukunft: Die Zahl der BerlinerInnen, die in der
       Kombination aus Rad und ÖPNV unterwegs sind, sei in den vergangenen fünf
       Jahren von 16 auf 19 Prozent gestiegen.
       
       Eigentlich hatte es zwischenzeitlich so ausgesehen, als könnte die
       Förderung doch noch beibehalten werden. Zuerst strich der Senat zwar die
       entsprechenden Mittel aus dem Haushaltsentwurf, dann wurden sie für das
       laufende Jahr aber wieder eingestellt. Allerdings sind die Betriebsjahre
       des Fahrradverleihsystems um ein halbes Jahr verschoben, weswegen die
       Förderung jetzt ende, erklärt Michael Herden, Sprecher der
       Senatsverkehrsverwaltung. Und: „Dazu kommt, dass die bestehende Konzession
       nur begrenzt verlängert werden kann, ohne in erhebliche rechtliche Risiken
       zu laufen.“ Dieser Rahmen sei mit der letzten Verlängerung ausgeschöpft
       gewesen.
       
       Seit Beginn des Vergabeverfahrens 2015 sei klar gewesen, „dass der Auftrag
       ‚endlich‘ ist“, sagt Herden. Darum habe man eigentlich geplant, eine
       erneute wettbewerbliche Vergabe durchzuführen. Aber „hierfür bestehen
       aktuell die haushaltseitigen Voraussetzungen nicht“. Sprich: Das Geld ist
       alle.
       
       Ohne die Förderung werde sich das Angebot „verändern, nach aktueller
       Erwartung gegenüber dem bisherigen Zustand auch verschlechtern“, räumt der
       Sprecher von CDU-Verkehrssenatorin Ute Bonde ein. Denn mit den
       Landesmitteln fielen eben auch die vertraglichen Steuerungsoptionen in
       Bezug auf Preise und Verfügbarkeit weg. Man müsse nun abwarten, wie sich
       das Angebot entwickle, so Herden.
       
       ## Rund ein Viertel weniger Leihräder geplant
       
       Dazu gibt Nextbike immerhin Hinweise: 5.000 Räder werde man weiterhin
       anbieten, sagt Sprecherin Karoline Keybe der taz. Das wäre eine Reduzierung
       um rund ein Viertel. Die 265 Stationen, die in den vergangenen Jahren nach
       und nach vor allem auf vormaligen Parkplätzen am Straßenrand aufgebaut
       wurden, müssen innerhalb von drei Monaten verschwinden. Es wird dann nur
       noch „virtuelle Stationen“ geben, neben der Möglichkeit, die Räder irgendwo
       im Geschäftsgebiet abzustellen, was aber mit einem Aufschlag verbunden ist.
       
       Dass das Geschäftsgebiet schrumpfen wird, ist zu erwarten – vor allem
       außerhalb des S-Bahn-Rings, wo die Nachfrage und somit die Gewinnspanne für
       das Unternehmen geringer ausfällt. Zu den konkreten Plänen will sich
       Nextbike allerdings noch nicht äußern. Die KundInnen würden über die App
       rechtzeitig informiert, sagt Keybe.
       
       Besonders bitter für regelmäßige NutzerInnen ist aber die Preisanpassung
       zum 1. Juli. Das günstige Jahresabo – für insgesamt 60 Euro waren die
       ersten 30 Minuten jeder Fahrt gebührenfrei – fällt weg. Übrig bleibt das
       Monatsabo für 10 Euro. Wer kein Abo abschließt, zahlt künftig 1,50 statt 1
       Euro für die erste Viertelstunde und 1,20 Euro für die zweite. Erst dann
       kostet jede weitere Viertelstunde wie gehabt 1 Euro. Eine halbe Stunde
       Radeln wird damit im Vergleich zu heute um 35 Prozent teurer.
       
       29 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
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