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       # taz.de -- Extreme Temperaturen in Deutschland: Sport trotz Hitzewelle
       
       > Die Gefahr von Temperaturen weit über 30 Grad werden immer noch
       > unterschätzt, warnen Experten. In Sportvereinen beginnt gerade ein
       > Umdenken.
       
   IMG Bild: Gegen Hitze auf dem Jugendfußball-Spielefest hilft ein Wasserkübel
       
       Berlin taz | Angesichts der hohen Temperaturen, [1][die im Laufe der Woche
       erwartet werden], fordern Expert:innen mehr Schutz vor Hitze. Nötig sei
       ein Bewusstseinswandel. „Hitze kann lebensgefährlich sein“, sagt Martin
       Herrmann, Vorstandsvorsitzender des Vereins Klug, der Deutschen Allianz
       Klimawandel und Gesundheit, „nicht nur für kleine Kinder, Kranke und
       Hochbetagte“.
       
       Hitze sei heute viel gefährlicher als Feuer, so Herrmann, „wir bräuchten
       also Hitzewehren, gut ausgestattet mit Geld und Personal“. Sie müssten zum
       Beispiel allein lebende Senior:innen, Pflegebedürftige, psychisch Kranke
       oder Menschen mit Beeinträchtigungen aufsuchen, [2][um sicherzustellen,
       dass sie Zugang zu kühlen Räumen oder ausreichend Flüssigkeit hätten.] „Wir
       müssen gezielt aufklären und vor allem Multiplikatoren erreichen“, sagt er.
       
       Ein Beispiel dafür ist der Sport. Training oder Wettkämpfe während einer
       Hitzewelle könnten für jeden sehr gefährlich werden, warnt Herrmann. „Immer
       wieder höre ich von Kindern, die nach einem Fußballturnier an heißen
       Wochenenden abends mit Kopfschmerzen und Bauchschmerzen nach Hause kommen,
       die sich erbrechen müssen“, sagt er, „das sind die typischen Kennzeichen
       für einen Sonnenstich.“ Pro heißem Sommer gebe es inzwischen im Schnitt
       10.000 hitzebedingte Todesfälle in Deutschland. „Natürlich war es früher
       auch mal heiß, aber diese Zahlen sind neu, wir müssen darauf reagieren“,
       sagt Herrmann.
       
       Soll heißen: Wenn, wie dieser Tage, Temperaturen deutlich über 30 Grad
       drohen, gilt es, Sportfeste anders zu planen, also zum Beispiel keinen
       Alkohol auszuschenken, denn der verstärkt hitzebedingte Kreislaufprobleme
       und Dehydrierung. Stattdessen: genügend Wasser für alle. Für Schatten
       sorgen, die Schiedsrichter:innen und Trainer:innen sensibilisieren,
       damit sie erkennen, wenn es Spieler:innen und Athlet:innen nicht gut
       geht.
       
       Außerdem sollten sich die Vereine Gedanken vor der Saison darüber machen,
       ab wann sie einen Wettkampf oder auch ein Training abbrechen. Eine feste
       Gradzahl lässt sich laut Herrmann dafür nicht nennen. „Auf Kunstrasen ist
       es gefährlicher als auf Naturrasen“, sagt der Mediziner, „wenn es feucht
       oder windig ist, ist es weniger gefährlich als bei Windstille“.
       
       ## Derzeit nur Empfehlungen
       
       [3][Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat im vergangenen Jahr auf
       die Hitzewellen reagiert und einen „Musterhitzeschutzplan“ entwickelt.] Die
       Empfehlungen des 14-seitigen Schutzplanes, der zusammen mit dem
       Bundesgesundheitsministerium, Klug und den Universitäten Heidelberg und
       Mannheim erarbeitet wurde, reichen von baulichen Maßnahmen an den
       Sportstätten – Jalousien, schattige Plätze zum Ausruhen,
       Vernebelungsanlagen, Wasserspender – über Organisatorisches wie die
       Benennung eines „Hitzeschutzbeauftragten“ bis hin zu Überlegungen zum
       Wettkampfbetrieb. Vereine könnten etwa auf hitze- und
       akklimatisationsgerechte Anreise- und Veranstaltungsplanung achten – die es
       den Athlet:innen also ermöglicht, sich an die Temperaturen anzupassen.
       
       Die Empfehlungen sind freiwillig. „Was die Vereine damit machen, wird ganz
       unterschiedlich sein“, sagt ein DOSB-Sprecher, „die Mehrheit ist wohl noch
       nicht so weit, wegen Hitze ein Training oder gar ein Spiel abzusagen“. Doch
       um das Thema Hitzeschutz kämen die Vereine nicht mehr herum.
       
       Schon heute würden extreme Wettkämpfe wie Marathonläufe oder Triathlons
       morgens um sieben gestartet, damit die Athlet:innen nicht in die
       Mittagshitze liefen. Bei Fußballspielen würden bisweilen nach 20 Minuten
       Wasser- und Schattenpausen eingelegt. „Der Profisport hat eine
       Vorbildfunktion“, heißt es aus dem DOSB.
       
       ## Hitzeschutzpläne gefordert
       
       Allerdings sei es dort zum Teil auch einfacher, etwa Trainingszeiten
       hitzebedingt anzupassen. „Wenn ein Verein im Breitensport oder Nachwuchs zu
       einer bestimmten Zeit einen Trainingsslot in der Halle oder auf einem Platz
       hat, dann kann er den nutzen, oder er ist weg“, sagt der Sprecher.
       
       Wichtig sei, sich nicht auf das vorzubereiten, was wir bisher hatten,
       sondern auf das, was kommen kann, sagt der Arzt Herrmann von Klug. So
       arbeitet etwa der Deutsche Wetterdienst (DWD) an einer neuen
       Hitzewarnstufe. „In Zeiten des Klimawandels müssen wir uns darauf
       einstellen, dass Hitzewellen in Zukunft noch häufiger, länger und heißer
       werden“, sagt Stefan Muthers, beim DWD verantwortlich für das Thema.
       
       Extrem lang anhaltende Hitzewellen oder Situationen mit sehr hohen
       thermischen Belastungen seien im aktuellen Warnsystem nur unzureichend
       berücksichtigt. „Deswegen beschäftigen wird uns aktuell mit der Entwicklung
       von Warnkriterien für eine dritte Hitzewarnstufe“.
       
       Perspektivisch fordert Gesundheitsexperte Herrmann eine Verpflichtung für
       Kommunen und Einrichtungen wie Schulen, Hitzeschutzpläne zu erstellen, mit
       wenigen, aber durchsetzbaren Vorschriften, ähnlich wie den
       Hygienevorschriften.
       
       30 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Extremtemperaturen-in-Europa/!6097486
   DIR [2] /Hitzeaktionsplan-fuer-Hamburg/!6090238
   DIR [3] https://cdn.dosb.de/user_upload/Gesundheit_und_Sport/Bundesempfehlung_Musterhitzeschutzplan_Sport_BMG_Layout_bf.pdf
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Heike Holdinghausen
       
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