URI: 
       # taz.de -- Polnische Fußballerin über Frauenfußball: „Ich musste mal raus“
       
       > Tanja Pawollek stammt aus der Nähe von Frankfurt, spielt für die
       > Eintracht, hat in der U19 für den DFB gespielt. Bei der EM ist sie für
       > Polen aktiv.
       
   IMG Bild: Tanja Pawollek (rechts) – Mittelfeldspielerin im Zweikampf
       
       taz: Tanja Pawollek, Sie sind in Deutschland geboren, spielen für Polen.
       Wie denken Sie über die Konstellation? 
       
       Tanja Pawollek: Mit meinem Hintergrund ist das ein ganz besonderes Spiel.
       Das war jeden Tag ein Thema, auch bei den Lehrgängen in Polen. Ich habe in
       den U-Nationalmannschaft ja stets für Deutschland gespielt …
       
       taz: …und Sie waren 2019 unter Martina Voss-Tecklenburg im Trainingslager
       der [1][DFB-Auswahl] dabei. Wie kam der Sinneswandel zustande? 
       
       Pawollek: Generell hatte ich schon lange Kontakt zum polnischen Verband.
       Sie haben immer mal wieder gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, auch für
       Polen zu spielen. Es ist dann irgendwann zu einem intensiveren Austausch
       gekommen.
       
       taz: Welche Rolle haben Ihre Eltern dabei gespielt? 
       
       Pawollek: Sie sind beide in Polen geboren. Natürlich spielt das mit hinein:
       Wir waren jeden Sommer, jeden Winter in Polen. Ich habe dort Oma und Opa,
       Tanten und Cousinen. Ich fühle mich sehr verwurzelt mit dem Land, ich
       spreche die Sprache fließend und verstehe alles. Sonst fühlte man sich auch
       nicht richtig integriert. Das hat mir die Entscheidung leichter gemacht.
       
       taz: Polen hat Deutschland in zwei EM-Qualifikationsspielen teils gut
       geärgert. Machen Sie das wieder? 
       
       Pawollek: Nach der Auslosung mussten wir alle schmunzeln. Generell wollen
       wir mit dem polnischen Team Spaß haben. Wir haben gar nichts zu verlieren.
       Bei uns wird zwar die Aufregung groß sein, aber der Druck liegt ganz klar
       bei Deutschland. Für uns ist toll, dass wir jetzt zum ersten großen Turnier
       in der Geschichte Polens fahren. Es hat doch niemand damit gerechnet, dass
       wir Gegner wie Österreich in der EM-Qualifikation schlagen. Jetzt wollen
       wir auch bei der EM überraschen.
       
       taz: Was hat sich im Frauenfußball in Polen getan? 
       
       Pawollek: [2][Es gab in den vergangenen Jahren eine enorme Entwicklung.]
       Der Frauenfußball in Polen befindet sich im Aufwind, die
       U-Nationalmannschaften sind regelmäßig bei Turnieren dabei und feiern
       Erfolge (U17 als EM-Dritter 2024; Anm. d. Red.). Mittlerweile ist fast jede
       Nationalspielerin in einer Topnation aktiv. Wir haben richtig gute Talente.
       Der Verband tut einiges, um die Bedingungen zu verbessern: Die Arena in
       Danzig ist jetzt unser Heimstadion geworden. Es herrscht eine
       Aufbruchstimmung.
       
       taz: Polen ist neben dem DFB favorisierter Mitbewerber um die Ausrichtung
       der Frauen-EM 2029. Warum sollte das Turnier in Polen stattfinden? 
       
       Pawollek: Wir hatten uns auch für diese EM beworben, was dann nicht
       geklappt hat. Polen ist infrastrukturell gut aufgestellt, hat tolle
       Stadien. Die Zeiten sind vorbei, dass die Menschen sagen, sie hätten keinen
       Bock auf Frauenfußball. Eine EM in Polen wäre eine gute Sache.
       
       taz: Ihrer Torjägerin, Ewa Pajor vom FC Barcelona, stand nach der
       EM-Qualifikation mit Tränen auf dem Rasen.
       
       Pawollek: Der Moment war sehr emotional. Man hat gerade bei ihr gemerkt,
       wie viel ihr das bedeutet. Sie ist ein toller Mensch und eine richtig gute
       Fußballerin – für mich ist sie eine der besten Stürmerinnen der Welt. Sie
       hat Vorbildfunktion für uns alle.
       
       taz: Sie haben lange mit Jungs bei der SG Rosenhöhe, einem für seine gute
       Jugendarbeit bekannten Verein in Offenbach, zusammengespielt. Warum hat
       Ihnen das geholfen?
       
       Pawollek: Das Spiel ist schneller und physischer, man muss sich auf eine
       ganze Art durchsetzen. Ich habe gelernt, die Ellbogen auszufahren. Wenn die
       Jungs merken, dass man gut kicken kann, wird man auch akzeptiert.
       
       taz: Sie haben sich als Kapitänin von Eintracht Frankfurt entschlossen, zum
       Bundesliga-Aufsteiger Union Berlin zu wechseln, wo sie als Königstransfer
       gelten. Was gab den Ausschlag für diesen Schritt?
       
       Pawollek: Grundsätzlich habe ich sehr lange überlegt. Möchte ich bleiben
       oder etwas Neues probieren? Ich bin 26 und war neun Jahre bei der
       Eintracht. Frankfurt ist mein Zuhause, meine Eltern wohnen nur 20 Minuten
       weg. Ich muss aber einfach mal aus meinem Nest raus – und was Neues
       erleben. Ich möchte mich sowohl charakterlich als auch fußballerisch noch
       einmal weiterentwickeln. Union hat in der vergangenen Saison unglaublich
       viel Leidenschaft und Zusammenhalt gezeigt – genau das reizt mich. Ich
       freue mich darauf, mit dem Team in der Bundesliga anzugreifen.
       
       3 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Deutsche-DFB-Auswahl-vor-der-EM/!6094590
   DIR [2] /Frauenfussball-Revolutionaer-feministisch-und-letzendlich-auch-nur-Fussball/!6094584
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Frank Hellmann
       
       ## TAGS
       
   DIR Fußball-EM der Frauen 2025
   DIR Frauenfußball
   DIR Polen
   DIR Union Berlin
   DIR Deutscher Fußballbund (DFB)
   DIR Eintracht Frankfurt
   DIR Kolumne Nur öppis chliises
   DIR Fußball-EM der Frauen 2025
   DIR Fußball-EM der Frauen 2025
   DIR Fußball-EM der Frauen 2025
   DIR Fußball-EM der Frauen 2025
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Deutsche Fanmärsche bei der Frauen EM: Anschwellende Schlandisierung
       
       Unsere Autorin mischt sich in Basel unter einen „Fan-Walk“ deutscher Fans.
       Was als „Party-Patriotismus“ startet, kippt schnell in Nationalismus.
       
   DIR EM-Debütantinnen: Die Einzigen aus dem Osten
       
       Polens Nationalteam ist erstmals bei einer Europameisterschaft dabei. Die
       Chancen für das einzige Team aus Osteuropa stehen gut.
       
   DIR Wolfgang Petry singt mit DFB-Frauen: Wolles Wahnsinn wirkt
       
       Schlagersänger Wolfgang Petry hat die neue Hymne der DFB-Frauen
       aufgenommen. „Bronze, Silber und Gold hab' ich nie gewollt“: Was er den
       Fußballerinnen wirklich zu sagen hat.
       
   DIR Die Fußball-EM im Uefa-Land: Inszenierte Emanzipationsbewegung
       
       In unserer Kolumne „Nur öppis chliises“ fragen wir uns, wie die Schweiz im
       Alltag die Europameisterschaft bewältigt.
       
   DIR Frauenfußball vor der EM in der Schweiz: Revolutionär, feministisch und letzten Endes auch nur Fußball
       
       Der Frauenfußball wächst und wächst. Wachstum scheint auch der einzige
       Maßstab, andere Themen werden übersehen.