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       # taz.de -- Erinnerung an Patrice Lumumba: Wie ein Held Afrikas in Mitte eine Skulptur bekam
       
       > Zum 100. Geburtstag von Patrice Lumumba erinnern Aktivisten in Mitte an
       > die Bedeutung des ermordeten Freiheitskämpfers und ersten Premier des
       > Kongo.
       
   IMG Bild: Wäre am 2. Juli 100 Jahre alt geworden: Patrice Lumumba als Skulptur der DDR-Bildhauerin Jenny Mucchi-Wiegmann in Berlin-Mitte
       
       Berlin taz | Ein schlanker Mann sitzt, die Hände auf dem Rücken gefesselt,
       mit angewinkelten Beinen auf dem Boden. Ernst blickt er in die Ferne. Vor
       seinen nackten Füßen liegen vertrocknete Blumen. Die Bronze-Skulptur von
       Patrice Lumumba befindet sich versteckt hinter Büschen am
       Garnisonkirchplatz nahe des Hackeschen Markts. 100 Jahre alt wäre der
       Freiheitskämpfer und erste Premier des Kongo am Mittwoch geworden. Aus
       diesem Grund hat sich eine kleine Gruppe am Mittwochmittag in der Hitze
       versammelt. Sie legen der Figur frische Blumen zu Füßen.
       
       In einer kurzen Ansprache erinnert Oumar Diallo, betagter Gründer des
       Afrika-Hauses, an Lumumbas Geschichte und Bedeutung bis heute. Es geht um
       seine Ermordung im Januar 1961 mit Unterstützung von CIA und belgischem
       Geheimdienst, um Wirtschaftsinteressen des Westens, um die nie vollendete
       Dekolonisierung, die laut Diallo bis heute eine echte afrikanische
       Unabhängigkeit verhindert.
       
       Auch Paul Ayere sagt: „Lumumba steht dafür, dass die wahre Unabhängigkeit
       nur kommt, wenn die afrikanischen Staaten zusammenhalten.“ Der 35-jährige
       Sohn ugandischer Einwanderer hat die Feier initiiert. Junge Menschen
       wüssten viel zu wenig über „Helden wie Lumumba“. Er selbst habe in seiner
       Schulzeit in Aachen nichts über afrikanische Geschichte gelernt. Dabei sei
       dieses Wissen gerade für Menschen afrikanischer Herkunft wichtig, findet
       er. „Man sollte seinen Platz kennen.“ So hat Ayere angefangen, sich zu
       engagieren, für kommenden Samstag hat er ein Lumumba-Gedenken im Yaam
       vorbereitet.
       
       Und was hat Lumumba mit Berlin zu tun? Wie kommt seine Statue nach Mitte?
       Elisabeth Quart von der Deutsch-Afrikanischen Gesellschaft (DAFRIG), die
       eben noch die kongolesische Geschichte in einer 5-Minuten-Rede
       runterratterte, kann das erklären. Im Herbst 1960, Lumumba war gerade von
       den Putschisten unter Hausarrest gestellt worden, habe der
       Schriftstellerverband PEN europaweit einen Aufruf gestartet, sich
       solidarisch mit dem Freiheitskämpfer zu befassen. Auch die DDR-Bildhauerin
       Jenny Mucchi-Wiegmann sei dem gefolgt.
       
       Die Skulptur, die Lumumba nach seiner Verhaftung zeigt, entstand 1961 und
       heißt „Überführung nach Thysville“: „Von dort aus brachten sie ihn nach
       Elisabethville, wo er ermordet wurde“, erklärt Quart den für Uneingeweihte
       mysteriösen Namen. Der erste Guss aus Beton steht in der Akademie der
       Künste. 2013 realisierte die Kunststiftung Poll mit Hilfe von DAFRIG den
       Bronzeguss. Die Stiftung hatte vor, ostdeutsche Bildhauerinnen auf dem
       Garnisonkirchplatz ehren.
       
       So kam Lumumba nach Berlin, das er nie besucht hat. „Aber 1959 war er in
       West-Deutschland“, erzählt Quart. Denn auch wenn er als angeblicher
       „Kommunist“ ermordet wurde, habe er eigentlich die Westbindung gesucht.
       Vergeblich.
       
       2 Jul 2025
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
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