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       # taz.de -- Großevent in Kroatien: Rechtsrocker spaltet Zagreb
       
       > Der Sänger Marko Perković alias „Thompson“ veranstaltet ein Großevent in
       > der kroatischen Hauptstadt. Mehr als 500.000 Menschen sollen anreisen.
       
   IMG Bild: Am Samstag soll der rechtsextreme Popstar in Zagreb auftreten
       
       Split taz | Wenn der [1][kroatische Sänger] Thompson, mit richtigem Namen
       Marko Perković, auftritt, dann bebt das Land. Jedenfalls dieser Tage.
       300.000 Menschen haben bisher Tickets für den Auftritt am Samstag in Zagreb
       erworben.
       
       Der 58-Jährige Sänger ist aufgrund seines rechtsradikalen Repertoires
       umstritten. Beobachter befürchten, dass sogar mehr als 500.000 Anhänger
       Thompsons in die [2][kroatische] Hauptstadt strömen werden, ein großer
       Kraftakt für die 800.000-Einwohner-Stadt. Im schlimmsten Fall wird ein
       Zusammenbruch des Verkehrs, der öffentlichen Sicherheit und ein Platzmangel
       in den Gesundheitseinrichtungen befürchtet.
       
       Nicht alle, die zu dem Konzert anreisen, sind rechtsradikale Fans. Viele
       junge Kroaten wollen solch eine Art von „Event“ nicht versäumen und reisen
       nach [3][Zagreb.]
       
       Doch der Rahmen ist gesetzt. Und so werden nicht nur Parolen kroatischer
       Faschisten des Zweiten Weltkrieges erwartetet, sondern auch Übergriffe
       gegenüber Andersdenkende. Die kroatische Polizei und Sicherheitskräfte
       sehen dem Tag mit gemischten Gefühlen entgegen.
       
       ## Demokratisches Zagreb
       
       Denn Zagreb tickt links-grün, ihr Bürgermeister Tomislav Tomašević setzt
       sich für die Demokratie ein und sieht sich in der Tradition des
       „bürgerlichen“ Zagrebs. Er ist Teil des links-grünen kroatischen
       Parteienbündnisses Možemo („Wir können“), das sich für den Rechtsstaat,
       gegen Nationalismus und Autokratie stellt.
       
       Sogar die Opposition in der Stadt ist nur in geringem Maße
       chauvinistisch-rechts. Perković dagegen hat sich von einem patriotischen
       Landesverteidiger der 1990er Jahre, als ein Drittel Kroatiens von
       serbischen Truppen besetzt war, zu einem knallharten Nationalisten
       gewandelt. Den Spitznamen Thompson, der gleichzeitig der Name seiner Band
       ist, erhielt er als Anspielung auf eine von ihm benutzte Maschinenpistole
       der gleichnamigen Marke.
       
       Er hatte sich 1991 freiwillig gemeldet, bekam aber nur die letzte und
       schlechteste Waffe seiner Einheit zugewiesen. Von da an zogen ihn seine
       Kameraden wegen dieser Waffe auf und gaben ihm seinen Spitznamen.
       
       Sein Lied Bojna Čavoglave wurde berühmt, das Lied gilt bis heute als
       inoffizielle Hymne der kroatischen Soldaten während des Kroatienkrieges.
       Cavoglave ist der Name des Dorfes, aus dem der Sänger stammt und das er
       gegen serbische Kämpfer verteidigte. Perković verwendet den Ustasa-Gruß
       „Für die Heimat – bereit!“ bei seinen Auftritten als Intro zu seinem
       größten Hit.
       
       ## Fans aus ländlichen Regionen
       
       Sein Rechtsruck begann nach dem Krieg in 1995. In patriotischen Liedern
       besingt er die glorreiche Geschichte kroatischer Könige des Mittelalters.
       Auch wenn es nach dem 11. Jahrhundert kein unabhängiges Kroatien mehr gab,
       das Land wurde von Ungarn aus verwaltet.
       
       Thompson aber will das wie viele Kroaten anders sehen. So werden kurzerhand
       bosnische Könige zu kroatischen gemacht. Geschichtslügen bilden den Rahmen
       für eine mythologisierte Geschichtsschreibung, in der die Größe der Nation
       hervorgehoben und erfunden wird.
       
       So auch im Anspruch auf sogenannte kroatische Gebiete in Bosnien und
       Herzegowina. In den Liedern Thompsons ist Großkroatien schon jetzt
       existent. So bedient er Gefühle, die viele Menschen vor allem in den
       bildungsärmeren und ländlichen Gebieten Kroatiens teilen möchten.
       
       ## Fans tragen faschistische Symbole
       
       Seit den 2000er Jahren treten Fans der Band in schwarzer Kleidung auf und
       zeigen Symbole der faschistischen [4][Ustascha-Bewegung] des Zweiten
       Weltkrieges. Diese waren für die Verfolgung, Folter und Massenmorde an
       Serben, Juden, Roma und antifaschistischer Kroaten mitverantwortlich.
       
       Bei immer mehr Konzerten wird der Hitlergruß gezeigt. Perković distanzierte
       sich zwar 2007 von Fans, die mit Ustascha-Symbolen auf ihrer Kleidung zum
       Konzert kamen. Seine Band könne den Fans keine Kleidervorschriften machen,
       aber sie sollten lieber Symbole des kroatischen Unabhängigkeitskrieges
       tragen als Ustascha-Symbole, meinte er.
       
       Doch inzwischen sieht er die Dinge nicht mehr so eng. Dass er ein
       Ustascha-Lied, in dem Serben, Juden und Roma im KZ Jasenovac ermordet
       wurden, mitgesungen hat, steitet er ab. Das Nachrichtenportal index hr.
       hingegen sieht sein Mitsingen als erwiesen an.
       
       4 Jul 2025
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Erich Rathfelder
       
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