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       # taz.de -- Ukrainischer Patriarch ausgebürgert: Metropolit Onufrij soll Verbindung zu Moskau haben
       
       > Der ukrainische Geheimdienst entzieht dem Erzbischof der
       > ukrainisch-orthodoxen Kirche den Pass. Er soll auch die russische
       > Staatsbürgerschaft haben.
       
   IMG Bild: Laut dem ukrainischen Geheimdienst SBU unterhalte Onufrij weiterhin Verbindungen zum Moskauer Patriarchat
       
       Von einer Behörde wie dem ukrainischen Geheimdienst SBU ist nicht unbedingt
       christliche Nächstenliebe zu erwarten. Jetzt erwischte es Onufrij – mit
       bürgerlichem Namen Orest Beresowskyj und seines Zeichens Metropolit
       (Erzbischof) der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche, kurz: UPZ, früher mit dem
       Namenszusatz Moskauer Patriarchiat. Einer entsprechenden Erklärung des SBU
       vom Mittwoch ist zu entnehmen, dass Präsident Wolodymyr Selenskyj dem
       Oberhirten per Dekret die ukrainische Staatsbürgerschaft entzogen habe.
       
       Laut SBU unterhalte Onufrij weiterhin Verbindungen zum Moskauer
       Patriarchat. Er widersetze sich bewusst dem Versuch der ukrainischen
       Kirche, eine kanonische Unabhängigkeit von Moskau zu erlangen. Dessen
       Vertreter, vor allem der Patriarch Kyrill, unterstützen offen die russische
       Aggression gegen die Ukraine. Zudem soll Beresowskyj 2002 zusätzlich zur
       ukrainischen freiwillig auch die russische Staatsbürgerschaft angenommen
       haben, ohne die zuständigen ukrainischen Behörden zu informieren.
       
       Die UPZ war zunächst [1][Teil der Russisch-Orthodoxen Kirche]. Am 27. Mai
       2022 erklärte sie ihre „völlige Selbstständigkeit und Unabhängigkeit“ von
       Moskau, vollzog diesen Schritt jedoch nicht im streng kirchenrechtlichen
       Sinne. Man verurteile den russischen Überfall auf die Ukraine und
       appelliere an die Ukraine und Russland, den Verhandlungsprozess
       fortzusetzen, hieß es. Im August 2024 verabschiedete das ukrainische
       Parlament ein Gesetz, das diese Kirche verbietet. Derzeit sind in mehreren
       Gemeinden Rechtsstreitigkeiten anhängig.
       
       Onufrij, der aus einer Priesterfamilie stammt, wird am 5. November 1944 in
       einem Dorf bei Tscherniwzi in der Westukraine geboren. Dem Abitur folgt
       eine technische Ausbildung. 1969, nach dreijährigem Technikstudium in
       Tscherniwzi, geht der heute 80-Jährige nach Moskau, wo er seine
       Hochschulausbildung an der Moskauer Geistlichen Akademie im zweiten
       Studienjahr fortsetzt. 1972 wird Onufrij Priester, 1990 Bischof von
       Tscherniwzi und der Bukowina. 2000 erhält er den Titel Metropolit. Im
       August 2014 wird er von einer Bischofsversammlung der UPZ zum Metropoliten
       von Kyjiw und der ganzen Ukraine gewählt.
       
       Fünf Monate zuvor [2][annektiert Russland die Krim] – ein klarer Bruch des
       Völkerrechts. Ein zeitgleicher Appell Onufrijs, auf diesen Schritt zu
       verzichten, verhallt ungehört. Immer mal wieder tritt Onufrij für ein Ende
       des Krieges in der Ostukraine ein, weigert sich aber im Mai 2015, bei einer
       Rede des damaligen Präsidenten Petro Poroschenko im Parlament aufzustehen,
       als Zeichen eines Anti-Kriegs-Protestes.
       
       2023 berichtet das Webportal Ukrainska Prawda erstmals über Onufrijs
       russischen Pass. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion habe er die
       russische Staatsbürgerschaft behalten und einen ukrainischen Pass erhalten,
       erläutert Onufrij damals. Die russische Staatsbürgerschaft habe sich
       automatisch verlängert. Dafür sei niemand verfolgt worden, da beide Staaten
       gute Beziehungen unterhalten hätten.
       
       Der Sprecher der UPZ, Metropolit Kliment, erklärte gegenüber dem
       öffentlich-rechtlichen ukrainischen Rundfunk Suspilna, Onufrij besitze
       keinen anderen Pass als den ukrainischen – weil er nie aktiv einen Antrag
       auf eine andere Staatsbürgerschaft gestellt habe. Kliment zufolge sei die
       Entscheidung zur Aufhebung der Staatsbürgerschaft „mit gewissen rechtlichen
       Zweifeln behaftet“. Onufrij werde gegen Selenskyjs Dekret Berufung einlegen
       und so seine Rechte als ukrainischer Bürger schützen. Der Religionskrieg in
       der Ukraine geht damit in die nächste Runde.
       
       3 Jul 2025
       
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