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       # taz.de -- Verwaltungsreform in Berlin: Nur der erste Schritt
       
       > Wenn CDU, SPD, Grüne und Linkspartei am 26. Juni im Abgeordnetenhaus
       > zustimmen, ist das bloß der rechtliche Rahmen für eine Reform der
       > Verwaltung.
       
   IMG Bild: Das Berliner Abgeordnetenhaus soll am 26. Juni die Verwaltungsreform beschließen – genauer gesagt: den gesetzlichen Rahmen dafür
       
       „Verwaltungsreform mit Verfassungsänderung wird nächste Woche im Plenum
       beschlossen!“ So stand es am Dienstagabend über einer der seltenen
       gemeinsamen Presseerklärungen der Fraktionen von CDU, SPD, Grünen und
       Linkspartei – inklusive Ausrufezeichen. Wirklich richtig daran sind aber
       nur Zeit und Ort. Was da die beiden Partner der schwarz-roten Koalition,
       die ansonsten gerade nicht sonderlich partnerschaftlich auftreten, und die
       beiden Oppositionsfraktionen da beschließen, ist aber nicht die Reform
       selbst.
       
       Die Gesetzesänderungen, [1][um die es am 26. Juni im Abgeordnetenhaus
       abschließend gehen soll], machen eine Reform lediglich möglich. Wenn es im
       Verwaltungsalltag wirklich dazu kommen soll, sind dafür viele weitere
       Schritte nötig. Etwa Schulungen, veränderte Personalauswahl und Menschen in
       den Verwaltungen, die das, was künftig in einem neuen
       Landesorganisationsgesetz steht, mit Leben erfüllen.
       
       Das wird das Abgeordnetenhaus weiter begleiten müssen, auch mit dem dafür
       nötigen Geld. Passiert das nicht, lässt sich das vergleichen mit einem
       neuen Radweg, der prima gebaut, aber nicht gepflegt wird, deshalb bald
       scherbenübersät ist, kaum genutzt wird und dann nicht wie erhofft Menschen
       vom Autositz in den Fahrradsattel holt. Ein schöner Ansatz, aber nicht
       nachhaltig.
       
       Auf dem Papier und in den Worten der beteiligten Politiker, allen voran
       CDU-Regierungschef Kai Wegner, wirkt Verwaltungsreform gar nicht so schwer:
       Anders als bisher festschreiben, [2][wer für die rund 4.000 einzelnen
       Aufgaben der Verwaltung zuständig ist], dann soll das schon werden. Das
       wird aber nicht so einfach sein, wie sich schon an der viel diskutierten
       und umstrittenen Einigungsstelle zwischen Senat und Bezirken zeigt. Dort
       bleibt es auch nach jüngsten Änderungen letztlich Auslegungssache, wann der
       Senat eine Entscheidung dieser Stelle anerkennt und wann nicht.
       
       ## „Kultur des Misstrauens“
       
       Noch mal: Es sind Menschen, die eine Verwaltungsreform mit Leben erfüllen,
       nämlich die Mitarbeiter in den Senatsverwaltungen und Bezirksrathäusern,
       die künftig besser ineinander greifen sollen. Dort aber – und das war im
       Abgeordnetenhaus zuletzt nicht von irgendwem, sondern [3][von der Chefin
       des Hauptpersonalrats zu hören] – gibt es offenbar eine
       Abschottungsmentalität. „Zwischen den Dienststellen herrscht leider eine
       Kultur des Misstrauens vor“, so Berlins oberste Personalrätin Daniela
       Ortmann im Original-Ton.
       
       In der Verantwortung sind aber nicht nur die 159 Mitglieder des
       Abgeordnetenhauses, sondern alle, denen die am 26. Juni zu beschließende
       Reform letztlich nutzen soll: Berlins vier Millionen Einwohner und
       Behördennutzer. Sie dürfen nicht erwarten, dass die Dinge in den Ämtern ab
       dem 27. Juni sprunghaft anders laufen, dürfen sich bei weiter langatmigen
       Verfahren nicht sofort enttäuscht ab- und womöglich der AfD zuwenden. Sie
       dürfen sich in solchen Fällen nicht zum fälschlichen Vorwurf verleiten
       lassen, die Parteien von CDU bis Linkspartei hätten es – oft gehörtes
       Versatzstück – „wieder mal nicht hingekriegt“.
       
       Im Grunde legt das Parlament in der übernächsten Woche bloß das Fundament
       für alles Weitere – nicht mehr, aber auch nicht weniger. Denn selbst dieses
       Fundament hatten frühere Koalitionen von Schwarz-Rot über Rot-Rot bis zu
       Rot-Grün-Rot in den vorangegangenen über zwei Jahrzehnten nicht
       hinbekommen. Um noch mal die Vorsitzende des Hauptpersonalrats von über
       140.000 Beschäftigten in Berlins öffentlichem Dienst zu zitieren: Der
       Reformbeschluss sei „der Startschuss, nicht der Schlusspunkt“.
       
       21 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Stefan Alberti
       
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