# taz.de -- Parteigründung beginnt mit Streit: Britische Linke suchen Alternative zu Labour
> Ein Jahr nach Keir Starmers Amtsantritt in Großbritannien kündigt eine
> linke Labour-Politikerin die Gründung einer eigenen Partei an.
IMG Bild: Die Abgeordnete Zarah Sultana kündigte ihren Austritt aus der Labour-Partei und die Gründung einer neuen linken Partei an
London taz | Es war die große Überraschung zum Jahrestag des
Labour-Wahlsiegs am vergangenen Donnerstag. Zarah Sultana, die 31-jährige
Labour-Abgeordnete für den Wahlkreis Coventry South, kündigte am
Donnerstagabend ihren Austritt aus der Labour-Partei an und erklärte die
Absicht, eine neue linke Partei zu gründen. Sie solle, so behauptete sie,
von ihr gemeinsam mit dem Ex-Labour-Parteiführer Jeremy Corbyn geführt
werden.
Sultana, die 2019 unter Corbyns Labour-Führung Abgeordnete wurde, war schon
kurz nach dem Labour-Wahlsieg letztes Jahr aus der Fraktion ausgeschlossen
worden, so wie mehrere andere Vertreter des linken Flügels. Sie hatte sich
geweigert, dem Regierungsprogramm zuzustimmen, weil die Regierung von
Premierminister Keir Starmer die von den Konservativen eingeführten
Begrenzungen von Kindergeld auf nur zwei Kinder nicht rückgängig machen
will.
Gemeinsamer Nenner der Labour-Linken ist neben sozialpolitischen Anliegen
auch der Nahostkonflikt. Die in Birmingham geborene Sultana stammt aus
einer muslimisch-pakistanischen Familie und ist für ihre harte
propalästinensische und israelkritische Stellung bekannt. In der
Vergangenheit wurden ihr auch antijüdische Aussagen zugeschrieben.
Auch andere potenzielle Mitglieder nehmen ähnliche Positionen ein. Etwa der
jüdische Südafrikaner und ehemalige ANC-Politiker Andrew Feinstein, der bei
der Wahl 2024 gegen Keir Starmer in dessen Londoner Wahlkreis angetreten
war.
## Corbyn war wohl nicht informiert
Corbyns jahrzehntelange propalästinensische Haltung ist ebenfalls kein
Geheimnis. Der mittlerweile 76-Jährige, der Labour 2017 und 2019 in zwei
Wahlniederlagen geführt hatte, sitzt seit 2024 als unabhängiger
Abgeordneter für seinen Londoner Wahlkreis Islington North im Parlament und
führt eine lose Allianz mit vier anderen Unabhängigen, deren politischer
Schwerpunkt Gaza ist. Sie könnten allesamt Mitglieder der neuen Partei
werden.
Doch es gibt dabei ein Problem. Sultanas Ankündigung scheint ohne Wissen
oder Zustimmung Corbyns geschehen zu sein. Angeblich soll es bei einem
Zoomtreffen einer von Corbyn gegründeten Gruppe namens „Collective“ sowohl
einen Vorstoß zur gemeinsamen Führung einer neuen linken Partei durch
Sultana und Corbyn gegeben haben als auch eine Konstruktion mit Corbyn als
Parteiführer. Denn laut Sunday Times glaubt Corbyn, dass Doppelspitzen
nicht funktionieren.
Dem Zoomtreffen soll schließlich von Befürworter:innen einer
Doppelspitze eine Wahl aufgezwungen worden sein, dem enge Corbyn-Vertraute
sich verweigerten. Unmittelbar danach soll Sultana ihre Ankündigung im
Alleingang gemacht haben. Corbyn-Vertraute sprachen von Respektlosigkeit.
## Meinungsumfrage sieht Potenzial bei bis zu 10 Prozent
Erst am nächsten Tag äußerte sich Corbyn selbst. Wahre Veränderungen seien
auf dem Weg, sagte er und beglückwünschte Sultana zu ihrem Austritt aus
Labour. Er sei über ihre Hilfe beim Aufbau einer wahren Alternative zu
Labour erfreut. Dann sagte er schlicht, dass die Diskussionen dazu
weiterliefen.
Ehemalige Corbyn-Freunde wie Diane Abbott, John McDonnell und Clive Lewis
schlossen sich Sultana genauso wenig an wie der linkspopulistische
Politiker George Galloway.
Laut einer Meinungsumfrage könnte eine Corbyn-geführte neue linke Partei
sowohl Labour als auch die Grünen Stimmen kosten und auf einen
Stimmenanteil von bis zu zehn Prozent hoffen. Doch zunächst wird wohl
weiter gestritten oder diskutiert.
6 Jul 2025
## AUTOREN
DIR Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
## TAGS
DIR Großbritannien
DIR Keir Starmer
DIR Jeremy Corbyn
DIR Linke Szene
DIR Labour Party
DIR Social-Auswahl
DIR Großbritannien
DIR Großbritannien
DIR Labour Party
DIR Großbritannien
DIR Labour Party
DIR Labour Party
DIR Großbritannien
DIR Großbritannien
## ARTIKEL ZUM THEMA
DIR Grünen-Parteitag in Großbritannien: „Mutige Politik“ statt Starmer und Farage
Die englischen Grünen sind im Aufwind, so wie einmal die Linken unter
Corbyn. Jetzt tagen sie unter ihrem neuen jüdischen Parteichef Zack
Polanski.
DIR Vizepremierministerin in Großbritannien: Angela Rayner tritt zurück
Die Labour-Politikerin legt alle Ämter in Kabinett und Partei nieder. Eine
regierungsinterne Prüfung hat bestätigt, dass sie Steuern hinterzogen hat.
DIR Wegen Steuerbetrug: Britische Vize-Premierministerin Rayner steht vor dem Aus
Erst undurchsichtiger Immobilienbesitz, jetzt auch noch ein Steuervergehen:
Der Ruf der populären Labour-Politikerin Angela Rayner ist beschädigt.
DIR Skandal in Großbritannien: Großbritannien nimmt Tausende afghanische Ex-Mitarbeiter auf
Ein Datenleck hat Ex-Mitarbeiter von Großbritannien in Afghanistan
gefährdet. Nun ist klar: Die frühere Regierung hatte die Umsiedlung
gestartet.
DIR Labour-Abspaltung: Falsche Antwort auf richtige Frage
Eine linke Labour-Politikerin versuchte die Abspaltung von Keir Starmer.
Bei ihrem Unternehmen blieb Zarah Sultana überraschenderweise allein.
DIR Labour-Regierung in Großbritannien: Keir Starmers Dilemma
Ein Jahr nach dem Machtwechsel in Großbritannien ist zunehmend unklar,
wofür die Labour-Regierung steht. Sie verspielt Vertrauen auf allen Seiten.
DIR Labour-Experte über britischen Premier: „Starmer wird nicht in Erinnerung bleiben“
Nach einem Jahr an der Regierung ist die Labour-Partei in den Umfragen
abgeschmiert. Das liegt auch an ihrer Politik der Mitte, sagt Experte
Christopher Massey.
DIR Großbritanniens Regierung: Labour versenkt sich selbst
Die Regierung von Keir Starmer wollte mit Sozialreformen Milliarden sparen.
Doch nun wurde klar: Weder die Reformen noch die Einsparungen klappen.