# taz.de -- Schutz für Afghan*innen: Familienfreundliche Entscheidung
> Afghanische Geflüchtete haben erfolgreich vor dem Berliner
> Verwaltungsgericht geklagt. Die Bundesregierung muss sich an
> Aufnahmezusagen halten.
Die Bundesregierung muss sich an Aufnahmezusagen halten, die sie an
besonders bedrohte Afghan*innen vergeben hat. Das geht aus einem
Eilentscheid des Verwaltungsgerichts Berlin hervor. Zwar geht es dabei nur
um den konkreten Fall einer einzelnen afghanischen Juradozentin sowie ihrer
Familienangehörigen. Doch die grundlegende Argumentation der
Richter*innen der achten Kammer dürfte genauso für alle anderen gelten,
die eine Aufnahmezusage bekommen haben.
Hintergrund des Gerichtsentscheids ist ein anhaltender Streit innerhalb der
[1][schwarz-roten Bundesregierung] über die Abwicklung des
Bundesaufnahmeprogramms für Afghan*innen, die besonders vom islamistischen
[2][Regime der Taliban in Kabul] bedroht sind. Offiziell ist das Programm
schon seit rund einem Jahr beendet, neue Aufnahmezusagen werden nicht mehr
vergeben.
Offen ist aber, was mit den Personen passiert, die bereits ausgewählt
wurden, Aufnahmezusagen erhalten haben, zahlreiche Sicherheitskontrollen
durchlaufen haben – aber noch nicht eingeflogen wurden. Über 2.000 von
ihnen sitzen derzeit in der pakistanischen Hauptstadt Islamabad fest und
warten verzweifelt auf die Evakuierung. Unter ihnen ist auch die Frau, um
die es nun vor Gericht ging.
## SPD, Linke und Grüne sind sich einig
Während SPD-Politiker*innen genauso wie die Opposition von Linken und
Grünen fordern, diese Menschen einzufliegen, will die Union das nicht.
CDU-Kanzleramtschef Thorsten Frei kündigte vor wenigen Wochen an, man wolle
die Aufnahmezusagen zurücknehmen.
Nach dem Gerichtsentscheid vom Dienstag dürfte das deutlich schwieriger
werden. Das Gericht argumentiert explizit, die Aufnahmezusagen würden nicht
dadurch unwirksam, dass das eigentliche Programm beendet ist. Deshalb
müssten die Afghanin und ihre Angehörigen ein Visum bekommen und einreisen
dürfen.
Unter Unterstützer*innen war die Freude am Montag groß. Eine
Sprecherin der Organisation Kabul Luftbrücke sagte der taz: „Die
Aufnahmezusagen sind rechtlich verbindlich.“ Die Bundesregierung müsse sich
daran halten „und darf nicht einfach das gesamte Programm aussetzen, weil
es ihr politisch missfällt“. Und die innenpolitische Sprecherin der Linken
im Bundestag, Clara Bünger, sagte, wenn die Bundesregierung weiterhin keine
Visa ausstelle, sei das „nicht nur moralisch verwerflich, sondern auch
rechtswidrig“.
Allerdings kann die Bundesregierung noch Beschwerde gegen den
Gerichtsbeschluss beim Oberverwaltungsgericht Berlin einlegen. Und die Zeit
spielt gegen die in Pakistan gestrandeten Afghan*innen. Die Regierung in
Islamabad versucht derzeit, möglichst viele Afghan*innen in ihr
Herkunftsland abzuschieben, auch Personen aus dem deutschen
Aufnahmeprogramm sind davon betroffen.
## Abschiebungen in letzter Sekunde verhindert
Laut Berichten von Aktivist*innen wurde die Abschiebung von
afghanischen Familien zuletzt mehrmals nur in allerletzter Sekunde
verhindert. Die Betroffenen waren bereits von der pakistanischen Polizei
festgenommen worden. Erst durch Intervention der deutschen Botschaft kamen
die Betroffen wieder frei.
[3][Das Auswärtige Amt] wollte diese Berichte auf Nachfrage der taz nicht
bestätigten. Aus dem Amt hieß es lediglich, dass sich alle Aufzunehmenden
in Notsituationen jederzeit an den Betreiber ihrer von Deutschland
organisierten Unterkunft wenden könnten. Die Deutsche Botschaft in
Islamabad habe zudem einen Notfallmechanismus etabliert, um Abschiebungen
zu verhindern. Allerdings ist fraglich, wie lange sich die pakistanischen
Behörden dies noch bieten lassen, wenn die CDU-Ministerien der
Bundesregierung gleichzeitig öffentlich ankündigen, die Afghan*innen
nicht aufnehmen zu wollen.
8 Jul 2025
## LINKS
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## AUTOREN
DIR Frederik Eikmanns
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