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       # taz.de -- England vor nächstem Gruppenspiel: Ordentlich unter Druck
       
       > Die Titelverteidigerinnen aus England könnten gegen die Niederlande
       > ausscheiden. Das Team spielte zuletzt oft schlecht, um dann wieder zu
       > überzeugen.
       
   IMG Bild: Die englischen Spielerinnen beim Training vor dem Spiel gegen die Niederlande
       
       Seit Samstag verbinden die Engländerinnen mit dem Letzigrund in Zürich sehr
       unschöne Erinnerungen. Sicherlich, [1][gegen Frankreich kann jedes Team
       verlieren]. Aber bei der Bemessung des Eigenanteils am Schaden kam
       Trainerin Sarina Wiegman zu dem Schluss: „Wir haben schon unsere eigenen
       Probleme kreiert.“ Am Mittwoch müssen die amtierenden Europameisterinnen
       wieder zurück in den Letzigrund. Gegen die Niederlande, [2][ein weiteres
       europäisches Spitzenteam], geht es darum, den Totalschaden abzuwenden.
       
       Sollte England verlieren, kann die Rückreise gleich gebucht werden. In dem
       Fall bedürfte es einer Niederlage von Frankreich gegen den krassen
       Außenseiter Wales am späteren Abend in St. Gallen, um noch das
       Viertelfinale zu erreichen. Diese Option in Betracht zu ziehen, wäre mehr
       Fantasterei als Rechnerei.
       
       „Wir haben die Gelegenheit, das wieder richtigzustellen.“ Wiegman wies
       unmittelbar nach der Auftaktniederlage auf die Möglichkeit des Neustarts
       hin. Vielleicht findet sie die Rückkehr nach Zürich gar nicht so schlecht.
       Der erste schlechte Eindruck könnte gleich an Ort und Stelle übertüncht
       werden.
       
       ## Schwächen ausbessern
       
       Als großen Lernprozess hat Wiegman die Partie gegen Frankreich beschrieben.
       Eine Lehre dürfte sein, dass ihre Außenverteidigerinnen im Züricher
       Leichtathletikstadion möglichst nicht mehr so häufig in Sprintduelle
       gezwungen werden können. Insbesondere [3][Lucy Bronze] tritt nach nun 135
       Länderspielen schon altersbedingt (33) nicht mehr so schnell an. Die
       Französinnen konnten diese Schwachstelle markant offenlegen, weil das sonst
       so strukturierte Wiegman-Team im Mittelfeld extrem ungeordnet und
       fehlerhaft agierte.
       
       Nach monatelanger Verletzungspause ist [4][Georgia Stanway], die für den FC
       Bayern in der zweiten Saisonhälfte kein Spiel bestreiten konnte, von ihrer
       Bestform weit entfernt. Auch der dribbelstarken Lauren James fehlt der
       Spielrhythmus. Seit Anfang April hatte sie wegen einer
       Oberschenkelverletzung keinen Pflichtspieleinsatz mehr gehabt. Gegen
       Frankreich fiel die 23-Jährige anfangs zwar mit einigen gelungenen
       Offensivaktionen auf, interpretierte ihr Positionsspiel aber dann doch
       etwas zu freigeistig. Wiegman ärgerte sich generell über die schlampigen
       Zuspiele und Ballverluste im Mittelfeld.
       
       Trotz all dieser offensichtlichen Baustellen wollte sich [5][Sarina
       Wiegman] nach der Auftaktniederlage nicht darauf festlegen lassen, mit
       einer anderen Startelf gegen die Niederlande aufzutreten. Die 55-Jährige,
       selbst Niederländerin, ist bekannt für ihre Neigung, in ihrem bevorzugten
       Gefüge so wenig Veränderungen wie nur möglich vorzunehmen. So dauerte es am
       Samstag eine Stunde, bis Wiegman sich dazu durchrang, neue Kräfte ins Spiel
       zu bringen.
       
       ## Mehr Aufmerksamkeit, mehr Nachfragen
       
       Danach gab es einige kritische Nachfragen zur Startelf vonseiten der
       englischen Presse. Wiegman, die die Niederlande (2017) und England (2022)
       zum EM-Titel führte, blockte sie mit größter Gelassenheit ab. Das alles sei
       vom Trainerteam vorab schon gut überlegt gewesen, erklärte sie. Vor der EM
       hat sie schon auf die neue Herausforderung aufmerksam gemacht. Lärm gebe es
       immer rund um so ein Turnier, sagte sie. Der Unterschied sei nun nur, dass
       die Aufmerksamkeit und Sichtbarkeit des Fußballs der Frauen so gewachsen
       sei und damit auch die Anzahl der Journalisten. Zudem wurden 41.000
       EM-Tickets auf der Insel geordert.
       
       Der Lärm wird also schriller und der Druck noch größer. Dass England sich
       in der mit Abstand kompliziertesten Gruppe bewähren muss, spielt dabei
       keine Rolle. Am Sonntag erklärte Stürmerin Lauren Hemp der britischen
       Reporterschaft nach einem offenen Training, dass die Lionesses schon oft
       unter Druck aufgeblüht wären.
       
       Das beschreibt allerdings nicht nur eine Qualität, sondern auch ein
       Problem. Den Europameisterinnen fehlt die Konstanz. Zuletzt haben sie sich
       häufig selbst mit schlechten Leistungen unter Druck gebracht, um danach
       wieder überzeugen zu können.
       
       So war etwa im Februar die Katerstimmung groß, als es gegen Außenseiter
       Portugal nur zu einem Remis reichte. Fünf Tage später triumphierte man
       gegen Weltmeister Spanien. Im April rätselte man wiederum, wie das Team nur
       gegen Belgien verlieren kann. Vor der zweiten EM-Partie im Letzigrund
       grübeln nicht wenige in England, wie dieses Team den Rückschlag gegen
       Frankreich wegstecken kann. Es darf mit allem gerechnet werden.
       
       9 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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