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       # taz.de -- Von der Industrie viel genutzter Stoff: Gefährlicher Pfannenwender
       
       > Das EU-Gericht bestätigt die Einstufung von Melamin als „besonders
       > besorgniserregenden“ Stoff. Mehrere Unternehmen hatten dagegen geklagt.
       
   IMG Bild: Alltagsprodukt mit Nebenwirkungen: Melamin wird zum Beispiel für Pfannenwender verwendet
       
       Berlin taz | Das Gericht der Europäischen Union hat die Aufnahme von
       Melamin in die Liste besonders besorgniserregender Stoffe durch die
       [1][Europäische Chemikalienagentur] (ECHA) für rechtmäßig erklärt. In
       seinem Urteil vom Mittwoch wiesen die Richter:innen in Luxemburg mehrere
       Klagen von Unternehmen zurück, die gegen die Einstufung des industriell
       weit verbreiteten Stoffes vorgegangen waren.
       
       Melamin ist Ausgangsprodukt für Kunstharze und ist in vielen
       Alltagsprodukten zu finden – in Geschirr oder Pfannenwendern. Beim Erhitzen
       kann der Stoff aus dem Material freigesetzt werden. Studien des
       Bundesinstituts für Risikobewertung deuten darauf hin, dass [2][Melamin im
       Körper] kristallisieren und die Bildung von Nieren- oder Blasensteinen
       begünstigen kann. Zudem gilt der Stoff als potenziell krebsauslösend.
       
       Auf der Grundlage dieser Erkenntnisse hatte die ECHA Melamin als potenziell
       gesundheits- und umweltschädlich eingestuft und ihn 2022 auf die sogenannte
       Kandidatenliste der Chemikalienregulierung REACH gesetzt. Dort führt die
       Agentur chemische Stoffe, die unter bestimmten Bedingungen einer
       Zulassungspflicht unterliegen können. Ein unmittelbares Verbot ist mit der
       Aufnahme zunächst nicht verbunden.
       
       Hersteller:innen und Lieferant:innen sind aber dazu verpflichtet,
       Verbraucher:innen zu informieren, wenn ihre Produkte mehr als 0,1
       Prozent Melamin enthalten. Gegen diese Entscheidung hatten mehrere
       Unternehmen aus unterschiedlichen EU-Staaten geklagt. Sie warfen der ECHA
       methodische Fehler bei der Risikobewertung vor und zweifelten die
       wissenschaftliche Grundlage der Entscheidung an.
       
       ## Zugeständnis an die Chemieindustrie
       
       Das EU-Gericht wies die Einwände jedoch zurück: Die Beurteilung sei
       nachvollziehbar, wissenschaftlich fundiert und nach den geltenden Vorgaben
       erfolgt. Ob die klagenden Firmen den Europäischen Gerichtshof in Luxemburg
       anrufen, ist offen.
       
       Die Debatte um den Stoff Melamin fällt in eine Zeit, in der die EU ihre
       Chemikalienregulierung neu ordnet. Derzeit debattieren Rat, Parlament und
       Kommission im Rahmen des Bürokratieabbaus, etwa die [3][Risikobewertung von
       Chemikalien] zu straffen.
       
       Der Verband der Chemischen Industrie lobte die Initiative am Dienstag und
       forderte, „dass in einem nächsten Schritt Gesetze zu Genehmigungsverfahren,
       zum Emissionshandel oder zur Abwasserregulierung rasch und entschlossen
       angepasst werden“. Der Europa-Abgeordnete der Grünen, Martin Häusling,
       hingegen kritisierte das „Chemikalienpaket“: Es stünde im Widerspruch zum
       Green Deal und sei ein politisches Zugeständnis an die Chemieindustrie, auf
       Kosten von Gesundheit, Umwelt und Verbraucherschutz.
       
       9 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://european-union.europa.eu/institutions-law-budget/institutions-and-bodies/search-all-eu-institutions-and-bodies/european-chemicals-agency-echa_de
   DIR [2] https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/lebensmittel/lebensmittelproduktion/essgeschirr-aus-melamin-kann-gesundheitsgefaehrdend-sein-7562
   DIR [3] /Lobbyschlacht-um-Ewigkeitschemikalien/!6062888
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Raweel Nasir
       
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