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       # taz.de -- Künstlerin über Open-Air-Figurentheater: „Die Figuren nehmen keinen Schaden“
       
       > Das Theatrio ist Hannovers einziges Figurentheater-Haus. Nun lädt es zum
       > Sommerfestival.
       
   IMG Bild: Beim Festival zu sehen: das Stück „Ach du Schtreck, das Ei ist weg“ des Figurentheaters Marmelock
       
       taz: Frau Heldt-Bertrand, wie ist es möglich, [1][mit fragilen Puppen]
       draußen Theater zu machen? 
       
       Petra Heldt-Bertrand: Schwieriger als im Theatersaal zu bleiben, ist es
       schon. Wir müssen die Stühle rausbringen und wir sichern den Innenhof mit
       einem Bauzaun. Im Hof steht ein wunderschöner Ahornbaum, es gibt also auch
       Schatten, und eine Außenbühne ist aufgebaut, die wir dafür mieten. Die ist
       überdacht: Die Figuren nehmen also keinen Schaden.
       
       taz: Müssen die Künstler*innen ihre Spielweise ans Auftreten draußen
       anpassen?
       
       Heldt-Bertrand: Ja, ganz klar. Einmal hatten wir bei einer Aufführung von
       Britt Wolfgramms [2][Figurentheater Marmelock] einen Platzregen – also so
       einen richtigen Gewitterschauer mitten in der Vorstellung. Da wurde dann
       alles eingepackt und alle sind nach drinnen geflüchtet. Im Notfall wird
       eben im Theatersaal gespielt. Aber das sind alles Profis. Die lassen sich
       nicht so leicht aus der Ruhe bringen.
       
       taz: Die kennen ja auch die Gegebenheiten im [3][Theatrio]: Das
       Sommertheater-Programm bestreiten die vier Ensembles, die bei Ihnen
       dauerhaft sind. 
       
       Heldt-Bertrand: Leider sind es nur noch drei – weil [4][Gerhard Seiler] mit
       über 80 Jahren dann doch irgendwann gesagt hat: Es ist genug.
       
       taz: Der hatte sein Theater 1973 gegründet!
       
       Heldt-Bertrand: Ja, das war eine echte Institution. Aber die Roten Finger,
       Neumond und Marmelock nutzen weiterhin bei uns regelmäßig die Probebühne
       und die Spielstätte. Die haben natürlich eine besonders intensive
       Verbindung zu unserem Haus und engagieren sich auch entsprechend: Zum
       Beispiel macht beim Sommerfest, bei dem der Eintritt übrigens frei ist,
       Christian Kruse vom Figurentheater Neumond das Programm.
       
       taz: Er hat es „Pauken, Blech und Pampelmusen“ genannt? 
       
       Heldt-Bertrand: Ja, das ist eine Mischung aus Figurentheater und Livemusik,
       ein echtes Familienkonzert mit vielen Geschichten: Christian Kruse ist auch
       Musiker, und seine Art, das zu mischen, ist schon sehr speziell. So eine
       Unterstützung ist für uns ganz entscheidend, so wie es für die Spieler
       wichtig ist, eine Spielstätte zu haben.
       
       taz: Es ist wirklich die einzige in der Region und der Stadt Hannover? 
       
       Heldt-Bertrand: Ja, das ist so. Zum Glück gibt es seit diesem Jahr im
       Frühjahr ein Festival der niedersächsischen Spielstätten für
       Figurentheater, das „Vernetzt“ heißt und auch künftig immer im Frühling
       stattfinden soll. Dieser Austausch ist wichtig – und sehr schön ist die
       wechselseitige Solidarität.
       
       taz: Was auffällt ist: Die Gruppen an Ihrem Haus stehen kaum in Konkurrenz,
       weil sie ganz unterschiedliche ästhetische Ansätze verfolgen. War das eine
       kuratorische Entscheidung? 
       
       Heldt-Bertrand: Nein. Also, was stimmt ist: Das sind ganz unterschiedliche
       kreative Persönlichkeiten, die haben alle unterschiedliche Interessen und
       es geht bei allen immer um etwas anderes – um das, was ihnen jeweils am
       Herzen liegt. Aber es war nicht so, dass man sich da bestimmte Truppen nach
       ihren künstlerisch-inhaltlichen Profilen zusammengesucht hätte. Die haben
       eine Bühne gesucht und dieses Haus gefunden. Inzwischen sind sie nicht mehr
       die Träger, haben aber weiter ihre Spielstätte bei uns.
       
       taz: Wäre es denn sinnvoll fürs Hau,s wieder eine neue, vierte Gruppe zu
       finden? 
       
       Heldt-Bertrand: Fürs Haus wäre das sehr schön. Aber so einfach ist das
       nicht. Denn, ganz wie Sie sagen: Figurentheater bleibt für viele unterm
       Radar. Das ermutigt die jungen Leute, die das beispielsweise in Berlin
       studieren, nicht gerade, eine neue Bühne aufzubauen. Das ist ein echtes
       Problem.
       
       taz: Dabei hat doch gerade Figurentheater so einen ganz eigentümlichen
       Reiz. 
       
       Heldt-Bertrand: Das ist so! Auch wegen des intimen Zusammenspiels der
       verschiedenen Künste: Die Figurenspieler sind eigentlich immer auch
       Schauspieler, oft auch Musiker. Und dann diese Figuren, die ja selbst
       regelrechte kleine Kunstwerke sind, wie die dann von einem Figurenspieler
       zum Leben erweckt werden – das finde ich total faszinierend.
       
       12 Jul 2025
       
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