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       # taz.de -- Erneuerbare Energien: Solaranlagen rauben sich gegenseitig die Erlöse
       
       > Solarstromanlagen machen sich gegenseitig die Erträge kaputt.
       > Marktanalysten gehen davon aus, dass auch Speicher das Problem
       > kurzfristig nicht lösen können.
       
   IMG Bild: Eine Photovoltaikanlage, an einem sonnigen Frühlingstag in Heilbronn, Deutschland, 2025
       
       Berlin taz | Die Marktwerte für Strom aus fluktuierenden erneuerbaren
       Energien werden bis 2028 um mehr als ein Viertel sinken. Zu diesem Ergebnis
       kommt eine Analyse der energiewirtschaftlichen Beratungsagentur [1][Enervis
       im Auftrag des Softwareanbieters Node Energy.]
       
       Konkret soll der Marktwert einer Kilowattstunde Windstrom aus Anlagen an
       Land in den nächsten drei Jahren auf rund 5,6 Cent sinken. Für
       [2][Photovoltaikanlagen] erwarten die Analysten einen noch größeren
       Rückgang auf nur noch rund 3,7 Cent. Je nach Wetterjahr könnten die Werte
       sogar noch drastischer sinken – und je nach Anlagenzubau ohnehin.
       
       Die Marktwerte sind jene Preise, die ein Anlagenbetreiber erzielt, wenn er
       den anfallenden Strom ungefördert und ohne Zwischenspeicherung am Spotmarkt
       verkauft. Am Spotmarkt ergibt sich für [3][jede Viertelstunde ein neuer
       Preis], schlicht mathematisch generiert aus Angebot und Nachfrage. Somit
       hängt bei schwankenden Erzeugern, wie Wind und Solar, der mittlere
       Marktwert des Stroms davon ab, in welchen Stunden der Strom anfällt.
       
       Das führt dazu, dass sich vor allem die [4][Solarstromanlagen], die
       typischerweise weitgehend zeitgleich ihren Strom erzeugen, die Erträge
       gegenseitig kaputt machen. Denn immer, wenn viel Solarstrom anfällt, ist
       dieser angesichts des hohen Angebots kaum noch etwas wert. Von
       Kannibalisierung spricht die Branche.
       
       ## Solarstrom ist in der Erzeugung billig
       
       Entsprechend niedrig ist im Sommer inzwischen der betreffende Marktwert. Im
       Mai fiel er nach Berechnungen der Übertragungsnetzbetreiber für die
       Photovoltaik auf knapp unter zwei Cent je Kilowattstunde. Damit erreichte
       der PV-Wert nur noch knapp 30 Prozent jenes Wertes, den ein
       Grundlastkraftwerk im gleichen Zeitraum erzielte (6,7 Cent pro
       Kilowattstunde).
       
       Diese 30 Prozent sind der niedrigste Monatswert in der Geschichte der
       Photovoltaik. Zwar ist die Erzeugung von Solarstrom sehr billig, doch das
       bringt wenig, wenn der Strom vor allem dann verfügbar ist, wenn er keine
       nennenswerten Erlöse mehr generiert.
       
       Die aktuelle Analyse von Enervis macht wenig Hoffnung, dass sich die
       Marktwerte durch den Aufbau von Speicherkapazitäten schnell stabilisieren
       werden. „Mit einer kurzfristigen Trendumkehr bei der Kannibalisierung ist
       vorerst nicht zu rechnen“, sagt Christian Schock, Analyst bei Enervis. Zwar
       boome derzeit „das Thema Speicher“, gleichwohl könne der Ausbau „mit dem
       geförderten Zuwachs der Erneuerbaren noch nicht Schritt halten“.
       
       ## Ausweg im langfristigen Ausbau von Co-Location-Speichern
       
       Viele Betreiber ignorierten diese Entwicklungen noch, heißt es bei Node
       Energy. „In der Praxis sehen wir, dass die Hälfte der Betreiber in
       Deutschland noch nicht die Dramatik ihrer künftigen Erlösentwicklung
       realisiert hat“, sagt Firmengründer Matthias Karger. Viele Betreiber hätten
       sich angesichts bislang sicherer Zahlungen auf Basis des
       Erneuerbare-Energien-Gesetzes kaum mit echten Marktwerten beschäftigt. „Das
       verhindert einen realistischen Blick auf die Zukunft“, sagt Karger.
       
       Auswege sieht Node Energy langfristig im Ausbau von Co-Location-Speichern.
       Das sind solche, die sich noch vor dem Einspeisepunkt der Erzeugungsanlagen
       befinden und es damit ermöglichen, dass die Einspeisung ins öffentliche
       Netz um einige Stunden verschoben wird. Damit könnten
       „Kannibalisierungseffekte besser ausgeglichen werden“.
       
       Eine andere Variante seien sogenannte PPAs (Power Purchase Agreements),
       betont Node Energy. Damit sind zumeist mehrjährige Stromlieferverträge
       zwischen Stromproduzenten und Stromabnehmern gemeint. Da der Auftraggeber
       der aktuellen Marktanalyse solche Verträge anbietet, liegt dieser Tipp
       freilich nahe.
       
       Das grundsätzliche Problem der Kannibalisierung lösen PPAs unterdessen
       nicht – sie können allenfalls jenen Marktakteuren günstigere Konditionen
       sichern, die die Entwicklungen früher erkennen als andere.
       
       23 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://www.solarserver.de/2025/06/10/neue-studie-marktwerte-fuer-windenergie-und-photovoltaik-sinken-bis-2028-deutlich/#:~:text=Eine%20Studie%20von%20Enervis%20im%20Auftrag%20von,Speichern%20wird%20den%20Preisverfall%20in%20den%20n%C3%A4chsten
   DIR [2] /Photovoltaik/!t5010208
   DIR [3] /Steuerung-der-Photovoltaik/!6061925
   DIR [4] /Solarenergie/!t5008391
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Bernward Janzing
       
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