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       # taz.de -- Weltweite Klimaklagen: Zweischneidiges Schwert
       
       > 226 neue Klimaklagen wurden 2024 eingereicht. Mit einem relevanten Anteil
       > davon soll Klimaschutz allerdings ausgebremst werden.
       
   IMG Bild: Der Bergbauer Saúl Luciano Lliuya am Gletschersee Palcacocha in Peru
       
       Berlin taz | Trotz zunehmender Intensität und Häufigkeit von
       Klimakatastrophen sinkt die Zahl der neuen Klimaklagen weltweit. Das
       stellen das Grantham Research Institute der London School of Economics und
       das Sabin Center für Klima-Recht der US-amerikanischen Columbia University
       in einem Bericht fest.
       
       Demnach wurden 2024 226 Klimaklagen eingereicht, während es 2021 noch über
       300 waren. Fast drei Viertel dieser Klagen landeten bei US-Gerichten, der
       Rest verteilt sich vor allem auf Australien, das Vereinigte Königreich,
       Brasilien und Deutschland.
       
       Von den 226 Klimaklagen richten sich den Berichtsautor*innen zufolge
       60 gegen stärkeren Klimaschutz, statt auf konsequentere Maßnahmen im Kampf
       gegen die Erderhitzung zu drängen. Auch diese Klagen häufen sich in den
       USA, wo zum Beispiel die Regierungen von Tennessee und Texas den
       Vermögensverwalter Blackrock verklagten, weil er durch umweltfreundlichere
       Investments die Rendite für seine Kund*innen verringerte.
       
       „Die Entwicklung in den USA zeigt deutlich: Klimaklagen sind keine
       Einbahnstraße“, sagt Joana Setzer vom Grantham Research Institute. „Sie
       können den Klimaschutz voranbringen, aber auch ausbremsen.“
       
       ## Erfolg in Korea und Brasilien
       
       Dem Bericht zufolge landen weiterhin Klagen vor hohen Gerichten. In
       Südkorea entschied das Verfassungsgericht zum Beispiel, dass die Ziele im
       nationalen Klimagesetz nicht ausreichend konkret sind. Es begründete diese
       Entscheidung [1][wie das deutsche Verfassungsgericht 2021] unter anderem
       damit, dass zukünftige Generationen einer zu großen Last ausgesetzt sind,
       wenn die heutige Regierung unzureichenden Klimaschutz betreibt.
       
       Im vergangenen Jahr wurden dem Bericht zufolge 80 Klagen nach dem
       Verursacherprinzip eingereicht. Dadurch sollen Unternehmen, die die
       Erderhitzung durch ihre CO2-Emissionen vorantreiben, an den Kosten von
       Klimafolgen beteiligt werden. In Brasilien musste ein Unternehmen zum
       Beispiel 10 Millionen Real (etwa 1,5 Millionen Euro) Entschädigung zahlen,
       weil es durch die Rodung von Bäumen CO2-Emissionen verursachte.
       
       Zu diesen Prozessen gehört auch der Fall des peruanischen Bergbauern Saúl
       Luciano Lliuya, der den deutschen Energiekonzern RWE verklagt hatte. Er
       [2][wollte, dass RWE Schutzmaßnahmen bezahlt], weil die Erderhitzung eine
       Flutwelle aus einem Gletscherseen in der Nähe seiner Heimatstadt
       wahrscheinlicher mache.
       
       Das Oberlandesgericht Hamm bestätigte zwar, dass RWE grundsätzlich für die
       Folgen ihrer CO2-Emissionen zur Verantwortung gezogen werden kann, und
       schuf so einen Präzedenzfall, [3][den Lliuyas Anwält*innen als großen
       Erfolg sehen]. Das Gericht sah jedoch nicht als nachgewiesen an, dass
       Lliuyas Haus ausreichend gefährdet ist.
       
       26 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Jonas Waack
       
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