URI: 
       # taz.de -- Verkehrspolitik von unten: Dürfen Berliner*innen über „Autofrei“ abstimmen?
       
       > Der Verfassungsgerichtshof entscheidet über die Zulässigkeit des
       > Volksentscheids „Berlin autofrei“. Die Verwaltung hält ihn für
       > unrechtmäßig und unrealistisch.
       
   IMG Bild: Mitglieder der Initiative im April bei der mündlichen Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof
       
       Berlin dpa/taz | Der Verfassungsgerichtshof verkündet am Mittwoch (10.00
       Uhr) sein Urteil zum Volksbegehren „Berlin autofrei“. Damit entscheidet
       sich, ob in der Hauptstadt eine völlig neue Verkehrspolitik Einzug hält –
       oder die Pläne der Bürgerinitiative gescheitert sind.
       
       Die Organisatoren wollen im Wege eines Volksbegehrens den privaten
       Autoverkehr innerhalb des Berliner S-Bahn-Rings weitgehend verbieten. Das
       erklärte Ziel: weniger Verkehrstote, weniger Umweltschäden, mehr Sicherheit
       für die Berlinerinnen und Berliner. Doch der Senat hält das in einem
       Gesetzentwurf formulierte Vorhaben für verfassungsrechtlich bedenklich. Er
       hatte daher das höchste Gericht Berlins bereits 2022 um eine Prüfung
       gebeten, ob ein solcher Volksentscheid überhaupt zulässig wäre.
       
       Nach den Plänen der Initiative sollen nach einer Übergangszeit von vier
       Jahren fast alle Straßen im Innenstadtbereich – mit Ausnahme der
       Bundesstraßen – zu „autoreduzierten Straßen“ erklärt werden. Private
       Autofahrten sollen pro Person nur bis zu zwölfmal im Jahr möglich sein, das
       Parken nur noch auf privatem Grund erlaubt sein. Ausnahmen von dem
       faktischen Autoverbot soll es geben für Menschen mit Behinderung, Polizei,
       Rettungsdienst, Feuerwehr, Müllabfuhr, Taxen sowie Wirtschafts- und
       Lieferverkehr.
       
       Die vielen frei werdenden Flächen, auf denen bisher Autos parken, sollen
       umgenutzt werden für Fahrradstraßen, Spiel- und Aufenthaltsflächen. Auch
       für Busverkehr, so die Initiatoren [1][bei der mündlichen Verhandlung im
       April], würde es mehr Platz geben und er würde deutlich schneller werden.
       Insgesamt soll der Öffentliche Nahverkehr deutlich ausgebaut werden, damit
       die Menschen auch ohne Auto zügig überall hinkommen. Die Vertreter der
       Verwaltung hatten in der mündlichen Verhandlung erklärt, ein solch massiver
       Ausbau des ÖPNV binnen der Übergangszeit sei unbezahlbar und unrealistisch.
       
       ## Ziel: Abstimmung durchs Wahlvolk
       
       Der Verfassungsgerichtshof muss nun entscheiden, ob der Entwurf im Einklang
       steht mit der Berliner Verfassung, dem Grundgesetz sowie Bundesrecht.
       Sollten die Richter zu dem Schluss kommen, dass das Volksbegehren gegen
       keine dieser Bestimmungen verstößt und zulässig ist, wäre die Initiative
       einen wesentlichen Schritt weiter.
       
       Sie könnte dann die nächste Stufe des Volksbegehrens einleiten. Dann
       müssten innerhalb von vier Monaten die Unterschriften von mindestens sieben
       Prozent der Berliner Wahlberechtigten gesammelt werden. Das sind derzeit
       rund 170.000 Menschen.
       
       Gelingt das, würde ein Volksentscheid folgen, bei dem wie bei einer Wahl
       über den Gesetzentwurf abgestimmt wird. Der Volksentscheid wäre erfolgreich
       und würde das Gesetz in Kraft setzen, wenn eine Mehrheit der Wähler und
       zugleich mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zugestimmt haben.
       
       Die Initiative hatte im Sommer 2021 mehr als 50.000 Unterschriften für die
       Einleitung eines entsprechenden Volksbegehrens zur Verkehrswende gesammelt.
       Nötig waren in dieser ersten Phase des Volksbegehrens 20.000 gültige
       Stimmen. Doch zum nächsten Sammelschritt kam es nicht: Der Senat schaltete
       das Verfassungsgericht ein.
       
       25 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Volksentscheid-Berlin-autofrei/!6076364
       
       ## TAGS
       
   DIR Volksentscheid
   DIR Verkehrspolitik
   DIR Verkehr
   DIR Direkte Demokratie
   DIR Schwerpunkt Radfahren in Berlin
   DIR Verkehrswende
   DIR Erderwärmung
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
   DIR Schwerpunkt Klimawandel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR ADFC kürt fahrradfreundlichste Städte: Radfahren bleibt gefährlich
       
       Die deutsche Fahrradinfrastruktur erhält auch in diesem Jahr die Note
       ausreichend. Immerhin: Auf dem Land scheint das Radfahren besser zu
       funktionieren als in der Stadt.
       
   DIR Volksentscheid Berlin autofrei: Heiliges Blechle vor Gericht
       
       Der Verfassungsgerichtshof entscheidet, ob das Land den Volksentscheid
       Berlin autofrei zulassen muss. Bei der Anhörung haben die Richter viele
       Fragen.
       
   DIR Volksabstimmug in Paris: Vorbildhafte Kommunalpolitik
       
       Autofrei in 500 Straßen. Wovon in Berlin viele träumen, könnte in Paris
       bald Wirklichkeit werden. Bürgermeisterin Anne Hidalgo macht vor, wie's
       geht.
       
   DIR Klimaschutzkonzept für Berlin: Fahrplan zum grünen Traum
       
       Als erster Bezirk hat Friedrichshain-Kreuzberg ein Konzept zum Klimaschutz
       und zur Klimaanpassung vorgelegt.
       
   DIR Vorbilder bei Fahrverboten: Sonntags Party auf der Straße
       
       Fahrverbote standen für Verkehrsminister Volker Wissing nie wirklich zur
       Debatte. Aber es gibt sie: Paris, Mexiko-Stadt und Athen zeigen, wie es
       geht.