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       # taz.de -- Transaktionen in die alte Heimat: Teure Rücküberweisungen
       
       > Überweisungen von Auswanderern sind die Haupt-Geldquelle für viele ärmere
       > Länder. Aber die Transaktionskosten sind hoch. Die UN fordern eine
       > Senkung.
       
   IMG Bild: Markt in Lagos, Rücküberweisungen von Migranten in ihre Herkunftsländer werden oft für Lebensmittel verwendet
       
       Berlin taz | Es dauert nur wenige Minuten: Beryl betritt eine
       „Reisebank“-Filiale in Berlin, zückt seine Geldbörse und kommt wieder raus.
       Etwa einmal im Monat komme der in Barbados geborene Berliner in die Filiale
       und überweise Geld ins Ausland, sagt er – obwohl, meistens würde seine Frau
       gehen. Seinen vollständigen Namen will er nicht in der Zeitung lesen. „Das
       Geld geht an verschiedene Leute, die es brauchen, meistens in Afrika“, sagt
       er. Gerade habe er Geld für eine Augenoperation geschickt.
       
       Diese Rücküberweisungen von Migranten in ihre Herkunftsländer – auf
       Englisch remittances - sind die wichtigste Geldquelle für Länder mit
       geringem Einkommen. 857 Milliarden US-Dollar überwiesen Menschen an ihre
       Familien oder Bekannte im Ausland im Jahr 2023 [1][nach Daten der
       Weltbank]. Der Großteil, 656 Milliarden Dollar, ging in Länder mit
       mittlerem oder geringem Einkommen. Die Summe ist größer als alle
       ausländischen Investitionen und Entwicklungsgelder zusammen, die im selben
       Jahr in diese Länder gingen.
       
       Tatsächlich dürften die Zahlen für Remittances noch um einiges höher sein,
       da die Datenlage häufig schlecht ist, schreibt auch die Weltbank. Vor allem
       Geldscheine, die bei Reisen direkt überbracht werden, laufen unter dem
       Radar.
       
       „Die Rücküberweisungen leisten einen wichtigen Beitrag zur
       Aufrechterhaltung des Lebensunterhalts vieler Menschen und der
       Unterstützung der makroökonomischen Stabilität der Empfängerländer“, sagt
       Danish der taz. Der Mann, der nach eigenen Angaben nur einen Namen hat,
       forscht [2][zu nachhaltiger Entwicklung] an der Denkfabrik South Centre in
       der Schweiz.
       
       ## Höchstens 3 Prozent Kosten
       
       Wie wichtig Rücküberweisungen sind, wurde bereits in der ersten Konferenz
       für Entwicklungsfinanzierung 2002 thematisiert – mit dem Ziel, die Kosten
       zu reduzieren. In den 17 nachhaltigen Entwicklungszielen (SDG), zu der sich
       die Staaten der Vereinten Nationen 2015 entschlossen, wurde das Vorhaben
       dann konkret: Die Kosten von Überweisungen sollen nicht mehr als 3 Prozent
       betragen.
       
       Im vierten Quartal 2023 waren sie jedoch mehr als doppelt so hoch,
       durchschnittlich 6,4 Prozent des gesendeten Betrags kostete laut Weltbank
       die Überweisung von 200 US-Dollar. US-Präsident Donald Trump setzt noch
       eins obendrauf: In seinem umstrittenen Haushaltsgesetz, der „Big Beautiful
       Bill“, plant er eine zusätzliche Steuer von 3,5 Prozent auf alle
       Geldüberweisungen ins Ausland.
       
       Diese Woche treffen sich Staaten zur [3][vierten UN-Konferenz für
       Entwicklungsfinanzierung in Sevilla]. Danish hofft, dass das Thema hier
       wieder stärker in den Fokus rückt. „Die Staaten müssen ihre Anstrengungen
       verdoppeln, um die Kosten für Rücküberweisungen zu senken“. Immerhin wird
       das Ziel im finalen Entwurf des Abschlussdokuments bekräftigt. Danish hätte
       sich gewünscht, dass Staaten konkrete Verpflichtungen eingehen, etwa auf
       zusätzliche Steuern zu verzichten und Weichenstellungen für lokale
       Transferanbieter erleichtern.
       
       Denn hohe Kosten seien weiterhin ein wesentliches Hindernis für
       Rücküberweisungen, sagt Danish. In den vergangenen zehn Jahren hat es
       geringfügige Verbesserungen gegeben. 2015 lagen die Kosten bei
       durchschnittlich 7,7 Prozent, also 1,3 Prozentpunkte höher als heute. Die
       Ursache des leichten Kostenrückgangs liegt im größeren Angebot von
       Online-Überweisungsdiensten, die im Schnitt deutlich günstiger sind als die
       konventionellen Banken.
       
       Für kostengünstigere Rücküberweisungen gibt es laut Danish gute Argumente:
       „Die Gelder gehen direkt an die Menschen, die sie am meisten brauchen“.
       Damit gehe weniger davon „verloren“ als bei anderen Methoden der
       Entwicklungsfinanzierung. Ein Großteil der Rücküberweisung werde wieder in
       lokale Märkte investiert. In ärmeren Ländern würden vor allem Lebensmittel
       gekauft, in Ländern mit mittleren Einkünften gehen die Gelder auch in den
       Hausbau, erklärt Danish. Viel Geld fließt ebenso in Gesundheit und Bildung.
       
       Die Überweisungen sind außerdem Einnahmequellen der Empfängerländer für
       ausländische Währungen. Danish kritisiert, dass Kreditratingagenturen sie
       nicht in ihre Bewertung der Länderratings einbeziehen. Auch das wäre ein
       Thema für Sevilla.
       
       30 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] https://documents1.worldbank.org/curated/en/099714008132436612/pdf/IDU-a9cf73b5-fcad-425a-a0dd-cc8f2f3331ce.pdf
   DIR [2] https://www.southcentre.int/wp-content/uploads/2025/06/RP219_Reducing-the-Cost-of-Remittances-%E2%80%93-A-Priority-for-the-Global-South_EN.pdf
   DIR [3] /UN-Konferenz-zu-Entwicklungsfinanzierung/!6095120
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Leila van Rinsum
       
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