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       # taz.de -- Komponist Lalo Schiffrin gestorben: Der Rhythmus von „Mission Impossible“
       
       > Seine Filmmusiken machten ihn weltberühmt: Lalo Schifrin komponierte den
       > Soundtrack vieler Klassiker des Kinos. Nun ist er gestorben.
       
   IMG Bild: Der mit einem Grammy ausgezeichnete Komponist Lalo Schifrin in seinem Studio in Beverly Hills, Kalifornien, am 10. Mai 2006
       
       London dpa | Sein wohl berühmtestes Stück schrieb Lalo Schifrin unter
       sonderbaren Voraussetzungen. Für die TV-Serie [1][„Mission: Impossible“,]
       die ab 1966 in den USA ausgestrahlt wurde und später unter dem Titel
       „Kobra, übernehmen Sie“ im deutschen Fernsehen lief, komponierte er
       zunächst die Begleitmusik. Dann sollte er die Musik für den Vorspann
       liefern, allerdings ohne diesen davor gesehen zu haben.
       
       „Du musst die Noten ohne irgendwas auf dem Bildschirm schreiben“, habe man
       ihm gesagt, so Schifrin im Interview der Television Academy. „Wir richten
       uns nach deiner Musik. Gib uns etwas Rhythmisches.“ Und rhythmisch wurde
       es. Die Musik im äußerst ungewöhnlichen 5/4-Takt klang aufregend und passte
       atmosphärisch perfekt zu den Geschichten um Spionage, verdeckte Operationen
       und den ständigen Wettlauf gegen die Zeit. Für seinen Soundtrack erhielt
       Schifrin einen Grammy. Das ikonische Intro wurde als Musikstück über die
       Serie hinaus bekannt.
       
       Lalo war eigentlich sein Spitzname. Geboren wurde er am 21. Juni 1932 als
       Boris Claudio Schifrin in Buenos Aires. Seine musikalische Entwicklung
       begann in jungen Jahren am Klavier. Sein Klavierlehrer war Enrique
       Barenboim, der Vater des Pianisten und Dirigenten Daniel Barenboim.
       Schifrins Vater Luis hatte als Geiger gute Kontakte in die Welt der
       klassischen Musik, von denen der junge Lalo profitierte.
       
       Auf dem College entdeckte er zusätzlich den Jazz für sich. „Und seitdem
       widme ich mich beiden Ausdrucksweisen“, sagte er 1967 dem Magazin „Jazz
       Professional“. „Das hat nichts Schizophrenes. Die Leute verstehen nicht,
       dass gute Musik ein großes Ganzes ist. Ich mache keinen Unterschied
       zwischen Jazz und klassischer Musik. Ob sie musikalisch gut ist, ist das
       Einzige, was zählt.“ Die Kombination der Stile prägte sein Schaffen. Er
       machte klassische Motive einem Mainstream-Publikum zugänglich und brachte
       Jazz-Rhythmen ins Kino.
       
       ## Soziologie und Jazz
       
       Zunächst beeinflusste der Jazz seine weitere Laufbahn maßgeblich. Nach
       einem Soziologie-Studium erhielt Schifrin mit Anfang 20 ein Stipendium am
       Pariser Konservatorium. Tagsüber studierte er dort Komposition, nachts
       spielte er in den Jazz-Clubs der französischen Hauptstadt. Zurück in Buenos
       Aires gründete er ein Jazz-Orchester, mit dem er wöchentlich in einer
       TV-Show auftrat.
       
       Eine Begegnung mit dem Jazzmusiker [2][Dizzy Gillespie] erwies sich als
       wegweisend für seine zukünftige Karriere. Zunächst komponierte er das Album
       „Gillespiana“ für Gillespie, auf dem er auch Klavier spielte. Einige Jahre
       später holte ihn Gillespie als Pianist in sein Quintett. Schifrin zog dafür
       Anfang der 60er Jahre nach New York City und machte sich in den USA einen
       Namen – mit Jazz und auch mit Bossa Nova. Später nahm er die amerikanische
       Staatsbürgerschaft an.
       
       In seiner alten Heimat hatte der Argentinier vereinzelt an Filmen
       mitgewirkt. Sein erstes Hollywood-Engagement wurde der Abenteuerfilm
       „Rhino!“, der in Deutschland den reißerischen Titel „Safari zur Hölle“ trug
       und 1964 in die Kinos kam. Noch im selben Jahr komponierte er die Musik für
       drei weitere Filme, darunter der US-TV-Film „See How They Run“ mit Senta
       Berger und das französische Drama „Wie Raubkatzen“ mit Alain Delon, und
       Folgen von TV-Serien. Von New York zog er in die Film-Metropole Los
       Angeles.
       
       ## Lässiger Soundtrack für Steve McQueen
       
       Die Online-Film-Datenbank IMDb listet heute über 200 Soundtracks aus der
       Feder von Lalo Schifrin. Besonders berühmt sind seine lässige, jazzige
       Musik für den Steve-McQueen-Klassiker „Bullitt“ (1968), die fast
       beklemmende Begleitung für Clint Eastwoods Thriller „Dirty Harry“ (1971)
       samt einiger Fortsetzungen und der atmosphärische Soundtrack für „Der Mann
       mit der Todeskralle (1973)“. Für den Kultfilm [3][mit Bruce Lee] wagte sich
       Schifrin auf neues Terrain und kombinierte Elemente von Funk mit
       asiatischen Klängen und Samples.
       
       In späteren Jahren zeichnete der Komponist unter anderem für die
       Soundtracks zur „Rush Hour“-Reihe mit Jackie Chan und Chris Tucker
       verantwortlich und produzierte die Musik für einige kleinere oder
       unabhängige Produktionen. Seine ikonische Melodie für „Mission: Impossible“
       blieb immer präsent, zumal sie dank der Hollywood-Blockbuster mit Tom
       Cruise seit 1996 auch im Kino regelmäßig erklang, arrangiert von modernen
       Filmkomponisten wie Danny Elfman oder Hans Zimmer.
       
       Insgesamt fünf Grammys, darunter einen Latin Grammy, erhielt Lalo Schifrin.
       Viermal war er für einen Emmy, sechsmal für einen Oscar nominiert. Im
       Herbst 2018 erhielt er den Ehren-Oscar für sein Lebenswerk. Im Interview
       der Television Academy, die jährlich die Emmys vergibt, wurde Schifrin
       gefragt, wofür er nach seinem Tod in Erinnerung bleiben möchte. „Das ist
       nicht mein Problem“, antwortete der Musiker. „Das müssen die nachfolgenden
       Generationen beurteilen.“ Nun ist Lalo Schiffrin im Alter von 93 Jahren
       gestorben.
       
       27 Jun 2025
       
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