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       # taz.de -- Entscheidung der Mindestlohnkommission: Fast 15 Euro für alle
       
       > Der Mindestlohn steigt schrittweise bis 2027 auf 14,60 Euro. Das hat die
       > zuständige Kommission beschlossen. Die SPD-Wunschhöhe ist knapp verfehlt.
       
   IMG Bild: Das Gremium gibt seinen Beschluss zur Anpassung der Höhe des gesetzlichen Mindestlohns bekannt, Berlin, am 27.6.2025
       
       Berlin taz | Lang und breit wurde über die Erhöhung des gesetzlichen
       Mindestlohns diskutiert – besonders die SPD wünschte sich [1][die Erhöhung
       auf 15 Euro]. Die Mindestlohnkommission blieb nun darunter: Anfang 2026
       soll die Lohnuntergrenze auf 13,90 Euro brutto pro Stunde steigen, 2027
       dann auf 14,60 Euro. Damit werden schließlich fünf bis sechs Millionen
       Beschäftigte bis zu 310 Euro monatlich mehr bekommen.
       
       Die Lohnuntergrenze, die jetzt bei 12,82 Euro liegt, gilt mit wenigen
       Ausnahmen für alle Arbeitnehmer:innen in Deutschland. Laut Gesetz wird
       die Höhe durch die Kommission bestimmt, in der jeweils drei Mitglieder der
       Gewerkschaften und Arbeitgeber sowie die unabhängige Vorsitzende Christiane
       Schönefeld verhandeln. Manchmal grätscht aber auch die Politik rein – so
       findet sich das Ziel [2][von 15 Euro im Koalitionsvertrag von Union und
       SPD].
       
       Wenn diese Linie erreicht worden wäre, hätte es sich Parteichef und
       [3][Vizekanzler Lars Klingbeil] beim [4][Parteitag der SPD an diesem
       Wochenende] als Erfolg anrechnen können. SPD-Politiker Bernd Rützel
       bezeichnete den Beschluss dennoch als „annehmbares Ergebnis in
       wirtschaftlich angespannten Zeiten“.
       
       „Sehr schwierige Gespräche“ in der Gemengelage räumte die Vorsitzende ein.
       Nachdem man zwei Tage fast durchverhandelt habe, einigte man sich am
       Freitagmorgen um 9.10 Uhr, sagte Stefan Körzell, einer der Vorstände des
       Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Steffen Kampeter, Geschäftsführer der
       Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA), beklagte „den erheblichen
       medialen und politischen Druck“.
       
       ## Die Entscheidung in Zahlen
       
       Zum 1. Januar 2026 steigt der Mindestlohn um 8,4 Prozent, Anfang 2027 um
       weitere fünf Prozent. Insgesamt führt das zu einer Anhebung von knapp 14
       Prozent. Laut Stefan Körzell können Vollzeitarbeiter:innen ab
       kommendem Jahr mit 190 Euro mehr Bruttolohn pro Monat rechnen, im Jahr
       darauf insgesamt mit 310 Euro. Das Jahresplus summiere sich dann auf rund
       3.700 Euro, erklärte Körzell. [5][Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas] (SPD)
       kündigte an, das Ergebnis möglichst bald durch eine Rechtsverordnung
       verbindlich zu machen.
       
       Zusätzliche Ausnahmen vom Mindestlohn für alle beschloss die Kommission
       nicht. Bauernpräsident Joachim Rukwied hatte verlangt, dass ausländische
       [6][Saisonarbeiter:innen in der hiesigen Spargel-, Wein- und
       Obsternte ein Fünftel weniger erhalten sollten.] Eine solche Regelung
       erlaube das Gesetz aber nicht, argumentierte Kommissionsvorsitzende
       Schönefeld.
       
       Zum guten Teil habe die Kommission nun die „hohen Tarifabschlüsse“ der
       vergangenen zwei Jahre nachvollzogen, sagte BDA-Geschäftsführer Kampeter.
       Das Gremium muss sich unter anderem an der allgemeinen Lohnentwicklung
       orientieren. Allerdings gibt es ein relativ neues, zusätzliches Kriterium,
       das aus der EU-Gesetzgebung stammt: Demnach soll die Lohnuntergrenze bei 60
       Prozent der „mittleren“ Lohnhöhe liegen. Es „ist ein Erfolg für die
       Gewerkschaften, den Referenzwert als neues Kriterium durchgesetzt“ zu
       haben, sagte Malte Lübker von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung.
       
       ## Wirtschaft warnt vor Stellenverlust
       
       Heikel war die Entscheidung wegen der Stagnation, in der viele Unternehmen
       momentan feststecken. Deshalb könnten sich nicht alle Firmen höhere
       Mindestlöhne leisten, betonte Kampeter am Freitag. Er befürchtete, es werde
       zu „Verlagerungen“ und Stellenverlusten kommen. Das sehen auch einige
       Wirtschaftsverbände voraus, etwa der Einzelhandel oder das Taxigewerbe.
       „Die Entwicklung dürfte zu einem schleichenden Verlust von einfachen Jobs
       führen“, teilte das Institut der Deutschen Wirtschaft mit.
       
       Gewerkschaftsvorstand Körzell argumentierte dagegen, Beschäftigte, die ihre
       Stelle verlören, könnten in produktivere Unternehmen wechseln. Schließlich
       herrsche ein verbreiteter Arbeitskräftemangel, und zahlreiche Firmen
       suchten Leute, auch zu höheren Mindestlöhnen. Laut Marcel Fratzscher, dem
       Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, könnte die
       Untergrenze ruhig stärker angehoben werden als jetzt beschlossen.
       
       27 Jun 2025
       
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