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       # taz.de -- Neubau der Strecke Hamburg-Hannover: Die Bahn will an die Autobahn
       
       > Der Konzern hat bekanntgegeben, dass er eine neue Strecke entlang der
       > Autobahn A7 bauen will. Bislang galten andere Vereinbarungen.
       
   IMG Bild: Es ist wie bei Hase und Igel: Egal, wo die Bahn bauen will, der Protest ist immer schon da
       
       Göttingen taz | Die Deutsche Bahn hat am Freitag ihre Vorzugsvariante für
       den Ausbau der stark überlasteten Verbindung Hamburg-Hannover vorgestellt.
       Sie sieht neben der Sanierung der bestehenden Trasse im Jahr 2029 die
       Planungen für eine Neubaustrecke parallel zur Autobahn 7 vor. Ein Neubau
       erfülle die Kriterien [1][für den Deutschland-Takt] und das Ziel, mehr
       Platz auf den Gleisen für mehr Züge im Nah-, Fern- und Güterverkehr zu
       schaffen, hieß es zur Begründung. Dagegen habe sich der reine
       Streckenausbau nach intensiver Prüfung als „deutlich unterdimensioniert“
       herausgestellt.
       
       Außerdem bringt der Neubau laut Bahn zusätzliche Potenziale für neue
       Nahverkehrshalte wie zum Beispiel im Heidekreis. Auf der bestehenden Trasse
       zwischen Hannover und Hamburg werde so Platz für ein besseres und
       zuverlässigeres Nahverkehrsangebot geschaffen.
       
       Etwa 240 Personen- und Güterzüge sind an jedem Tag zwischen Hamburg und
       Hannover unterwegs. Das heißt: Alle sechs Minuten passiert ein Zug die 130
       Kilometer lange Strecke. Die Auslastung liegt nach Angaben eines
       Bahnsprechers bei 147 Prozent. Die Überlastung zeigt sich auch in der
       Pünktlichkeit, die bundesweit im Juli 2024 bei 62 Prozent lag. Auf der
       Strecke Hannover–Hamburg fällt der Wert noch schlechter aus: Nur 56 Prozent
       aller Züge waren pünktlich.
       
       Sollte der Neubau realisiert werden, hätte sich das
       [2][Schienenverkehrsprojekt Alpha-E] erledigt. Es sah den Ausbau
       verschiedener Bahnstrecken in Niedersachsen vor. 2015 war das Projekt im
       Dialogforum Schiene Nord als Alternative zur damals geplanten Y-Trasse mit
       großer Mehrheit der Beteiligten beschlossen worden.
       
       ## Beirat: Bahn will Fakten schaffen
       
       Der noch bestehende unabhängige Projektbeirat Alpha-E verweist auf die
       damals erzielte Einigung. Wohl um Fakten zu schaffen, starte die Bahn jetzt
       eine Ausschreibung für die Raumverträglichkeitsprüfung einer Neubaustrecke,
       bemängelt der Beirat. Damit drohe der Ausbau „direkt an die Wand“ gefahren
       zu werden: „Wir fragen uns, auf welcher politischen Beschlusslage diese
       Ausschreibung beruht. Bisher wurde keine Entscheidung für eine
       Neubaustrecke getroffen.“
       
       Hinzu kommt dem Beirat zufolge, dass aktuell die finanziellen Mittel an
       allen Ecken fehlten. Viele Projekte der dringend notwendigen
       Generalsanierung seien finanziell nicht abgesichert: „In dieser Situation
       weitere Ressourcen in eine Neubauplanung zu stecken, obwohl klar ist, dass
       keine finanziellen Mittel zur Realisierung vorhanden sind, ist
       unverantwortlich.“ „Bei [3][Stuttgart 21] war schließlich so viel Geld
       investiert, dass sich niemand mehr traute, das Projekt noch abzubrechen“,
       sagt Beiratssprecher Peter Dörsam. Vielleicht gebe es bei der DB
       Entscheidungsträger, „die auf etwas Ähnliches spekulieren.“
       
       Auch Offizielle im Kreis Harburg sind über die Ankündigung der Bahn
       [4][wenig amused]. „Dieser Vorstoß der Bahn ist eine klare Missachtung
       aller bisherigen Vereinbarungen“, erklärt Landrat Rainer Rempe (CDU) und
       sieht sich dabei im Einvernehmen mit örtlichen Bundes- und
       Landtagsabgeordneten. „Bei einem Neubau würden Naturräume und
       Siedlungsgebiete brutal durchschnitten und einige Orte inselartig zwischen
       Autobahn und Bahn eingeschlossen“, greift Rempe auch Bedenken von
       Umweltschützern auf. Betroffene fürchteten die Belastung durch Schnellzüge
       vor ihrer Haustür, die Zersiedlung von Landschaften und jahrzehntelange
       Baustellen. „Die Weiterverfolgung der Neubaustrecke würde immense Nachteile
       für die Region bedeuten“, so Rempe.
       
       ## Zustimmung aus der SPD
       
       In Harburgs Nachbarkreis Lüneburg kann die Bahn dagegen auf Verbündete
       zählen. Die SPD-Abgeordneten Jakob Blankenburg (MdB) und Philipp Meyn (MdL)
       begrüßen das Neubauvorhaben und sprechen von einem „Befreiungsschlag für
       den norddeutschen Bahnverkehr“. „Die Entscheidung der Bahn bringt endlich
       Klarheit und ermöglicht echte Fortschritte“, sagt Blankenburg. Mit der
       Sanierung der Bestandsstrecke werde die bestehende Infrastruktur fit
       gemacht. Gleichzeitig schaffe die Neubautrasse entlang der A7 dringend
       benötigte zusätzliche Kapazitäten. Nur diese Variante könne die
       prognostizierten Verkehrsbedarfe abdecken.
       
       Zustimmung für die neuen Pläne kommt auch von Adis Ahmetović,
       SPD-Bundestagsabgeordneter aus Hannover: „Die heutige Entscheidung der Bahn
       ist ein klares Bekenntnis zur wirtschaftlichen Zukunft unseres Landes“,
       sagt er. „Wer Mobilität, Klimaschutz und Wettbewerbsfähigkeit zusammen
       denken will, muss genau solche Projekte jetzt entschlossen voranbringen.“
       
       Die Landtagsgrünen mahnen für die Planungen Transparenz und Mitsprache an.
       Sie treten dafür ein, dass Details der Umsetzung zügig in einem
       Beteiligungsverfahren geklärt werden. Hierfür eigne sich ein
       Bürger:innenrat mit Vertreter:innen aus den direkt und indirekt
       betroffenen Regionen.
       
       Auch die Bahn kündigt Bürgerbeteiligung an. Das Projektteam will im Herbst
       eine Tour durch die Region starten, um den Landkreisen und Kommunen
       detaillierte Karten und Inhalte etwa zum Lärmschutz vorzustellen und die
       Meinungen der Menschen in der Region aufzunehmen. Der nächste große Schritt
       im Planungsprozess solle noch in diesem Jahr die parlamentarische Befassung
       des Bundestages sein.
       
       27 Jun 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Bahnstrecke-Hamburg--Hannover/!5958303
   DIR [2] /Bahnausbau-in-Norddeutschland/!5895474
   DIR [3] /Stuttgart-21/!6013460
   DIR [4] https://www.landkreis-harburg.de/portal/meldungen/trassenplanung-bahnstrecke-hamburg-bremen-hannover-scharfe-kritik-an-der-deutschen-bahn-901009929-20100.html?rubrik=1000042
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Reimar Paul
       
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