URI: 
       # taz.de -- Neues Album von Mourning [A] BLKstar: Die verbindende Kraft des Funk
       
       > Das Kollektiv Mourning [A] BLKstar mischt Gospel mit Blues, Jazz mit
       > HipHop, Funk mit Elektronik. Ihre Musik klingt zeitlos und zukünftig
       > zugleich.
       
   IMG Bild: Sie sind gekommen, um zu beklagen: die siebenköpfige US-Band Mourning [A] BLKstar
       
       Trauer und Erinnerung gehören zu den grundlegenden Themen in der Musik. Die
       siebenköpfige US-Band Mourning [A] BLKstar aus Cleveland, Ohio, trägt das
       Beklagen schon in ihrem Namen. Tatsächlich steht am Beginn ihrer
       Bandexistenz ein Trauerfall. Ein befreundeter Kollege von Sänger und
       Rapper, RA Washington, wurde 2015 erschossen. Als Reaktion auf den Mord
       gründet der Produzent mit Sängerin LaToya Kent das generationsübergreifende
       Kollektiv Mourning [A] BLKstar.
       
       Trotz der tragischen Umstände geht es der Band nicht um fortgesetzte
       Trauerarbeit. Das macht der zweite Teil ihres Namens deutlich, der sich als
       Anspielung auf die Black Star Line (1919–1922) [1][von Panafrikanist Marcus
       Garvey] verstehen lässt, eine Reederei, die Schwarze aus den USA über den
       Atlantik nach Westafrika bringen sollte. Und der Titel des neuen Albums
       „Flowers for the Living“, das pünktlich zum zehnjährigen Bestehen der Band
       veröffentlicht wurde, ist tief in der Gegenwart verankert. Er weist darauf
       hin, dass Menschen und ihre Leistungen schon zu Lebzeiten gewürdigt werden
       sollen und nicht erst rückblickend nach ihrem Tod.
       
       Der Sound des Septetts ist tief verwurzelt in der langen Tradition
       Schwarzer Musik. Mourning [A] BLKstar mischen Gospel mit Blues, Jazz mit
       HipHop, Funk mit Elektronik. Auf diese Weise klingt ihre Musik zeitlos und
       zukünftig zugleich – „Ancient//Future“ – wie ein Mixtape der Gruppe in
       Anlehnung an [2][das Credo der frei improvisierenden Jazzcombo Art Ensemble
       of Chicago heißt: „Great Black Music, Ancient to the Future“.]
       
       Auf Improvisation basieren auch die zehn Stücke von „Flowers for the
       Living“. Für das neue Album ist die Gruppe ohne vorgeprägte Songideen ins
       Studio gegangen, die Lieder wurden erst während der Aufnahmen zusammen
       entwickelt. Das verleiht den neuen Stücken große Offenheit, wobei die Musik
       zugleich in sich geschlossen wirkt.
       
       Den Ton setzt „Stop Lion 2“: [3][Am Anfang klickert eine alte
       Rhythmusmaschine los, wie sie auch Sly Stone] benutzt haben könnte, der
       Bass lugt grimmig um die Ecke, das Schlagzeug schiebt den Beat an, die
       Trompete stößt Warnsignale aus. Der wechselseitige Gesang, bei dem die
       Bandmitglieder LaToya Kent und James Longs vom Southern-Rocker Lee Bains
       unterstützt werden, mahnt zur Einheit in einer Welt aus Lügen und
       Betrügereien.
       
       ## Verschleierung der Wahrheit
       
       Politisch eindeutiger von der Textaussage ist „Lil’ Bobby Hutton“, das dem
       jungen Black-Panther-Aktivisten gewidmet ist. Hutton wurde 1968 im Alter
       von siebzehn Jahre brutal von Polizisten in Kalifornien erschossen, die
       behaupteten, er habe fliehen wollen. Angelehnt an ein Funk-Stück aus jener
       Zeit mit Schlagzeug-Breaks und Bläsersalven singt James Longs hier mit von
       Angst getriebener Stimme über die Verschleierung der Wahrheit.
       
       „Flowers for the Living“ endet mit dem von einer schwellenden Gospel-Orgel
       getragenen Stück „Choir A’light“, einem Glaubensbekenntnis für
       Menschlichkeit und gegen Ausbeutung: „We believe / We utter in the name of
       flesh and blood / This world holds loot / For just a few.“
       
       Erlösung in einer anderen Welt, wie es die Gospelmusik verspricht, bieten
       Mourning [A] BlKstar nicht an, dafür einen schonungslosen Blick auf die
       Probleme des Diesseits als ersten Schritt zu ihrer Lösung. Und das
       Vertrauen in die verbindende Kraft der Musik im gemeinsamen Spielen und
       Hören.
       
       2 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Autobiografie-von-Lumumbas-Beraterin/!6075344
   DIR [2] /50-Jahre-Art-Ensemble-of-Chicago/!5645394
   DIR [3] /Nachruf-auf-US-Funklegende-Sly-Stone/!6093463
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Sven Beckstette
       
       ## TAGS
       
   DIR Black Atlantic
   DIR Funk
   DIR Jazz
   DIR HipHop
   DIR Gospel
   DIR Blues
   DIR Rhythm & Blues
   DIR Tour
   DIR Neues Album
   DIR Soul
   DIR Jazz
   DIR Neues Album
   DIR taz Plan
   DIR Funk
   DIR Politisches Buch
   DIR Neues Album
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR US-Soulstar D'Angelo ist gestorben: Anspannung, Erlösung und Intensität
       
       US-Soulstar D'Angelo ist mit nur 51 Jahren nach schwerer Krankheit
       verstorben. Nachruf auf einen feinfühligen und kraftvollen
       Ausnahmekünstler.
       
   DIR Neue US-Jazz-Alben: Freiheit, Optimismus und Traditionspflege
       
       Zwei Alben von US-Jazzkünstlerinnen nehmen Spuren zum Erbe der
       Civil-Rights-Bewegung wieder auf: Terri Lyne Carrington & Christie Dashiell
       und Brandee Younger.
       
   DIR Duo Dana and Alden: Westcoast-Jazz in luftiger Anmutung
       
       Das Duo Dana and Alden kombiniert auf seinem Album „Speedo“ souligen
       Retrovibe mit Gegenwartssounds. Verträumtes verträgt sich dabei mit Disco.
       
   DIR Kinotipp der Woche: Grenzenloser Jazz
       
       Die Reihe „Jazz Films in the Summer“ im Bundesplatz-Kino zeigt starke Dokus
       und Spielfilme, die auch die politische Geschichte des Genres beleuchten.
       
   DIR Nachruf auf US-Funklegende Sly Stone: Der Spirit des Standfesten
       
       Er erfand den Funk mit sozialkritischem Masterplan und leitete eine der
       ersten integrierten US-Bands. Musiker Sly Stone ist gestorben. Ein Nachruf.
       
   DIR Autobiografie von Lumumbas Beraterin: Panafrikanische Netzwerkerin
       
       Vom Waisenhaus zur Regierungsberaterin: Andrée Blouins Lebenserinnerungen
       erzählen von ihrem Kampf gegen die brutale Kolonisierung Schwarzer.
       
   DIR 50 Jahre Art Ensemble of Chicago: Zukunft, aus Vergangenheit gebaut
       
       Das Art Ensemble of Chicago verbindet Alte und Neue, klassische und
       populäre, schwarze und weiße Musik. Zum 50. Jubiläum gibt es ein neues
       Album.