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       # taz.de -- Nach Rot und Elfmeter: Mehr als ein Pfiff im Walde
       
       > Das deutliche 1:4 der Deutschen gegen Schweden war mehr als ein
       > Ausrutscher: Es zeigte erhebliche Defizite vor allem im defensiven
       > System.
       
   IMG Bild: Fasst sich mindestens an die eigene Nase: Lea Schüller
       
       Zürichtaz | Die erste halbe Stunde des Spiels gegen Schweden ist vielleicht
       eine der eindrücklichsten Zusammenfassungen, was dieses deutsche Team zu
       schaffen und wie es all das ebenso schnell wieder zu dekonstruieren vermag.
       Nach einer guten halben Stunde war der Ausgang dieser Partie mehr oder
       minder klar. In einer Phase der völligen Konfusion offenbarte
       Außenverteidigerin Carlotta Wamser in der 31. Minute
       Torhüterinnenqualitäten. Nach der fälligen Roten Karte und dem
       Elfmetertreffer von Fridolina Rolfö zum 3:1 für die Schwedinnen war die
       Partie entschieden.
       
       Bundestrainer Wück bekannte, er hätte noch „ein bisschen Fantasie“ gehabt,
       [1][mit der Systemumstellung auf eine Dreierkette] in der Halbzeitpause
       vielleicht noch die eine oder andere Chance zu erspielen. „Aber die
       Qualität der Schwedinnen ist natürlich mit einer Spielerin weniger fast
       nicht mehr zu bekämpfen.“ Letztlich gewannen die Skandinavierinnen 4:1.
       
       Wück hat nun eine Woche Zeit, diese halbe Stunde Videomaterial vor und
       zurückzuspulen. Und die Schlüsselfrage wird dabei sein, ob die Ursache für
       [2][die besten 15 Minuten dieses Turniers] nicht eben eine
       Risikoinvestition war, die wiederum die 15 schlechtesten Minuten des
       Turniers ermöglichten. Für diese These spräche etwa die Analyse von
       Schwedens Trainer Peter Gerhardsson, der zwar einräumte, sein Team sei zu
       Beginn von den vorpreschenden Deutschen richtig geschockt worden, aber auch
       gelassen sagte: „Wir wussten schon, dass wir Chancen bekommen würden, denn
       ihre Defensive stand zu hoch. Wir hätten nicht gedacht, dass wir so viele
       Chancen gegen Deutschland haben würden.“
       
       Spielt die deutsche Elf zu riskant? Grundsatzfragen über einen zu
       waghalsigen deutschen Ansatz wollte Wück am Samstagabend nicht diskutieren.
       Die Höhe etwa der Außenverteidigerinnen sei kein Problem, sagte er, sofern
       sie dann den Ball bekommen und im Verbund mit dem Team arbeiten würden.
       „Uns ist leider die Kompaktheit verloren gegangen“, analysierte er. „Diese
       Kompaktheit wird ein Hauptschwerpunkt werden.“ Er sprach vom Training in
       den nächsten Tagen. Einer generellen defensiveren Ausrichtung erteilte er
       eine Absage. Sein Team sei von der Besetzung nicht dazu geeignet, nur zu
       reagieren und zu zerstören.
       
       ## Überrascht
       
       So betrachtet ist der deutsche Kader allerdings ebenso wenig geeignet,
       schnell konternden Schwedinnen hinterherzurennen. Das zeigte sich schon
       beim frühen Ausgleichstreffer, als Rebecca Knaak sich zuerst zur falschen
       Seite hin orientierte, um dann Stina Blackstenius davonrennen lassen zu
       müssen. Beim zweiten Treffer profitierte das schwedische Team ebenfalls von
       Tempovorteilen und zudem von einem glücklichen Abschluss. Wie stark und
       schnell die rechte schwedische Angriffsseite ist, hätte man im bisherigen
       Turnierverlauf allerdings ausgiebig studieren können. Im Züricher
       Letzigrund wirkte es, als sei das deutsche Team überrascht davon.
       
       Vielleicht war es aber auch die Anfangseuphorie, welche die DFB-Elf teuer
       bezahlen musste. Jule Brand, der nach der Partie die Traurigkeit ins
       Gesicht geschrieben schien, musste unwillkürlich lächeln, als sie die
       Anfangsphase und ihr schön herausgespieltes Tor in der siebten Minute Revue
       passieren ließ. Sie gab Einblick in ihre Gedankenwelt zu diesem Moment:
       „Ich dachte, es wird ein geiles Spiel. Wir sind drin.“ Laura Freigang
       erklärte: „Nach dem wir in den ersten zehn Minuten so viel nach vorne
       gemacht haben, haben wir es ein bisschen verpasst, die Räume nach hinten zu
       schließen.“
       
       Das deutsche Team hinkt auch im dritten EM-Spiel seinen Ansprüchen
       hinterher. Nur nagt die erste Niederlage, gerade auch in ihrer
       Deutlichkeit, weit mehr am eigenen Selbstvertrauen. Zudem muss im eh schon
       wackelnden Abwehrverbund nach dem verletzungsbedingten Ausfall von Giulia
       Gwinn und der rotgesperrten Stellvertreterin Wamser eine C-Lösung für die
       rechte Außenverteidigerposition gefunden werden. Fragt man die Betroffenen,
       ist das freilich alles kein Problem. Kapitänin Minge sagte: „Wir haben
       viele Spielerinnen draußen, die erfahren sind. Ich mache mir keine
       Gedanken, dass wir das nicht schaffen, sie gut zu ersetzen.“ Und freilich
       zähle man noch zu den Favoritinnen im Turnier. „Wir stehen im
       Viertelfinale. Wir wissen, dass wir jeden schlagen können.“
       
       All das hörte sich sehr nach dem Pfeifen im Walde an. Die Verunsicherung
       ist nicht zu übersehen. [3][Auch Torhüterin Ann-Katrin Berger], deren
       riskantes Torhüterspiel Christian Wück schon vorab kritisiert hatte, fiel
       zweimal mit Fehlern auf, die zu weiteren Gegentreffern hätten führen
       können.
       
       „Wenn uns jetzt so ein Ausrutscher passiert, dann ist das noch ein okayes
       Timing“, versuchte Brand die Niederlage kleinzureden. Mit dem Zeitpunkt
       hatte sie recht, mit dem „Ausrutscher“ eher nicht. Trainer Wück erinnerte
       selbst daran, dass man sich mit der phasenweisen Inkonstanz nicht zum
       ersten Mal beschäftigt. Das sei ja ein Problem, sagte er, mit der das Team
       schon länger zu tun habe.
       
       13 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Johannes Kopp
       
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