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       # taz.de -- Rückbenennung einer Straße: Familie Mosse kehrt zurück
       
       > In Berlin trug einst eine Straße den Namen des jüdischen Verlegers Rudolf
       > Mosse. Seit Samstag ist ein Stück davon nach seiner Ehefrau Emilie
       > benannt.
       
   IMG Bild: Enthüllungsmoment: ein Stück Straße bekommt einen neuen Namen – Emilie-Mosse-Straße, ein Bezirksamtsmitarbeiter legt dafür Hand an
       
       Berlin taz | Berlin hat seit Samstag eine Emilie-Mosse-Straße. „Sie liegt
       ziemlich genau da, wo früher die Rudolf-Mosse-Straße lag“, erklärt ein
       glücklicher Holger Siemann. Der Schriftsteller hatte vor Jahren bei
       Recherchen für einen Roman herausgefunden: Auf dem Gelände des heutigen
       Jahn-Sportparks in Prenzlauer Berg hatte es ab 1920 eine Straße gegeben,
       die an [1][Rudolf Mosse] (1843–1920) erinnerte.
       
       [2][Der jüdische Verleger hatte zusammen mit seiner Frau Emilie]
       (1851–1924) mehr als nur einen Pressekonzern aufgebaut. Vor allem Emilie
       Mosse unterstützte ein Waisenhaus und eine Einrichtung für arbeitende
       Frauen. 1935 benannten die Nazis die Straße um. Nach 1945 entstand hier der
       spätere Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark, doch weil der auf etwa zwei
       Millionen Kubikmeter Schutt errichtet wurde, liegt die alte
       Rudolf-Mosse-Straße etwa einen Meter tiefer.
       
       Nur ein ganz kleines Stück dieser Straße, das direkt auf den Haupteingang
       des Jahn-Stadions zuläuft, existiert noch. Bislang zählten die Häuser zur
       Eberswalder Straße, nun zur Emilie-Mosse-Straße.
       
       Der Verein „Mosse erinnern!“ hatte sich lange für die Rückbenennung der
       Straße eingesetzt. Dass sie nun nicht nach Rudolf Mosse heißt, liegt daran,
       dass es in Wilmersdorf bereits eine solche Straße gibt, und dass der Bezirk
       Pankow Straßen vor allem nach Frauen benennen möchte.
       
       ## „Sie war auch Repräsentantin des Verlags“
       
       Die Biografie von Emilie Mosse zeigt, dass sie nie nur die Frau an Rudolfs
       Seite war. Die Historikerin Elisabeth Wagner betont: „Sie war auch
       Repräsentantin des Verlags.“ [3][Im liberalen Berliner Tageblatt] des
       Mosse-Verlags fand sich etwa täglich eine Frauenseite, die auf Emilies
       Wirken zurückging, unter anderem war sie mit Bertha von Suttner und Alice
       Salomon befreundet.
       
       „Ich wollte einfach nicht hinnehmen, dass die Nazis gewinnen“, sagt Holger
       Siemann zu seiner Motivation. Die Nazis hatten schließlich den Namen Mosse
       aus dem Stadtbild gestrichen. Dabei waren nach 1945 Umbenennungen üblich:
       Die Straße, die auf die Emilie-Mosse-Straße zuläuft, hatte seit 1937
       Ludwigstraße geheißen, nach dem NS-Schläger Otto Ludwig. Seit 1952 ist es
       die Topsstraße, nach Hermann Tops, einem kommunistischen
       Widerstandskämpfer.
       
       Noch deutlicher ist es beim Jahn-Sportpark. Der erinnert gleichfalls seit
       1952 an den „Turnvater“ Friedrich Ludwig Jahn, einen Antisemiten und
       Franzosenhasser. Manuela Anders Granitzki (CDU), Stadträtin Ordnung und
       Öffentlicher Raum in Pankow, kann sich vorstellen, dass bald auch über den
       Namen Jahn diskutiert wird. Cordelia Koch (Grüne), die Pankower
       Bezirksbürgermeisterin wünsche sich eine „sensible Auseinandersetzung“ mit
       dieser Frage, sagt sie der taz.
       
       Stephan Lahrem vom [4][Verein „Mosse erinnern!“] hat einen pragmatischen
       Vorschlag. Aktuell liegt das Jahn-Stadion, das abgerissen und neu gebaut
       werden soll, offiziell in der Cantianstraße. „Ich wünsche mir, dass das
       Jahn-Stadion die Postadresse ‚Emilie-Mosse-Straße‘ bekommt.“
       
       Am Samstag sollte dort ein Fußballturnier für Mädchen um den
       Emilie-Mosse-Pokal ausgespielt werden. Doch das musste kurzfristig wegen
       angekündigten Starkregens abgesagt werden. Auch nach der Umbenennung muss
       Gedenken mit Rückschlägen rechnen.
       
       13 Jul 2025
       
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       nicht weit weg vom Springerhochhaus. Damals, kurz vor dem Mauerfall, galt
       das ehemalige Zeitungsviertel als tot. Das hat sich längst geändert.