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       # taz.de -- Buch „Soll sein Schulem“: Möge Frieden sein
       
       > Streben nach Menschlichkeit nach der Shoa: taz-Korrespondent Daniel
       > Zylbersztajn-Lewandowski schreibt in seinem Buch über die Geschichte
       > seiner jüdischen Familie.
       
   IMG Bild: Daniel Zylbersztajn
       
       [1][Daniel Zylbersztajn-Lewandowski] ist 1969 in München zur Welt gekommen
       – als Sohn des jüdischen Vaters Wolf, dessen Eltern und Brüder in der Shoah
       ermordet worden waren und der Mutter Corrie, deren Familie teils jüdisch,
       teils christlich war. Auch ihre jüdischen Angehörigen fielen dem
       [2][Nationalsozialismus] weitgehend zum Opfer.
       
       In seinem zweiteiligen Buch versucht der Autor unter dem jiddischen Titel
       „[3][Soll sein Schulem]“, was so viel bedeutet wie „Möge Frieden sein“, die
       oftmals schmerzliche Geschichte seiner Vorfahr*innen zu rekonstruieren
       sowie seine eigene Lebensgeschichte nachzuerzählen. Auch die ist durch die
       Bewältigung der traumatischen Vergangenheiten geprägt.
       
       Seine Eltern hätten ein besseres Leben führen können, meint
       Zylbersztajn-Lewandowski, wenn sie nach der [4][Shoa] nicht gerade im
       bundesrepublikanischen München, sondern in einem anderen Land gelebt hätten
       – ob der ständigen Konfrontation mit der Vergangenheit, der die
       Holocaustüberlebenden in Deutschland ausgesetzt waren.
       
       Den Vater Wolf habe das Gefühl, alle nichtjüdischen Deutschen wären
       mögliche Mittäter*innen gewesen, sein ganzes Leben lang begleitet.
       „Hitler wollte mich tot, und ich lebe trotzdem“ – beschreibt der Autor den
       gelebten Widerstand des Vaters. Als Heranwachsender betrachtete er seinen
       Vater als Helden, berichtete bei Geburtstagen nichtjüdischer
       Kindheitsfreund*innen plötzlich von Holocausterfahrungen seines
       Vaters, der Schwere der Erzählungen nicht bewusst. Die deutschen Eltern der
       Freund*innen waren sprachlos.
       
       [5][Zylbersztajn-Lewandowski selbst erfüllte sich den Wunsch, den sein
       Vater nicht verwirklichte und lebte einige Jahre in Israel]. Dort
       engagierte er sich im israelisch-jüdischen und palästinensischen
       Friedensdorf Wahat-al Salam – Neve Schalom, bevor er letztlich zum Studium
       nach London ging.
       
       ## „Du bist schlimmer als die Deutschen“
       
       Auch sein eigenes Leben ist geprägt von der Bewältigung von
       intergenerationalem Trauma und der persönlichen Erfahrung von
       Antisemitismus: „Du bist schlimmer als die Deutschen“ musste er von seinem
       traumatisierten Vater als Kind hören, wenn er sich ihm widersetzte –
       „Hitler hatte recht!“ hörte er als Erwachsener von einem fremden Mann,
       bevor dieser ihn körperlich angriff.
       
       Nach all der [6][Erfahrung von Verfolgung und Ausgrenzung, die sich durch
       die Biografie seiner Familie zieht], bleibt für Zylbersztajn-Lewandowski
       der entschiedene Wunsch nach Versöhnung und Frieden: „Soll sein Schulem“
       wird vor dem Hintergrund seiner Geschichte zu einer humanistischen
       Forderung, die der Feindseligkeit und Diskriminierung, die damals wie heute
       existiert, Wohlwollen und Verständigung entgegensetzt.
       
       1 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
   DIR Anselm Mathieu
       
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   DIR Vor und nach dem 7. Oktober: Soll sein Schulem
       
       Unser Autor wuchs als Kind jüdischer Eltern in München auf, das
       Olympia-Attentat prägte ihn stark. Heute lebt er als Journalist in London
       und fragt sich, wo sein Platz ist.