URI: 
       # taz.de -- Umstrittene Bürotürme in Kreuzberg: Nichts ist im grünen Bereich
       
       > Die Planungen für das umstrittene Bauprojekt „Urbane Mitte“ gehen munter
       > voran. Der Investor klagt unterdessen gegen die Kritik einer
       > Bürgerinitiative.
       
   IMG Bild: Simulierte Urbanität: Investorenträume für den Gleisdreieckpark
       
       Berlin taz | Bauen, bauen, bauen, egal was, egal wo: Wenn es nach dem
       schwarz-roten Senat geht, gilt das auch für den beliebten Gleisdreieck-Park
       in Kreuzberg. Auf einem Gelände nahe des U-Bahnhofs Gleisdreiecks droht das
       Großbauprojekt „Urbane Mitte“. Die Rede ist von voraussichtlich sieben
       Bürohochhäusern, die bis zu 90 Meter in den Himmel ragen werden.
       
       Die Planungen für das Bauvorhaben gehen munter voran. Am Dienstag hat der
       schwarz-rote-Senat den Bebauungsplan für das südliche Teilstück der
       „Urbanen Mitte“ beschlossen. Dieser muss nun noch dem Abgeordnetenhaus zur
       Abstimmung vorgelegt werden. [1][Anders sieht es bei der nördlichen Fläche
       aus.] Die ist an den Bau der neuen S-Bahn-Linie 21 gekoppelt. Ein Teil der
       Gebäude könnte – Stand jetzt – auf deren zukünftiger Trasse entstehen. Die
       genaue Trassenführung ist noch unklar. Der Senat will trotzdem schon mal
       planen lassen.
       
       Wenngleich weder für das Süd- noch das Nordareal zeitnah mit einem
       Spatenstich zu rechnen ist, hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
       dafür gesorgt, dass die Hoheit über die Planung nun bei ihr liegt – und
       kurzerhand [2][den eigentlich zuständigen Grünen-dominierten Bezirk
       Friedrichshain-Kreuzberg komplett entmachtet].
       
       Stadtentwicklungssenator Christian Gaebler (SPD) scheint sich in der
       Hinsicht auf den Bezirk eingeschossen zu haben. Auch bei [3][einem
       Hochhausprojekt an der Warschauer Straße] hat Gaeblers Haus im April kurzen
       Prozess gemacht und Friedrichshain-Kreuzberg die Planungshoheit entzogen.
       Dazu passt auch, wie die Senatsverwaltung jüngst Bedenken des Bezirks gegen
       [4][einen Hotelneubau am Ostkreuz direkt neben dem Techno-Club About Blank]
       wegignoriert hat.
       
       ## Aktivist:innen warnen vor Zerstörung des Parks
       
       Im Fall der „Urbanen Mitte“ preist der Senat die „außergewöhnliche
       stadtpolitische Bedeutung“ des Projekts. Von wegen, heißt es von der
       Aktionsgemeinschaft Gleisdreieck. Die Realisierung des Projektes würde die
       Zerstörung des Gleisdreieck-Parks bedeuten. „Die eigentliche ‚Urbane Mitte‘
       ist der Park“, sagt Norbert Rheinländer, der Vorsitzende der
       Aktionsgemeinschaft.
       
       Tatsächlich wurde der Park im städtebaulichen Rahmenvertrag von 2005, auf
       der auch die „Urbane Mitte“ basiert, als ökologische Ausgleichsfläche für
       die Bebauung des Potsdamer und Leipziger Platzes festgelegt.
       
       Zugleich wurden hier aber auch vier Flächen für Bauzwecke ausgewiesen –
       eine davon ist die „Urbane Mitte“. Dass darauf jedoch Hochhäuser wachsen
       sollen, ist für Norbert Rheinländer aus verschiedenen Gründen nicht
       hinnehmbar.
       
       Nicht nur überschreite der Bebauungsentwurf die städtebaulich vereinbarte
       Baumasse – in Volumen und Höhe der Gebäude. Auch und gerade der Klima- und
       Umweltschutz werde, so Rheinländer auf einer öffentlichen
       Informationsveranstaltung in dieser Woche, von dem Bauvorhaben „überwälzt“.
       Für die Aufenthaltsqualität im Park bedeute das nichts Gutes: Verschattung
       und Hochhausfallwinde würden diese massiv verschlechtern.
       
       ## Klage des Investors
       
       Seit Jahren sammeln Rheinländers Bürgerinitiative und Mathias Bauer,
       Verfasser der Texte auf der Website „Gleisdreieck-Blog“, Belege, um das
       Bauvorhaben doch noch zu stoppen. Das brachte Rheinländer und Bauer im
       Februar schließlich eine Klage des luxemburgischen Investors hinter der
       „Urbanen Mitte“ vor dem Landgericht ein.
       
       Bereits vor gut einem Jahr wurde die Aktionsgemeinschaft von dem Investor
       aufgefordert, bestimmte Formulierungen und Inhalte auf Infomaterialien, auf
       denen sie sich kritisch gegenüber dem Bauprojekt äußerten, zu unterlassen.
       Die Initiative weigerte sich. Sollte die Klage gegen Rheinländer und Bauer
       Erfolg haben, droht den beiden ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro –
       oder ersatzweise sechs Monate Haft.
       
       Solche Drohungen werden offiziell als [5][strategische Klagen gegen
       öffentliche Beteiligung] („Strategic Lawsuits Against Public
       Participation“, kurz: SLAPP) bezeichnet, die an erster Stelle
       Journalist:innen und Aktivist:innen treffen. Dass es sich hierbei
       um besorgniserregende Eingriffe in die Meinungsfreiheit handelt, hat auch
       die EU erkannt und im vergangenen Jahr mit einer Anti-SLAPP-Richtlinie
       reagiert. Betroffene sollen künftig bei Gericht beantragen können, eine
       offensichtlich unbegründete Klage zum frühestmöglichen Zeitpunkt
       abzuweisen.
       
       Rheinländer und Bauer können davon erst mal nicht Gebrauch machen, denn die
       Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht kann bis zu zwei Jahre dauern.
       Doch einschüchtern lassen wollen sich die Aktivisten nicht – und haben
       detaillierte Erwiderungen vor Gericht eingereicht. Voraussichtlich im
       Herbst soll es zu einem Gerichtstermin kommen.
       
       4 Jul 2025
       
       ## LINKS
       
   DIR [1] /Umstrittene-Buerotuerme-in-Kreuzberg/!6061040
   DIR [2] /Dauergezerre-um-Buerohochhaeuser-/!6088460
   DIR [3] /Hochhaus-Plaene-in-Berlin-Friedrichshain/!6082195
   DIR [4] /About-Blank-in-Berlin/!6094656
   DIR [5] /Gesetz-gegen-Einschuechterungsklagen/!6092910
       
       ## AUTOREN
       
   DIR Nina Schieben
       
       ## TAGS
       
   DIR Senatsverwaltung für Stadtentwicklung
   DIR Berlin-Kreuzberg
   DIR Bauprojekt
   DIR Parks
   DIR Park am Gleisdreieck
   DIR Park am Gleisdreieck
   DIR Berliner Senat
   DIR Friedrichshain-Kreuzberg
   DIR Friedrichshain-Kreuzberg
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
   DIR Unterlassungsklage gegen Aktivisten: Kritik darf sein
       
       Die „Urbane Mitte“-Investorin verliert Unterlassungsklage: Das Gericht
       entscheidet für die Meinungsfreiheit von Aktivist Matthias Bauer.
       
   DIR Bauprojekt „Urbane Mitte“: Die Türme bleiben noch am Boden
       
       Beim Vorhaben Urbane Mitte Süd hängt es: Die SPD hat Probleme mit dem
       Bebauungsplan. Scheitern könnte die Klage der Investorin gegen einen
       Kritiker.
       
   DIR Dauergezerre um Bürohochhäuser: Der Senat übernimmt am Gleisdreieck
       
       Der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg hat nach einem Beschluss der
       Landesregierung beim Projekt „Urbane Mitte“ nun gar nichts mehr zu sagen.
       
   DIR Umstrittene Bürotürme in Kreuzberg: Die Drohgebärden des Bausenators
       
       Der Streit zwischen Senat und Friedrichshain-Kreuzberg um das Büroprojekt
       „Urbane Mitte“ am Gleisdreieckpark geht in die nächste Konfrontationsrunde.
       
   DIR „Urbane Mitte“ in Kreuzberg: Unfreundliche Übernahme
       
       Bausenator Christian Gaebler entmachtet Friedrichshain-Kreuzberg bei
       umstrittenem Bauvorhaben am Gleisdreieck. Die Grünen im Bezirk sind
       fassungslos.